Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweilige Verfügung gegen die Durchführung einer Betriebsratswahl bei Streit über die Frage, ob ein einheitlicher Betrieb zweier Unternehmen vorliegt

 

Leitsatz (redaktionell)

EIne einstweilige Verfügung auf Einstellung der Betriebsratswahl kann nur erfolgreich sein, wenn bereits zuverlässig feststellbar ist, dass die Wahl nichtig sein wird.

 

Normenkette

BetrVG § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ulm (Beschluss vom 08.02.2002; Aktenzeichen 7 BVGa 3/02)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm – Kammern Ravensburg – vom 08.02.2002 – 7 BVGa 3/02 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2, Abs. 3 ArbGG n.F. analog abgesehen, da der Beschluss des Landesarbeitsgerichts einem weiteren Rechtsmittel nicht unterfällt.

II.

Die auf § 85 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit §§ 936, 922, 567 ZPO gestützte sofortige Beschwerde der antragstellenden Arbeitgeberin ist als Beschwerde gemäß § 87 ff. ArbGG zu behandeln. Denn auf Grund Anordnung der mündlichen Anhörung über die (sofortige) Beschwerde war über diese im Beschlussverfahren gemäß § 87 ff. ArbGG so zu entscheiden, als wenn in erster Instanz auf mündliche Anhörung ein Beschluss gemäß §§ 85 Abs. 2, 84 ArbGG erlassen und dagegen Beschwerde gemäß § 87 ArbGG (und nicht gemäß § 78 ArbGG) eingelegt worden wäre (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 23 Auflage, § 922 Rnr. 14). Die Beschwerde ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch im Übrigen zulässig.

III.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die begehrte einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Durchführung der Betriebsratswahl (Hauptantrag) bzw. auf Abänderung des Wahlausschreibens, der Wählerliste und auf Verschiebung des Wahltages (Hilfsanträge) zutreffend zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht schließt sich der angegriffenen Entscheidung vollinhaltlich an und sieht deshalb gemäß § 87 Abs. 2 in Verbindung mit § 69 Abs. 2 ArbGG von der Darstellung der Gründe ab. Die Beschwerde veranlasst lediglich folgende abschließende Bemerkungen:

1. Der Hauptantrag auf Abbruch der Wahl hätte nur erfolgreich sein können, wenn bereits zuverlässig feststellbar gewesen wäre, dass die Wahl nichtig sein wird (vgl. zu diesem auch vom Beschwerdegericht für zutreffend erachteten Prüfungsmaßstab LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.05.1998 – 8 Ta 9/98 – AiB 1998, 401). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.

a) Zwar spricht nach den Erörterungen im Anhörungstermin vor dem Beschwerdegericht vieles dafür, dass die Antragstellerin mit ihrem Betrieb in der B.-Straße in T. und die Firma N2 GmbH mit Sitz in der H.-Str., K., zwei eigenständige Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 1 BetrVG bilden. Sie sind rechtlich selbständig – wenngleich die Firma N2 GmbH eine 100-ige Tochter der Antragstellerin ist –, haben unterschiedliche Geschäftsführer, unterschiedliche Betriebsstätten und unterschiedliche Betriebsmittel. Andererseits bestehen aber zahlreiche Berührungen: 19 Arbeitnehmer der Firma N2 GmbH arbeiten ständig auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin in T., 4 Arbeitnehmer der Antragstellerin sind ständig auf dem Betriebsgelände der Firma N2 GmbH in K. tätig. Außerdem kommen regelmäßig nach Bedarf Arbeitnehmer der Antragstellerin zur Unterstützung der Firma N2 GmbH im Rahmen von „TOP” (Technikoptionale Produktion) und „TIP” (Technikinduktion Produktion) zum Einsatz. Auch besorgt die Antragstellerin für die N2 GmbH unter Anderem den Materialeinkauf, die Materialverwaltung, die Auftragsbearbeitung und den Versand. Daneben betreut die Antragstellerin die EDV-Anlage der Firma N2 GmbH in Kressbronn und die Abteilung „Haustechnik” der Antragstellerin auch die Gebäude der Firma N2 GmbH in Kressbronn.

Ob unter diesen Umständen von 2 getrennten Betrieben auszugehen ist, weil die Leistungen der Antragstellerin für die N2 GmbH auf reiner Dienst- und Werkleistungsbasis erbracht werden und auch trotz der Tätigkeit von Arbeitnehmern im Betrieb des jeweils anderen Unternehmens nicht auf eine Führungsvereinbarung geschlossen werden kann, muss angesichts der im Eilverfahren eingeschränkten Möglichkeit der Sachverhaltsaufklärung gegebenenfalls einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Dem Wahlvorstand kann bei diesem Sachstand und auf Grund der komplizierten Rechtsfragen jedenfalls nicht vorgeworfen werden, vorsätzlich und offensichtlich willkürlich vom gesetzlichen Betriebsbegriff abgewichen zu sein. Dass der Wahlvorstand eine andere Auffassung vertritt als die Antragstellerin, reicht hierfür nicht aus.

b) Dies gilt auch für die Frage der Verkennung der Erforderlichkeit der Prüfung der fingierten Eigenständigkeit des Betriebs der Firma N2 GmbH gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG für den Fall der Bejahung eines gemeinsamen Betriebs der Antragstellerin und der N2 GmbH im Sinne des § 1 Abs. 2 BetrVG. Anhaltspunkte dafür, dass der Wahlvorstand insoweit vorsätzlich vorgegangen sei, sind...

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