Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der Formulierung „unter Berücksichtigung der Stellenanforderungen” in einer Betriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien. Bindung des Arbeitgebers im Auswahlverfahren bei Versetzungen an die Stellenanforderungen in der innerbetrieblichen Arbeitsplatzausschreibung

 

Leitsatz (redaktionell)

Sieht eine personelle Auswahlrichtlinie vor, dass die Stelle u.a. „unter Berücksichtigung der Stellenanforderungen” zu besetzen ist, kann der Arbeitgeber im Auswahlverfahren keine Stellenanforderungen stellen, die nicht im Anforderungsprofil der Stelle enthalten sind. Das Beratungsrecht des Betriebsrats im Rahmen der Personalplanung nach § 92 Abs. 1 S. 2 BetrVG würde sonst leerlaufen.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 2, § 92 Abs. 1 S. 2, § 95

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 22.06.2007; Aktenzeichen 10 BV 77/06)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 22.06.2007 – 10 BV 77/06 – abgeändert, soweit das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers G. von der Kostenstelle 467 in die Kostenstelle 490 als Werkmeister ersetzt hat. Insoweit wird der Antrag abgewiesen.

2. Die weitergehende Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Zustimmung des Antragsgegners zur beabsichtigten Versetzung des Arbeitnehmers G. zu ersetzen ist, sowie darüber, ob die Antragstellerin die vorläufig durchgeführte Versetzung aufrechterhalten darf.

Die Antragstellerin (im folgenden Arbeitgeberin) produziert in ihrem Werk in B. Lenkungen, Pumpen, Lenksäulen und Lenksysteme für Kraftfahrzeuge. Sie beschäftigt in diesem Werk ca. 640 Arbeitnehmer. Der Antragsgegner (im folgenden Betriebsrat) ist der in diesem Werk gebildete Betriebsrat.

Im Betrieb findet – unstreitig – eine Gesamtbetriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien vom 19.04.1989 Anwendung, die damals zwischen dem Gesamtbetriebsrat der Z. AG und dem dortigen Vorstand vereinbart wurde. Diese Gesamtbetriebsvereinbarung sieht im Abschnitt B „Einstellungen”, der nach dem Abschnitt C für „Versetzungen” sinngemäß gilt, folgendes vor:

„1.1. Die Auswahl für die Besetzung vakanter Arbeitsplätze wird nach folgenden Kriterien in der Rangfolge

  1. fachliche Voraussetzungen
  2. persönliche Voraussetzungen
  3. soziale Gesichtspunkte

unter Berücksichtigung der Stellenanforderungen vorgenommen.

Über die fachliche Eignung entscheidet der zuständige Vorgesetzte gemeinsam mit der Personalabteilung. Die Beteiligung des Betriebsrats hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen und der sozialen Gesichtspunkte bleibt davon unberührt.

Der Betriebsrat wird im Rahmen seiner Rechte gemäß § 99 I BetrVG unter Vorlage der erforderlichen Bewerbungsunterlagen beteiligt.”

Im Herbst des Jahres 2005 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über bevorstehende Veränderungen im Meisterbereich. Ab Beginn des Jahres 2006 kam es zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat zu einer Auseinandersetzung über die Besetzung einer Meisterstelle in der Kostenstelle 490 (Pumpenbereich). In diesem Bereich sind ca. 100 Arbeitnehmer beschäftigt. Da einer der beiden in der Kostenstelle 490 tätigen Meister zum 01.01.1996 in die Fertigung wechselte, schrieb die Arbeitgeberin die Stelle am 16.11.2005 intern aus. Die auf diese Ausschreibung eingegangenen Bewerbungen der Arbeitnehmer C., S. und T. berücksichtigte die Arbeitgeberin nicht, weil die drei genannten Arbeitnehmer nicht über die erforderliche fachliche Eignung für diese Stelle verfügten. Sie bat den Betriebsrat statt dessen mit Schreiben vom 23.03. und 31.03.2006 um die Zustimmung zur Versetzung des in der Kostenstelle 467 tätigen Meisters G.. Dieser ist seit 20.08.1975 bei der Arbeitgeberin beschäftigt; er hatte sich um die Stelle nicht beworben. Der Betriebsrat widersprach der Versetzung mit Schreiben vom 27.03. und 04.04.2006.

In einem ersten Zustimmungsersetzungsverfahren, eingeleitet am 07.04.2006, wies das Arbeitsgericht den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin mit der Begründung zurück, die Arbeitgeberin habe dem Betriebsrat nicht die Bewerbungsunterlagen der drei Stellenbewerber vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, vom 25.07.2006 (20 BV 16/06) verwiesen. Herr G. wurde seit April 2006 in dieser Kostenstelle vorläufig eingesetzt und ist dies bis heute. In der Kostenstelle 467 waren neben Herrn G. die Meister S., W. und B. tätig.

Im Anschluss an den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 25.07.2006 schrieb die Arbeitgeberin die Position eines Meisters in der Kostenstelle 490 am 16.08.2006 erneut aus. In der Stellenbeschreibung heißt es unter „Aufgaben”:

  • „Führen, Unterweisen und Überwachen der Mitarbeiter bei der Montage von RC 1, RKP, Flügelpumpen, Ventilen und Läufersätzen
  • Personalplanung
  • Durchführung von Leistungsbeurteilungen
  • …”

Unter „Anforderungen” hieß es:

  • ...

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