Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösung des Betriebsrates. Unbegründeter Antrag der Arbeitgeberin bei unzureichenden Darlegungen andauernder Pflichtverletzungen des gesamten Betriebsrates
Leitsatz (amtlich)
Die Auflösung des Betriebsrates als gesamtes Gremium kommt nur in Betracht, wenn das Gremium insgesamt grob gegen Pflichten aus dem BetrVG verstößt. Verstöße einzelner Mitglieder sind nicht ausreichend.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 1, § 2 Abs. 2, § 23 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 26.03.2015; Aktenzeichen 4 BV 11463/14) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. März 2015 - 4 BV 11463/14 abgeändert:
Der Antrag auf Auflösung des Betriebsrats wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten auf Antrag der Arbeitgeberin über die Auflösung des Betriebsrates wegen grober Pflichtverletzung.
Die Arbeitgeberin hat mit am 14. August 2014 eingegangenem Antrag vom selben Tage bei Arbeitsgericht Berlin die Auflösung des Betriebsrates beantragt, weil dieser Beschlüsse im Hinblick auf Schulungsveranstaltungen nachträglich erstellt und rückdatiert habe, um sich und den Betriebsratsmitgliedern einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.
Im hier relevanten Betrieb, Standort Berlin, Kunde A. wurde am 8. August 2013 erstmals ein Betriebsrat, bestehend aus 11 Mitgliedern, gewählt. Der Betriebsrat konstituierte sich am 21. August 2013. Mit E-Mail vom 22. August 2013 an die Arbeitgeberin teilte der damalige Betriebsratsvorsitzende diese Funktion sowie den zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählten Mitarbeiter mit. Weiter teilte er die Besetzung des Betriebsausschusses, des Wirtschaftsausschusses sowie des Personal- und Einsatzplanungsausschusses mit. Im Unternehmen der Arbeitgeberin existiert auch ein Gesamtbetriebsrat. Ein Wirtschaftsausschuss war bereits auf der Ebene des Gesamtbetriebsrats gebildet. Später wurden im hiesigen Betriebsrat noch ein EDV-Ausschuss und ein Arbeitssicherheitsausschuss gebildet.
Am 19. September 2013 kam der Betriebsrat zu einer Sitzung zusammen und beschloss verschiedene Schulungsteilnahmen für seine Mitglieder. Es ging nach einer E-Mail des Betriebsratsvorsitzenden vom 1. Oktober 2013 um konkret zwischen November 2013 und November 2014 terminierte Schulungen des Berliner Anbieters "J. J. EDV Schulung und Beratung GmbH". Bis auf zwei Schulungen handelte es sich um solche jeweils ohne Übernachtung. Im Einzelnen ging es um folgende Schulungen für jeweils namentlich genannte Mitglieder oder Ersatzmitglieder des Betriebsrats:
1. B01-131104 (Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts - Teil I) (04.11.2013 - 08.11.2013, 1 Mitglied)
2. B02-131118 (Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts - Teil II) (18.11.2013 - 22.11.2013, 8 Mitglieder, 1 Ersatzmitglied)
3. B03-140317 (Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts - Teil III) (17.03.2014 - 21.03.2014, 5 Mitglieder, 1 Ersatzmitglied)
4. B03-140616 (Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts - Teil III) (16.06.2014 - 20.06.2014, 3 Mitglieder)
5. B03-141013 (Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts - Teil III) (13.10.2014 - 17.10.2014, 3 Mitglieder)
6. B04-140602 (Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts - Teil IV) (02.06.2014 -06.06.2014, 3 Mitglieder, 1 Ersatzmitglied)
7. B04-141027 (Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts - Teil IV) (27.10.2014 - 31.10.2014, 6 Mitglieder)
8. B04-141103 (Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts - Teil IV) (03.11.2014 - 07.11.2014, 2 Mitglieder)
9. B08-131104 (Grundlagen des Arbeitsrechts für Betriebsräte - Teil II) (04.11.2013 - 07.11.2013, 6 Mitglieder, 1 Ersatzmitglied)
10. B08-131216 (Grundlagen des Arbeitsrechts für Betriebsräte - Teil II) (16.12.2013 - 19.12.2013, 5 Mitglieder)
11. B40-140127 (Grundlagen des Arbeitsrechts für Betriebsräte - Teil III) (27.01.2014 - 30.01.2014, 2 Mitglieder, 1 Ersatzmitglied)
12. B40-140414 (Grundlagen des Arbeitsrechts für Betriebsräte - Teil III) (14.04.2014 - 17.04.2014, 6 Mitglieder)
13. B40-140722 (Grundlagen des Arbeitsrechts für Betriebsräte - Teil III) (22.07.2014 - 25.07.2014, 2 Mitglieder)
Mit der E-Mail vom 1. Oktober 2013 informierte der damalige Betriebsratsvorsitzende den Personalleiter der Arbeitgeberin unter dem Betreff "Geplante Seminare 2013 und 2014" unter Beifügung einer entsprechenden Aufstellung über diese Schulungen und die geplanten Schulungsteilnehmer. Zugleich verwies der Betriebsratsvorsitzende darauf, dass es sich um die Vermittlung von Grundkenntnissen gehe und der Betriebsrat bei der zeitlichen Lage die betrieblichen Notwendigkeiten durch ein Rotationsprinzip berücksichtigt habe. Auf Wunsch könne die detaillierte Agenda nachgereicht werden, für Rückfragen stehe er auch telefonisch zur Verfügung. In der E-Mail heißt es unter anderem konkret:
"der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am 19.09.2013 beschlossen, dass die Betriebsratsmitglieder (siehe Anhang) auf die im Anhang beigefügten Seminartitel zu entsenden sind. Die Schulungsverans...