In der Anbahnungsphase zum Arbeitsverhältnis sind vor allem folgende Mitbestimmungsrechte relevant:

Personalfragebögen: Zweck der Mitbestimmung des Betriebsrats bei § 94 Abs. 1 BetrVG ist der Schutz der Arbeitnehmerrechte durch die Begrenzung des Fragerechts des Arbeitgebers auf berechtigte Interessen. Der Betriebsrat hat ein Zustimmungsrecht bezüglich des Inhalts jeder Frage. Ein Anwendungsbeispiel wären KI-generierte Umfragen, deren Fragen nicht genau vordefiniert, sondern nach individuellen Merkmalen (z. B. Arbeitsbereich, Betriebszugehörigkeit) für jeden Mitarbeiter individuell generiert werden.

Allgemeine Beurteilungsgrundsätze: Beurteilungsgrundsätze sind Regelungen, die der Beurteilung von Leistung und Verhalten für eine Gruppe von Arbeitnehmern dienen sollen. Die Aufstellung solcher Grundsätze bedarf nach § 94 Abs. 2 Alt. 2 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Bewerten KI-Systeme beispielsweise vorhandene Unterlagen, um hieraus eine vermeintlich sinnvolle Gewichtung für Beurteilungskriterien zu generieren, ist das Mitbestimmungsrecht einschlägig. Gleiches gilt für Systeme, die Bewerber/Arbeitnehmer nach bestimmten Parametern bewerten und miteinander vergleichen.[1] In diesen Fällen könnte der Betriebsrat beispielsweise Einfluss auf die Justierung des KI-Systems nehmen, um bestimmte Bewertungskriterien auszuschließen oder zu verstärken.

Auswahlrichtlinien: § 95 BetrVG dient dazu, die personellen Entscheidungen des Arbeitgebers durchschaubarer und sachlicher zu machen, was letztlich den Betriebsfrieden fördern soll. Nach § 95 Abs. 2a BetrVG bedürfen Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen auch dann der Zustimmung des Betriebsrats, wenn ein KI-System eigenständig oder innerhalb eines vom Arbeitgeber vorgegebenen Rahmens die Auswahlrichtlinien aufstellt. Das ist z. B. der Fall, wenn ein KI-System historische Bewerbungsdaten, Einstellungsentscheidungen und Anforderungsprofile analysiert und hieraus implizit Einstellungskriterien generiert und gewichtet, um die (mutmaßlich) besten Einstellungsentscheidungen zu treffen oder vorzuschlagen bzw. vorzusortieren.

 
Wichtig

Mitbestimmungspflicht bei Inhalt von Stellenausschreibungen

Die Festlegung des Inhalts von Stellenbeschreibungen sowie Anforderungsprofilen sind hingegen nicht mitbestimmungspflichtig. Hier kann allenfalls das Unterrichtungs- und Vorschlagsrecht aus § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einschlägig sein (Unterrichtung über Personalplanung).

Für jede Einstellung und Beförderung gilt § 99 BetrVG. Hiernach hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung und Umgruppierung bzw. Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben. Seine Zustimmung ist erforderlich. Im Rahmen dieses Verfahrens hat der Betriebsrat auch das Recht zu erfahren, wie die Gesamtbewertung eines Bewerbers "zustande gekommen ist"[2] (erst recht, wenn Auswahlrichtlinien bestehen). Sind Arbeitgeber hierzu nicht in der Lage, könnte dies die Zustimmung zur Einstellung gefährden.

Außerdem hat er auch zu prüfen, ob die Einstellung gegen ein Gesetz verstößt. Hier kommt z. B. der Gleichbehandlungsgrundsatz infrage. Für eine Zustimmungsverweigerung kann es ausreichen, dass die personelle Maßnahme unter Verstoß gegen eine vom Gesetzgeber erwünschte Verhaltensweise erfolgt, sodass etwa der Einstellung unter Verstoß gegen ein Diskriminierungsverbot nicht zugestimmt wird.[3]

Sehr relevant werden kann hier auch Art. 22 Abs. 1 DSGVO: Arbeitnehmer haben das Recht, nicht "einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhenden Entscheidung unterworfen" zu werden, die ihm gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder ihn in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt – z. B. die Ablehnung seiner Bewerbung. Wird das KI-gestützte Vorergebnis vom Arbeitgeber aber wertend nachvollzogen und bestätigt, dürfte Art. 22 Abs. 1 DSGVO nicht verletzt sein.[4]

Das bedeutet: Je intransparenter eine KI-gestützte Bewerber(vor-)auswahl erfolgt ist, desto wahrscheinlicher ist, dass der Betriebsrat die Einstellung mit der Begründung einer unzureichenden Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 BetrVG verweigern könnte. Dies zumindest so lange, bis eine ausreichende Unterrichtung nachgeholt wurde.

 
Praxis-Tipp

Vermeidung von Fehlern bei Einstellung und Beförderungen

Folgende Fehler sollten vermieden werden, weil sie im äußersten Fall zu einer Verzögerung oder gar Verhinderung einer notwendigen Einstellung oder Beförderung führen könnten:

  • Fehlende Transparenz und Erklärbarkeit einer KI-gestützten Auswahlentscheidung, mangelnde Dokumentation
  • KI-System berücksichtigt bestehende Auswahlrichtlinien bei einer Vorsortierung nicht oder nicht ausreichend
  • Keine hinreichende Neutralität des KI-Systems im Hinblick auf Diskriminierungsmerkmalen[5]
  • Vollautomatisierte Entscheidungen über Ablehnungen oder Einstellungen
[1] Frank/Heine, NZA 2021, S. 1448, 1452.
[2] Frank/Heine, NZA 2021, S. 1448, ...

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