Rz. 43
Neben dem Anspruch gegen Empfänger von Geldleistungen und Verfügende besteht nach Abs. 4 Satz 4 ggf. auch ein Anspruch gegen die Erben gemäß § 50 SGB X. Dabei steht nach der Rechtsprechung des BSG der Erstattungsanspruch gegenüber den Erben gleichrangig neben dem Erstattungsanspruch gegenüber Empfängern oder Verfügenden (BSG, Urteil v. 10.7.2012, B 13 R 105/11 R). Dies gilt auch, wenn es sich bei den Erben gleichzeitig um die Empfänger oder Verfügenden handelt. In diesen Fällen dürfte allerdings die Inanspruchnahme nach Abs. 4 Satz 1 zielführender sein, da für "Empfänger und Verfügende" keine Vertrauensschutz-, Entreicherungs- oder Haftungseinschränkungsregelungen gelten.
Gemäß § 50 Abs. 2 SGB X, der bei Inanspruchnahme von Erben in Anwendung von Abs. 4 Satz 4 einschlägig ist, sind bei der Rückforderung von Geldleistungen, die ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, die §§ 45 bis 48 SGB X entsprechend anzuwenden. Damit hat der Rentenversicherungsträger im Rückforderungsverfahren gegen die Erben grundsätzlich sowohl eine Vertauensschutzprüfung vorzunehmen als auch Ermessen auszuüben. Dabei ist Bösgläubigkeit i. S. d. § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X einem Erben bereits zu dem Zeitpunkt zu unterstellen, in dem er vom Tod des leistungsberechtigten Erblassers erfahren hat, von der Erbschaft Kenntnis erhält und zumindest hätte wissen müssen, dass zu den Nachlassverbindlichkeiten auch eine Rückzahlungsverpflichtung für über den Tod hinaus gezahlte Geldleistungen der Rentenversicherung gehört. Der Rückzahlungsanspruch gegen die Erben kann nur nach vorheriger Anhörung (§ 24 SGB X) durch Verwaltungsakt (§§ 31, 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X) geltend gemacht werden; dabei haften mehrere Erben gesamtschuldnerisch (§ 2058 BGB).
Nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist sind hierzu ergangenen Rückforderungsbescheide bestandskräftig. Die Vollstreckung erfolgt i. d. R. durch die Hauptzollämter. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 SGB IV könnten den Erben aber auch Stundungen oder Ratenzahlungsvereinbarungen nach den Richtlinien des Vorstandes der Rentenversicherungsträger eingeräumt werden.
Rz. 43a
Mehrere Erben haften als Mitglieder der Erbengemeinschaft gesamtschuldnerisch (§§ 2058 ff. BGB). Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich jeder Erbe in Höhe der gesamten Überzahlung in Anspruch genommen werden könnte. Der jeweils haftende Erbe müsste dann ggf. den Ausgleich im Innenverhältnis zu den Miterben suchen. Der in Abs. 4 Satz 1 genannte Personenkreis (Empfänger und Verfügende) haftet dagegen nur in Höhe des jeweils in Empfang genommenen oder verfügten Betrages. Allerdings besteht zwischen mehreren Beteiligten an einer Verfügung ein Gesamtschuldverhältnis auch im Verhältnis zu den Erben, da Zahlungen der genannten Personen an die Rentenversicherung auch den Erben in dieser Höhe von der Rückforderung befreien. Im Innenverhältnis hat dann meist der Erbe aufgrund einer Nachlassverbindlichkeit den Verfügenden freizustellen. In beiden Fällen ist das Innenverhältnis der Beteiligten für den Rentenversicherungsträger mit Blick auf die Berechtigung zur Rückforderung der überzahlten Geldleistungen rechtlich irrelevant. Insbesondere die häufigen Einwände von Rückzahlungspflichtigen, durch die Verfügung sei z. B. die Miete oder die Beerdigung des Verstorbenen bezahlt worden, berühren den Rückforderungsanspruch nicht.
Rz. 44
Der Erstattungsanspruch gegenüber den Erben verjährt 4 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach §§ 31, 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X unanfechtbar geworden ist (§ 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Für die Hemmung, Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten – vorbehaltlich der in § 52 SGB X enthaltenen spezielleren Regelungen – die Vorschriften des BGB sinngemäß (§ 50 Abs. 4 Satz 2 SGB X).