Rz. 11
Nach Satz 2 der Vorschrift können Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für Zeiten einer mehr als geringfügigen selbständigen Tätigkeit nur angerechnet werden, soweit diese Zeiten auch Pflichtbeitragszeiten sind. Selbständig Tätige sollen von den rentenrechtlichen Vorteilen einer Berücksichtigungszeit nach dem Willen des Gesetzgebers nur profitieren, wenn sie dem in § 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4, § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 9, § 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 oder § 4 Abs. 1 bis 3 genannten versicherungspflichtigen Personenkreis angehören und Pflichtbeiträge auch tatsächlich gezahlt worden sind oder nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 1 und 2).
Rz. 12
Die Ausübung einer geringfügigen selbständigen Tätigkeit i. S. v. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 8 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IV steht der Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nicht entgegen (Umkehrschluss aus § 57 Satz 2). In der Zeit vom 1.1.1957 bis zum 30.6.1977 war eine selbständige Tätigkeit als geringfügig anzusehen, wenn sie
- nur gelegentlich, insbesondere zur Aushilfe, für eine Zeitdauer, die im Laufe eines Jahres seit ihrem Beginn auf nicht mehr als 3 Monate oder 75 Arbeitstage beschränkt war (§ 1228 Abs. 2 Buchst. a RVO a. F., § 4 Abs. 2 Buchst. a AVG a. F. = kurzzeitige Tätigkeit), ausgeübt worden ist oder
- zwar laufend und in regelmäßiger Wiederkehr ausgeübt wurde, das Arbeitseinkommen aus dieser Tätigkeit aber ein Achtel der auf den Monat bezogenen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung oder bei höherem Einkommen ein Fünftel des Gesamteinkommens nicht überstieg (§ 1228 Abs. 2 Buchst. b RVO a. F., § 4 Abs. 2 Buchst. b AVG a. F. = geringfügig entlohnte selbständige Tätigkeit). Die jährlichen Beitragsbemessungsgrenzen zur Prüfung der Einhaltung der Geringfügigkeitsgrenzen ergeben sich aus der Anlage 2 zum SGB VI.
Rz. 13
Seit dem 1.7.1977 ist die Prüfung, ob eine geringfügig entlohnte selbständige Tätigkeit vorliegt, nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB IV in der jeweiligen Fassung vorzunehmen. Die danach maßgebenden Geringfügigkeitsgrenzen ergeben sich für Zeiten bis zum 30.9.2022 aus der folgenden Tabelle:
Zeiträume |
wöchentliche Arbeitszeit |
West |
Ost |
1.7.1977 -31.12.1977 1.1.1978 – 31.12.1978 1.1.1979 – 31.12.1984 1.1.1985 – 31.12.1985 1.1.1986 – 31.12.1986 1.1.1987 – 31.12.1987 1.1.1988 – 31.12.1988 1.1.1989 – 31.12.1989 1.1.1990 – 31.12.1990 1.1.1991 – 30.6.1991 1.7.1991 – 31.12.1991 1.1.1992 – 31.12.1992 1.1.1993 – 31.12.1993 1.1.1994 – 31.12.1994 1.1.1995 – 31.12.1995 1.1.1996 – 31.12.1996 1.1.1997 – 31.12.1997 1.1.1998 – 31.12.1998 1.1.1999 – 31.3.1999 1.4.1999 – 31.12.2001 1.1.2002 – 31.3.2003 1.4.2003 – 31.12.2012 1.1.2013 – 30.9.2022 |
- - unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden unter 15 Stunden - - |
370,00 DM 390,00 DM 390,00 DM 400,00 DM 410,00 DM 430,00 DM 440,00 DM 450,00 DM 470,00 DM 480,00 DM 480,00 DM 500,00 DM 530,00 DM 560,00 DM 580,00 DM 590,00 DM 610,00 DM 620,00 DM 630,00 DM 630,00 DM 325,00 EUR 400,00 EUR 450,00 EUR |
220,00 DM 250,00 DM 300,00 DM 390,00 DM 440,00 DM 470,00 DM 500,00 DM 520,00 DM 520,00 DM 530,00 DM 630,00 DM 325,00 EUR 400,00 EUR 450,00 EUR |
Rz. 14
Mit Wirkung zum 1.10.2022 wurde durch das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung v. 28.6.2022 (BGBl. I S. 969) eine flexible Geringfügigkeitsgrenze eingeführt, deren Höhe an den jeweiligen Mindestlohn gekoppelt ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1a SGB IV i. d. F. ab 1.10.2022). Nach § 8 Abs. 1a SGB IV ergibt sich die für einen Zeitraum maßgebende Geringfügigkeitsgrenze, wenn der jeweilige Mindestlohn, dessen Höhe sich nach § 1 Abs. 2 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 Mindestlohngesetz bestimmt, mit 130 vervielfacht, durch die Zahl 3 geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird.
Ab 1.10.2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Mindestlohngesetz 12,00 EUR. Daraus ergibt sich gemäß § 8 Abs. 1a SGB IV für die Zeit ab 1.10.2022 eine Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) in Höhe von 520,00 EUR (12,00 EUR x 130 : 3 = 520,00 EUR). Die Geringfügigkeitsgrenze i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV bestimmt somit das im Rahmen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung höchste zulässige Arbeitsentgelt; sie orientiert sich an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zum jeweils festgelegten gesetzlichen Mindestlohn. Da sich die Geringfügigkeitsgrenze für Zeiten ab 1.10.2022 nicht mehr unmittelbar aus § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ergibt, wird sie vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesanzeiger bekanntgegeben (vgl. auch BT-Drs. 20/1408). § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1a SGB IV gelten entsprechend, wenn anstelle einer abhängigen Beschäftigung eine selbständige Tätigkeit ausgeübt worden ist (§ 8 Abs. 3 Satz 1 SGB IV). Die in § 8 Abs. 1b SGB IV für...