Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Versetzungen. Vorlage von Unterlagen
Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG durch abschließende Stellungnahme des Betriebsrats (Zustimmungsverweigerung) abgeschlossen und hat der Arbeitgeber nicht beim Arbeitsgericht Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs.4 BetrVG beantragt, sondern – nach Rückgabe der dem Betriebsrat überlassenen Unterlagen aller Bewerber – erneut ein Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG wegen derselben Versetzung (desselben Arbeitnehmers auf dieselbe Position) eingeleitet, muss er dem Betriebsrat erneut sämtliche Unterlagen sämtlicher Bewerber zur Verfügung stellen.
2. Unterlässt er dies, ist die Information des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß erfolgt, so dass die Wochenfrist nach § 99 Abs.3 Satz 1 BetrVG nicht in Gang gesetzt wird. In diesem Fall kann weder die Zustimmungsfiktion des § 99 Abs.3 Satz 2 BetrVG eintreten noch, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung erneut verweigert, ein Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers nach § 99 Abs.4 BetrVG Erfolg haben.
Normenkette
BetrVG §§ 99, 93, 95
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 29.04.2010; Aktenzeichen 36 BV 3/10) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 29.04.2010 – 36 BV 3/10 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die von der Antragstellerin – der Arbeitgeberin – begehrte gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Versetzung eines Kfz-Mechanikers auf die Position eines mitarbeitenden Werkstattmeisters.
Die Antragstellerin hat die Stelle einer/eines Werkstattmeisterin/Werkstattmeisters in ihrer Niederlassung M. mit einer Eingruppierung in „VG 07, Kfz-Gewerbe Bayern” in der Zeit vom 22.10.2009 bis 09.11.2009 ausgeschrieben. Es bewarben sich mehrere Angestellte aus dem Betrieb, u. a. der Arbeitnehmer Z.
Die Antragstellerin teilte dem Betriebsrat mit Schreiben vom 24.11.2009 mit, sie beabsichtige, Herrn Z. zum 01.12.2009 auf die neue Planstelle eines Werkstattmeisters in der Filiale F. im Einsatzbereich Aftersales unbefristet zu versetzen, und bat um die Zustimmung des Betriebsrats. Dieser widersprach mit Schreiben vom 02.12.2009 mit der Begründung, der Inhalt der Betriebsvereinbarung „Stellenausschreibung – Ausschreibung, Auswahl und Versetzung” – vom 20.09.1973 sei nicht eingehalten. Eine genaue Beschreibung des Arbeitsplatzes fehle. Auch sei der Versetzungsantrag widersprüchlich. Ein organisatorischer und funktioneller Ablauf im Schichtbetrieb nach den Richtlinien der Arbeitgeberin sowie eine vernünftige Mitarbeiterbetreuung sei nicht möglich, wenn der Schichtmeister zusätzlich produktiv sein solle. Auch könne die Aufsichtspflicht nicht gewährleistet werden. Zudem würden die Richtlinien der Arbeitgeberin (Servicestandards) nicht eingehalten, weil dort bei bis zu fünf Monteuren ein mitarbeitender Werkstattmeister und ab sechs Monteuren ein vollwertiger Werkstattmeister vorgesehen sei. Schließlich seien die fünf Mitbewerber, die geprüfte Kfz-Meister seien, eindeutig besser geeignet. Die Serviceleitung sollte sich für einen Bewerber mit Meisterbrief entscheiden. Nach Verweigerung der Zustimmung gab der Betriebsrat alle ihm überlassenen Bewerbungsunterlagen der Mitarbeiter, die sich auf die ausgeschriebene Stelle beworben hatten, innerhalb einer Woche an die Arbeitgeberin zurück.
Diese bat mit Schreiben vom 15.12.2009 den Betriebsrat erneut um Zustimmung zur Versetzung des Mitarbeiters Z. auf die Stelle eines Werkstattmeisters im Betrieb F. zum 01.12.2009 und nahm in diesem Zusammenhang zu den vom Betriebsrat in der Zustimmungsverweigerung vom 02.12.2009 genannten Gründen Stellung. Die Bewerbungsunterlagen der anderen Bewerber fügte die Arbeitgeberin diesem Schreiben nicht bei. Mit Schreiben vom 21.12.2009 verweigerte der Betriebsrat erneut seine Zustimmung zur Versetzung von Herrn Z. mit der Begründung, der Inhalt der Betriebsvereinbarung „Stellenausschreibung – Ausschreibung, Auswahl und Versetzung – vom 20.09.1973 sei nicht eingehalten, die Stellenausschreibung fehle, weitere Interessenten hätten sich nicht bewerben können, Bewerbungsunterlagen aller vorhandener Bewerber seien nicht eingereicht worden. Ein Einverständnis der Bewerber fehle. Die insgesamt fünf Bewerber mit Meisterbrief seien eindeutig besser geeignet. Die Richtlinien der Arbeitgeberin – Aftersales-Standards – würden nicht eingehalten, weil die betroffene Schichtgruppe derzeit zehn Monteure habe und ab sechs Monteuren ein vollwertiger Werkstattmeister vorgesehen sei. Eine genaue Beschreibung des Arbeitsplatzes fehle bzw. der Versetzungsantrag sei weiterhin widersprüchlich. Ein organisatorischer und funktioneller Ablauf im Schichtbetrieb sowie eine vernünftige Mitarbeiterbetreuung könnten nicht stattfinden, wenn der Schichtmeister zusätzlich produktiv sein solle. Auch könne die Aufsichtspflicht n...