Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendigkeit der Schulung von Betriebsratsmitgliedern
Leitsatz (redaktionell)
Die Schulung des entsandten Betriebsratsmitglieds ist nicht notwendig i.S. von § 37 Abs. 6 BetrVG, wenn die in der Schulungsveranstaltung vermittelten Kenntnisse im Betriebsrat bereits vorhanden sind. Dabei hängt es maßgeblich von der Größe und personellen Zusammensetzung sowie von der Geschäftsverteilung des Betriebsrats ab, ob und inwieweit eines oder mehrere Mitglieder über Spezialkenntnisse verfügen müssen.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, § 40
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 23.08.2016; Aktenzeichen 34 BV 6031/16) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. August 2016 - 34 BV 6031/16 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten um die Freistellung von Schulungskosten, die durch die Teilnahme des gesamten elfköpfigen Betriebsrats und eines Ersatzmitgliedes an einem Seminar zum Thema "Arbeitsschutz - Arbeit menschengerecht gestalten- Öffentlich-rechtliche Pflichten des Arbeitgebers nach Arbeitsschutzgesetzt und Mitbestimmungen" entstanden sind.
Antragsteller (Beteiligter zu 1.) ist der elfköpfige Betriebsrat im Betrieb der Arbeitgeberin (beteiligte zu 2.) in Berlin, die ein Call-Center betreibt. Der Betriebsrat hat u. a. einen Ausschuss für Arbeitssicherheit (ASA) gebildet, dem die beiden Betriebsratsmitglieder H. und J. angehören. Derzeit stehen wegen Absinkens der Mitgliederzahl des Betriebsrates unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder Neuwahlen zum Betriebsrat an; über einen arbeitgeberseitig gestellten Auflösungsantrag ist noch nicht rechtskräftig entschieden.
Nach der Wahl des Betriebsrats im Jahr 2013 absolvierten seine Mitglieder zahlreiche Schulungen. Die überwiegende Anzahl der Betriebsratsmitglieder hat die Betriebsratsschulungen BetrVG I - IV und ArbR I - III absolviert, in denen auch Arbeits- und Umweltschutz und das Arbeitsschutzgesetz Thema gewesen sind. Wegen der Einzelheiten der Schulungen und ihrer Teilnehmer aus dem Betriebsrat wird auf die Darstellung der Arbeitgeberin in ihrem Schriftsatz vom 14. Juli 2016 (Bl. 86, 88 ff. d. A.) nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen. Die dem Ausschuss für Arbeitssicherheit angehörenden Betriebsratsmitglieder H. und J. haben daneben auch an Betriebsratsschulungen zum Thema "Der wirkungsvolle Ausschuss für Arbeitsschutz I und II" teilgenommen.
Der Betriebsrat hat am 16. Dezember 2015 beschlossen, mit dem gesamten Gremium und einem Ersatzmitglied an der streitgegenständlichen Schulung "Arbeitsschutz - Arbeit menschengerecht gestalten- Öffentlich-rechtliche Pflichten des Arbeitgebers nach Arbeitsschutzgesetzt und Mitbestimmungen" teilzunehmen, das in der Zeit vom 11. bis zum 14. Januar 2016 in Berlin stattfand. An den ersten beiden Tagen dieser Schulung waren Schulungsthemen die öffentlich-rechtlichen Pflichten des Arbeitgebers nach Arbeitsschutzgesetz einschließlich der dazu erlassenen Verordnungen sowie die Aufgaben des Betriebsrates im Rahmen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. An den darauffolgenden zwei Tagen wurden einzelne Themen und Regelungsvorschläge für Betriebsvereinbarungen geschult. Die Ausschreibung des Anbieters (Anlage A 1, Bl. 7, 8 d. A.) listet dabei folgende Themen auf:
- Konzipierung und Durchführung der Unterweisungen nach § 12 ArbSchG sowie der Führungskräfteschulungen zum Gesundheitsschutz nach § 12 ArbSchG i.V.m. § 3.2 ArbSchG
- Gestaltung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses nach § 3.1 ArbSchG
- Festlegung von Maßnahmen, durch die sichergestellt wird, dass die gesetzlichen Vorgaben und die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse bei der präventiven Gestaltung der Komponenten von Arbeit berücksichtigt werden
- Schaffung einer geeigneten Organisation nach § 3 ArbSchG
- Gestaltung der Arbeitsplätze und der Komponenten von Arbeit gemäß der gesetzlichen Anforderungen des Arbeitsschutzgesetzes und der dazu erlassenen Verordnungen (Bildschirmarbeitsverordnung)
- Konzipierung und Durchführung der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG
Zur Zeit der Beschlussfassung war im Betrieb eine Einigungsstelle zum Arbeitsschutz gebildet, der auf Seiten des Betriebsrats neben den beiden Mitglieder des Ausschusses für Arbeitsschutz und einem Rechtsanwalt auch eine externe Sachverständige angehörten.
An dieser Schulung nahmen alle elf Mitglieder des Betriebsrats sowie das Ersatzmitglied, Frau K., teil. Der Seminarveranstalter stellte dafür 9.000,- Euro an Seminargebühren sowie 180,- Euro für Teilnehmerunterlagen und weitere 1.200,- Euro für Verpflegung, insgesamt 12.352,- Euro in Rechnung (Anlage A 3, Bl. 42 d. A.).
Nachdem die Arbeitgeberin die Kostenübernahme für diese Schulung verweigerte, hat der Betriebsrat am 2. März die Einleitung dieses Beschlussverfahrens und die Beauftragung seiner jetzigen Verfahrensbevollmächtigten beschlossen.
Mit seiner am 9. Mai 2016 beim A...