Nicht mitbestimmungspflichtig werden in aller Regel aber KI-Systeme und allgemein IT-Systeme sein, wenn sie

  • das Verhalten von Arbeitnehmern gar nicht erst individualisierbar erfassen, etwa bei der Analyse ausreichend großer (anonymisierter) Leistungsdaten zur Messung der Leistung einer (ausreichend großen) Abteilung oder der Arbeitnehmerleistung im Unternehmen als Ganzes;
  • das Verhalten von Arbeitnehmer zwar individualisierbar aufzeichnen, der Arbeitgeber auf diese Aufzeichnungen aber nachweislich keinen Zugriff nehmen könnte, selbst wenn er wollte. Die fehlende Zugriffsmöglichkeit kann sich aus technischer Unmöglichkeit und rechtlicher Unmöglichkeit[1] ergeben (z. B.: Anwendung läuft auf Servern eines Drittanbieters ohne Zugriff und ein Herausgabeanspruch des Arbeitgebers ist vertraglich ausgeschlossen);
  • die Leistung/das Verhalten einer gesamten (ausreichend großen) Gruppe (etwa Abteilung) beurteilen, ohne dass Rückschlüsse auf den einzelnen Arbeitnehmer gezogen werden können[2];
  • ausschließlich der Kontrolle von Maschinen oder technischen Vorgängen dienen;
  • bereits durch vorhandene Betriebsvereinbarungen implizit abgedeckt werden, das Mitbestimmungsrecht insoweit also verbraucht ist. Legt z. B. eine IT-Rahmenvereinbarung[3] für alle IT-Systeme fest, dass eine Leistungskontrolle bei dringendem Tatverdacht auch zur Aufdeckung von Straftaten erfolgen darf, gilt dies grundsätzlich auch für zukünftige IT-, und damit auch KI-Systeme. Hier lohnt sich stets ein Blick in die bestehenden (Rahmen-)Betriebsvereinbarungen.
 
Hinweis

Nicht vorhandene Individualisierbarkeit

Die Individualisierbarkeit ist nicht gegeben, wenn:

  1. Verhaltens- oder Leistungsdaten von vornherein dauerhaft wirksam anonymisiert sind oder
  2. wenn technische Einrichtungen, die Daten erfassen, von vielen Arbeitnehmern benutzt werden und diese Nutzung keinem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden kann.[4]
 
Praxis-Tipp

Anonymisierung

Eine im System angelegte Anonymisierung bietet sich insbesondere im Bereich Analyse und Prognoseanwendungen an, bei der Informationen über individuelle Arbeitnehmer nicht im Vordergrund stehen, sondern Rückschlüsse auf das Unternehmen oder einzelne (größere) Abteilungen ausreichen (z. B. High-Level, Fluktuationsanalyse, Prognosen zum Personalbedarf im Unternehmen insgesamt). Die Kosten einer Anonymisierung sollten mit dem Aufwand eines Mitbestimmungsprozesses abgewogen werden.

Datenschutzrechtliche Themen als solche unterfallen nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.[5] Das Datenschutzrecht stellt nämlich bereits eine zwingende und abschließende gesetzliche Regelung dar.

[1] Im Ergebnis ähnlich auch Richardi, § 87 BetrVG, Rz. 526.
[2] Eine Ausnahme kann vorliegen, wenn die Daten einer überschaubaren Gruppe von Arbeitnehmern (Akkord- oder sonstige Arbeitsgruppe) zugeordnet werden können, die für eine bestimmte Leistung (Arbeitsergebnis) oder ein bestimmtes Verhalten gemeinsam verantwortlich ist, sodass ein von der technischen Einrichtung ausgehender Überwachungsdruck auf den einzelnen Arbeitnehmer "durchschlägt". Unerheblich ist die Gruppengröße und wie der Überwachungsdruck bewirkt wird; nur muss die Gruppe insgesamt für ihr Arbeitsergebnis verantwortlich gemacht werden und daher ein gemeinsames Interesse an einem möglichst guten Ergebnis haben.
[4] GK-BetrVG/Gutzeit, 12. Aufl. 2022, BetrVG § 87 Rz. 578.
[5] Janko/Krüger/Adam, BB 2023, S. 2100.

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