Rz. 10
Zum Zeitpunkt des Leistungsfalls notwendig aber auch ausreichend ist, dass der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit i. S. d. § 240 besteht; in § 240 erschöpft sich der sachliche Anwendungsbereich. Aufgrund des klaren Wortlauts der Regelung ist eine analoge Anwendung ausgeschlossen. Die Anwendung von § 270b ist daher auch dort ausgeschlossen, wo die Summierungsrechtsprechung des BSG (vgl. stellvertretend BSG, Urteil v. 11.5.1999, B 13 RJ 71/97 R; BSG, Urteil v. 14.7.1999, B 13 RJ 65/97 R) die DRV im Anwendungsbereich des § 43 zur Benennung einer geeigneten Verweisungstätigkeit zwingt. Der Anspruch muss als Grundanspruch i. S. des Stammrechts entstanden und fällig sein (vgl. allgemein zur Entstehung eines Stammrechts BSG, Urteil v. 23.6.1994, 4 RA 70/93; vgl. auch GRA der DRV zu § 270b SGB VI, Stand: 6.2.2015, Abschn. 3). Mit Anspruch kann die zu bewilligende fortlaufende Rente (i. S. eines Grundanspruchs oder Stammrechts), aber auch die Zahlung des fälligen Rentenbetrags (i. S. der konkret zu bewirkenden Einzelleistung) gemeint sein.
Rz. 11
Nicht notwendig ist, dass auch bereits Zahlungen aus der Rente erfolgt sind. Die Zahlung erfüllt aber selbstverständlich ebenfalls das Kriterium des entstandenen und fälligen Stammrechts.
Rz. 12
Notwendig zur Begründung des Stammrechts im Rentenrecht ist der Antrag. Nach § 100 Abs. 1 Satz 2 AVG (= § 1321 Abs. 1 Satz 2 RVO) kann die Rente wegen Berufsunfähigkeit für Zeiten des gewöhnlichen Auslandsaufenthalts nur verlangt werden, wenn die Rente bereits für Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts noch im Inland bezogen oder beantragt worden ist (BSG, Urteil v. 2.8.1989, 1 RA 101/88; vgl. auch GRA der DRV zu § 270b SGB VI, Stand: 6.2.2015, Abschn. 3). Dies gilt erst Recht im Recht des SGB VI weiter; § 99 Abs. 1. § 99 realisiert mit dem Inkrafttreten des § 19 Satz 1 SGB IV und des § 115 Abs. 1 Satz 1 am 1.1.1992 das Antragsprinzip. Danach werden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nur auf Antrag erbracht (Kador, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., Stand: 19.5.2022, § 99 Rz. 23). Ein Antrag, der unter Außerachtlassung der Regelung des § 99 Abs. 1 – also nicht innerhalb von 3 Monaten nach Eintritt dieses Versicherungsfalles – aus dem Ausland gestellt wird, führt daher dazu, dass der Anspruch erst später fällig würde und das Stammrecht daher nicht bereits bei noch bestehendem Inlandsaufenthalt begründet worden ist. In einem solchen Fall entsteht der Anspruch auf die Rente erst im Antragsmonat und damit erst, wenn bereits der Auslandswohnsitz begründet wurde.
Rz. 13
Das Rentnerprivileg greift jedoch auch noch bei Rentenantrag im Monat des Wegzugs (BSG, Urteil v. 2.8.1989, 1 RA 101/88).
Rz. 14
Liegen Antrag und Anspruchsvoraussetzungen vor – ist das Stammrecht also entstanden und fällig – kommt es auf eine stattgebende Verwaltungsentscheidung nicht an (zutreffend GRA der DRV zu § 270b SGB VI, Stand: 6.2.2015, Abschn. 3). Ein Wegzug aus Deutschland nach Antragstellung ist daher unschädlich; unabhängig von der Verfahrensdauer von Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren.
Rz. 15
Daher ist das Stammrecht auch dann anzunehmen, wenn ein Zahlbetrag wegen Zusammentreffens mit Einkommen nicht zustande kommt (GRA der DRV zu § 270b SGB VI, Stand: 6.2.2015, Abschn. 3). Dies ergibt sich aus der Anrechnungsregelung des § 96a – Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinzuverdienst. Nach § 96a Abs. 1a Satz 4 wird die Rente nicht geleistet, wenn der von der Rente abzuziehende Hinzuverdienst den Betrag der Rente in voller Höhe erreicht. Insoweit unterscheidet sich § 96a signifikant von der Anrechnungsregelung des § 34, der u. a. das Zusammentreffen von Rentenanspruch und Hinzuverdienst regelt. Nach § 34 Abs. 2 entfällt hier das Stammrecht, wenn die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze überschritten ist.