Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Personalplanung und bei betrieblichen Auswahlrichtlinien. Betriebsärztliche Suchtmitteltests als Teil von Anforderungsprofilen für betriebliche Aufgaben
Leitsatz (redaktionell)
1. Dem Betriebsrat steht ein Mitbestimmungsrecht bei der Personalplanung zu. Er ist über die Personalplanung anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Ebenso besteht ein Mitbestimmungsrecht bei Auswahlrichtlinien, die der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen.
2. Will der Arbeitgeber aus betriebsärztlichen Suchtmitteltests Eignungskriterien und damit Merkmale persönlicher Voraussetzungen gewinnen, die jeder Arbeitnehmer erfüllen muss, handelt es sich um einen der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegenden Teil einer Auswahlrichtlinie.
Normenkette
BetrVG §§ 92, 95
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 08.05.2002; Aktenzeichen 9 BV 7/01) |
Tenor
- Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 08.05.2002 - 9 BV 7/01 - wird zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
In einem Rechtsstreit über die von der Antragsgegnerin, ein auch in Mannheim einen Betrieb unterhaltendes Automobilunternehmen, gegen den Willen des Antragstellers, des Betriebsrats des Werkes Mannheim, geübte Praxis, zur Einstellung vorgesehenen Personen durch den werksärztlichen Dienst bei der Eignungsuntersuchung Blut- und Urinproben zu entnehmen und diese auf Alkoholmissbrauch und Drogenkonsum zu überprüfen, hat das Arbeitsgericht Mannheim mit Beschluss vom 08.05.2002 der Antragsgegnerin bei Meidung eines Zwangsgeldes untersagt, derartige Untersuchungen vorzunehmen, solange der Antragsteller nicht zugestimmt oder die fehlende Zustimmung durch eine Einigungsstelle ersetzt ist.
Gegen den am 24.05.2002 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 17.06.2002 Beschwerde eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung am 20.08.2002 ausgeführt. Die Betriebsvereinbarung über personelle Auswahlrichtlinien regele in Abschnitt 2.6. die Eignung und dabei in Ziffer 3 (2.6.3.) die betriebsärztliche Untersuchung, in Ziffer 4 (2.6.4.) die Frage, wie der Betriebsrat bei formalisierten Prüfungen zur Beurteilung der fachlichen und/oder persönlichen Eignung zu beteiligen sei. Die betriebsärztliche Untersuchung sei keine formalisierte Prüfung gemäß Ziffer 4 und daher mitbestimmungsfrei änderbar. Im Gegensatz zu den Anforderungen nach Ziffer 4 würden die in Ziffer 3 gestellten nicht vom Personalbereich, sondern vom Betriebsarzt durchgeführt. Ferner enthalte Ziffer 3 anders als Ziffer 4 keinen mit dem Betriebsrat zu regelnden Änderungsvorbehalt. Aus der Durchführungspflicht des Arbeitgebers folge die inhaltliche Festlegung der Untersuchungen durch die Antragsgegnerin und den Werksarzt.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe die Beweisaufnahme die Zustimmung des Betriebsrates mit der Vorgehensweise der Antragsgegnerin ergeben. Der Anspruch des Antragsstellers sei ferner unbegründet, da die Handhabung der Antragsgegnerin eine mitbestimmungsfreie Gestaltung von Anforderungsprofilen enthalte. Ein Unterlassungsanspruch folge auch nicht aus dem allgemeinen Überwachungsrecht des Betriebsrats, desweiteren habe sie kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates verletzt, sodass ein allgemeiner Unterlassungsanspruch nicht bestehe.
Die Antragsgegnerin beantragt:
- Der Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 8. Mai 2002 - 9 BV 7/01 - wird abgeändert.
- Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin beantragt
die Zurückweisung der Beschwerde.
Die Regelungen des Abschnitts 2.6. der Betriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien seien einheitlich auszulegen. Die Anordnung von Suchtmitteltests unterfielen daher der Regelung des § 2.6.4.. Eine Einigung über diese Frage sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt; das Arbeitsgericht habe die erhobenen Beweise zutreffend gewertet. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers folge aus den Befugnissen bei der Gestaltung von Auswahlrichtlinien. Die Anweisung genereller Testung aller Bewerber sei Teil eines formalisierten Verfahrens bei der Bewerberauswahl ohne Bezug auf konkrete Arbeitsplatzanforderungen und daher mitbestimmungspflichtig. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin verletzte auch das Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung materieller Beurteilungsmerkmale. Die Antragsgegnerin sammle auf diese Weise Informationen über Bewerber, obwohl kein generelles Interesse an deren Lebensgewohnheiten anzuerkennen sei.
Der Antragsteller hat in der mündlichen Anhörung vor der Kammer den in Ziffer 2 enthaltenen Zwangsgeldantrag zurückgenommen.
II.
Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 87 Abs. 2, 89 Abs. 1 u. 2 ArbGG) und damit insgesamt zulässig. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat den vorliegenden Rechtsstreit, soweit im Beschwerdeverfahren noch zu entscheiden ist, zutreffend entschieden. Das Beschwerdevorbringen der An...