Ein allgemeingültiger KI-Begriff für die Rechtsanwendung besteht derzeit nicht.

Allgemeines Verständnis: Als grobe Faustregel kann man immer dann von "künstlicher Intelligenz" sprechen, wenn ein Computersystem nicht nach fixen Regeln für sämtliche Anwendungsfälle vorprogrammiert ist und völlig vorhersehbar agiert, sondern die Regeln für die Lösung eines Problems autonom durch Beispiele gelernt hat. Z. B. Microsoft Excel ist zwar äußerst komplex und umfangreich, hat aber mit KI nichts zu tun. Hingegen könnte eine vermeintlich einfache Handschriftenerkennung, die auf maschinellem Lernen[1] basiert, als KI-System bezeichnet werden.

Betriebsverfassungsrecht: Das am 14.6.2021 in Kraft getretene Betriebsrätemodernisierungsgesetz enthält zwar Bestimmungen zu KI, definiert sie aber nicht. Die Bundesregierung dürfte eher von einem weiten Verständnis von KI ausgegangen sein.[2] Vorgeschlagen wird u.A. folgende Definition: ""Künstliche Intelligenz" i. S. d. BetrVG bezieht sich auf technische Systeme, die aufgrund von Informatikanwendungen in der Lage sind, ein menschenähnliches Verhalten nachzubilden, das nicht vollständig vorsehbar ist."[3]

KI-Verordnung: Nach Art. 3 Ziff. 1 der KI-Verordnung[4] (Stand: 17.4.2024) ist ein KI-System: "ein maschinengestütztes System, das für einen in unterschiedlichem Grade autonomen Betrieb ausgelegt ist und das nach seiner Betriebsaufnahme anpassungsfähig sein kann und das aus den erhaltenen Eingaben für explizite oder implizite Ziele ableitet, wie Ausgaben, wie etwa Vorhersagen, Inhalte, Empfehlungen oder Entscheidungen, erstellt werden, die physische oder virtuelle Umgebungen beeinflussen können".[5] Vertreten wird, dass auch für die Definition im BetrVG auf die KI-VO zurückgegriffen werden kann.[6]

 
Praxis-Tipp

KI-Begriff

Um bei den verschiedenen technischen Begrifflichkeiten und Definitionen nicht den Überblick zu verlieren, kann sich für Arbeitgeber folgende Faustregel eignen, die sich auf die wesentlichen Gemeinsamkeiten und Zwecke der Definitionen konzentriert:

Je schwieriger vorhersehbar die Ergebnisse eines Systems sind, je autonomer das System gelernt hat und arbeitet und je größer das Risiko für Arbeitnehmer bei der Anwendung ist, desto wahrscheinlicher handelt es sich um ein KI-System im Sinne des BetrVG.

[2] Witteler/Moll, NZA 2023, S. 327.
[3] Frank/Heine, NZA 2021, S. 1448, 1452.
[4] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2024-0138-FNL-COR01_DE.pdf.
[5] Vertieft zu diesem Begriff s. KI: EU-Verordnung im Überblick (KI-VO-Entwurf).
[6] Kalbfus/Schöberle, ArbRAktuell 2023, S. 251; Frank/Heine, NZA 2021, S. 1448.

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