0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die am 1.1.1997 in Kraft getretene Vorschrift ersetzt § 642 Abs. 1 RVO. Satz ;1 wurde geändert und Satz 2 wurde angefügt durch das Gesetz zur Einführung einer kapitalgedeckten Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung und zur Änderung anderer Gesetze (Hüttenknappschaftliches Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetz – HZvNG) v. 21.6.2002 (BGBl. I S. 2167) mit Wirkung zum 1.1.2002. Die bis 2001 geltende Fassung, die an die deliktsrechtlichen Verjährungsvorschriften des BGB anknüpfte (§ 852 Abs. 2 a. F. BGB), musste wegen der ändernden Auswirkungen der Schuldrechtsreform (Gesetz v. 26.11.2001, BGBl. I S. 3138 mit Wirkung zum 1.1.2002) auch auf das deliktische Verjährungsrecht geändert werden.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift knüpfte ursprünglich den Verjährungsbeginn und die Dauer der Verjährung an die im Zivilrecht für deliktische Ansprüche geltende Regelung des § 852 BGB a. F. (Geltung vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1.1.2002) an. Auch für den Sonderfall der Hemmung der Verjährung wegen schwebender Verhandlungen (§ 852 Abs. 2 a. F.) sollten die für das zivile Deliktsrecht entwickelten Regeln gelten. Mit der Neuordnung des Schuldrechts wurden auch die Verjährungsregeln neu gefasst (§§ 195 ff. BGB). Eine Unterbrechung der Verjährung gibt es seitdem nicht mehr. Die Regeln, ab wann und für wie lange die Verjährung gehemmt ist, wurde in den §§ 203 ff. BGB neu zusammengefasst. Dementsprechend sind die in der Vorschrift vorzunehmenden Verweise der neuen Gesetzeslage im BGB angepasst worden. Der Verweis in Satz 2 auf Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB gewährleistet auch die Anwendung des Übergangsrechts zur Verjährung.
Rz. 3
Die Verjährung der Ansprüche nach §§ 110, 111 sind im SGB nicht geregelt. Auch § 113 enthält keine eigene Verjährungsvorschrift, sondern verweist – entsprechend dem zivilrechtlichen Charakter der Ansprüche – auf die Verjährungsvorschriften des BGB (Brackmann/Krasney, SGB VII, § 113 Rz. 6). Insoweit kann auf die dortige Kommentierung verwiesen werden. Hier sollen nur die Grundzüge des Verjährungsrechts und die Besonderheiten für die Ansprüche nach §§ 110, 111 beschrieben werden.
2 Rechtspraxis
Rz. 4
Die Vorschrift gilt, ebenso wie die zugrunde liegenden Anspruchsnormen, nicht nur für den Unfallversicherungsträger, sondern für alle Ansprüche aller Sozialversicherungsträger (Brackmann/Krasney, SGB VII, § 113 Rz. 5; Hauck/Nehls, SGB VII, § 113 Rz. 4; Schmitt, SGB VII, § 113 Rz. 3). Unter dem Begriff der Verjährung versteht das Gesetz den Zeitablauf, der es dem Schuldner eines Anspruchs ermöglicht, die von ihm geschuldete Leistung zu verweigern (§ 214 BGB). Damit unterliegt nicht das gesamte Rechtsverhältnis der Verjährung, sondern nur der Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner. Die Einrede der Verjährung muss vom Schuldner geltend gemacht werden, damit sie berücksichtigt werden kann (Brackmann/Krasney, a. a. O., Rz. 11). Der Schuldner kann auf die Einrede verzichten. Die Einrede zu erheben kann rechtsmissbräuchlich sein bzw. der Verwirkung unterliegen (dazu im Einzelnen: Prütting-Wegen-Weinreich/Kesseler, BGB, § 194 Rz. 10, 11). Gläubiger und Schuldner können durch Rechtsgeschäft die Verjährungsfrist verlängern oder verkürzen. § 202 BGB schließt die Verkürzung bei vorsätzlicher Begehung aus (Abs. 1) und setzt für die Verlängerung eine Höchstfrist von 30 Jahren (Abs. 2).
2.1 Dauer der Verjährung (§§ 195, 199 Abs. 2 BGB)
Rz. 5
Ansprüche nach §§ 110, 111 verjähren in der regelmäßigen Verjährungsfrist, also in 3 Jahren (§ 195 BGB). Wird ausnahmsweise kein Feststellungsverfahren betrieben und auch keine Leistungspflicht festgestellt (z. B. wegen Unkenntnis des Versicherungsfalls; Ricke, in: KassKomm. SGB VII, § 113 Rz. 4), beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 199 Abs. 2 BGB).
2.2 Beginn der Verjährung (§ 199)
Rz. 6
Gemäß § 113 Satz 1 gelten die dort genannten Vorschriften des BGB entsprechend. Dem entnimmt die Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 25.7.2017, VI ZR 433/16), dass für den Verjährungsbeginn allein die bindende Leistungspflichtfeststellung des Unfallversicherungsträgers genügt. Der BGH hat die in der Kommentarliteratur sowie vom OLG Brandenburg (Urteil v. 9.12.2014, 3 U 48/13) vertretene Auffassung, wonach eine Kumulation von Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis und Feststellung der Leistungspflicht erforderlich sei sowie die weitere in der Literatur vertretene Auffassung, wonach eine Kumulation von Anspruchsentstehung, Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis und bindender Feststellung der Leistungspflicht erforderlich sei, für nicht überzeugend erachtet. Ausgehend vom Wortlaut des § 113 Satz 1, wonach die genannten Vorschriften des BGB (nur) entsprechend anzuwenden sind, nämlich mit der Maßgabe, dass die Frist von dem Tag an gerechnet wird, an dem die Leistungspflicht für den Unfallversicherungsträger bindend festgestellt oder ein entsprechendes Urteil rechtskräftig geworden ist, müsse zugrunde gelegt werden, dass § 113 eine abschließende Regelung zum Fristbeginn enthält. Dafür spreche auch die Entstehungsgeschichte. Ab der bindenden Feststellung der Leistungspflicht hat stets eine ta...