Entscheidungsstichwort (Thema)
Drittschuldnerklage. verschleiertes Arbeitseinkommen. angemessenes Entgelt. Insolvenzeröffnung. Gläubigerbenachteiligung
Leitsatz (amtlich)
Bei einer Insolvenz des Schuldners verliert auch die Pfändung verschleierten Arbeitseinkommens nach § 114 Abs. 3 Satz 1 InsO seine Wirkung. § 114 Abs. 3 Satz 1 InsO ist auch auf diejenige Vergütung anzuwenden, die nach § 850 h Abs. 2 ZPO als lediglich dem Gläubiger gegenüber geschuldet gilt. Mit der Insolvenzeröffnung kann dann der Treuhänder vom Drittschuldner die Zahlung der angemessenen Vergütung verlangen.
Normenkette
ZPO § 850h; InsO § 114 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts P. vom 23.04.2010 – 6 Ca 255/09 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 13.682,60 EUR zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag von
- 521,40 EUR seit dem 01.08.2008,
- weiteren 521,40 EUR seit dem 01.09.2008,
- weiteren 521,40 EUR seit dem 01.10.2008,
- weiteren 521,40 EUR seit dem 01.11.2008,
- weiteren 521,40 EUR seit dem 01.12.2008,
- weiteren 521,40 EUR seit dem 01.01.2009,
- weiteren 556,40 EUR seit dem 01.02.2009,
- weiteren 556,40 EUR seit dem 01.03.2009,
- weiteren 556,40 EUR seit dem 01.04.2009,
- weiteren 556,40 EUR seit dem 01.05.2009,
- weiteren 556,40 EUR seit dem 01.06.2009,
- weiteren 556,40 EUR seit dem 01.07.2009,
- weiteren 584,40 EUR seit dem 01.08.2009,
- und weiteren 591,40 EUR seit dem 01.09.2009,
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.986,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.10.2009 zu bezahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin zu 65 %, der Beklagte zu 35 % zu tragen. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu 60 %, der Beklagte zu 40 % zu tragen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Drittschuldner verschleierten Arbeitseinkommens in Anspruch und begehrt darüber hinaus Schadensersatz für Detektivkosten zur Ermittlung des verschleierten Arbeitseinkommens.
Wegen des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien einschließlich ihrer Rechtsansichten wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen. Soweit der Beklagte beanstandet, das Arbeitsgericht habe sein Urteil auf streitigen Sachverhalt gestützt, betrifft dies lediglich Parteivortrag, der im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils als streitig ausgewiesen ist.
Am 25. Februar 2010 wurde das von dem Beklagten betriebene Unternehmen ausgegliedert und in die O. GmbH umgewandelt. Mit Beschluss vom 10. Juni 2010 wurde über das Vermögen des Schuldners, Herrn A. Z., das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet.
Mit Urteil vom 23. April 2010 hat das Arbeitsgericht den Beklagten wegen gepfändeten verschleierten Arbeitseinkommens zur Zahlung von rückständigen 8.181,60 EUR sowie ab September 2009 weiteren monatlichen 612,40 EUR verurteilt. Weiter hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.986,50 EUR verurteilt. Die weitergehenden Zahlungsanträge der Klägerin hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, der Schuldner, der Vater des Beklagten, sei in dem Markt des Beklagten als Marktleiter vollschichtig tätig gewesen. Als angemessene Vergütung für diese Tätigkeit sei auf das Tarifentgelt für einen Marktleiter zurückzugreifen. Das sich hieraus ergebende pfändbare Nettoeinkommen stehe der Klägerin gemäß § 850 h ZPO bis zur Erfüllung der titulierten Schuld des Schuldners zu. Weil der Beklagte der Klägerin eine unvollständige und inkorrekte Drittschuldnerauskunft abgegeben habe, könne die Klägerin von dem Beklagten nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch Ersatz der Kosten verlangen, die durch die gebotene Einschaltung eines Detektivs entstanden sind.
Gegen das dem Beklagten am 27. April 2010 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts legte dieser mit beim Berufungsgericht am 11. Mai 2010 eingegangenem Schriftsatz Berufung ein, die er zugleich begründete. Der Beklagte rügt insbesondere eine unzureichende Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Gerichts, weil dieses sein Urteil auf Sachverhalte gestützt habe, die vom Beklagten substanziiert und unter Beweisangebot bestritten worden seien. Insbesondere sei der Beklagte der Behauptung entgegengetreten, der Schuldner und nicht der Beklagte führe den Markt. Dass der Schuldner von allen Mitarbeitern „Chef” genannt werde, stelle kein Indiz für die tatsächliche Geschäftsführung dar. Zur Kompetenzverteilung im Markt habe der Beklagte umfassend vorgetragen und dargestellt, dass der Schuldner lediglich für verschiedene Hilfsarbeiten vorgesehen sei. Der Beklagte habe vorgetragen, dass der Beklagte die Schlüsselgewalt in...