Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltskosten. Betriebsrat. einstweilige Verfügung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitgeber hat grundsätzlich die Kosten der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für die Durchführung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen. Verletzt der Arbeitgeber im Vorfeld seine Informationspflichten nach § 80 Abs. 2 Satz 1, 90 Abs. 1, 92 Abs. 1 BetrVG, ist die Entscheidung des Betriebsrates nur auf Rechtsmissbrauch zu überprüfen.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1, §§ 51, 26; VV RVG Vorbemerkung 3 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Potsdam (Beschluss vom 29.09.2009; Aktenzeichen 3 BV 91/09)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 29. September 2009 – 3 BV 91/09 – abgeändert.

  1. Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, den Gesamtbetriebsrat hinsichtlich der Kostenrechnung der Rechtsanwälte B. & andere, Rechnungsnummer 90452 vom 17.04.2009 in Höhe von 1.139,43 EUR freizustellen.
  2. Es wird festgestellt, dass die Arbeitgeberin dem Grunde nach verpflichtet ist, den Gesamtbetriebsrat gegenüber den Rechtsanwälten B. & andere bezüglich der Kosten freizustellen, die in dem hiesigen Verfahren entstehen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im Ergebnis um die Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin für anwaltliche Unterstützung des Gesamtbetriebsrates im Rahmen eines unter dem Aktenzeichen 1 BVGa 3/09 vor dem ArbG Potsdam – erfolglos – geführten einstweiligen Verfügungsverfahrens.

Die Arbeitgeberin, deren Gesellschafter die Länder Berlin und Brandenburg zu je 50% sind, ist ein in Brandenburg tätiges Abfallentsorgungsunternehmen mit Unternehmenssitz in P. (Neu F.) sowie Entsorgungsstandorten in D., Sch. und V.. Die Kernkompetenz der Arbeitgeberin liegt in der umweltschonenden Behandlung, Verwertung und Beseitigung von Restabfällen, gefährlichen Abfällen (Sonderabfällen) sowie Industrie- und Bauabfällen. In den Betrieben werden mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt.

Am Freitag, dem 20. März 2009 erfuhr der Gesamtbetriebsrat von der beabsichtigten Kündigung mehrerer Arbeitnehmer durch die Arbeitgeberin. Nach einer telefonischen Erörterung zwischen dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats und den Verfahrensbevollmächtigten des Gesamtbetriebsrats am Montag dem 23. März 2009 wurden die Verfahrensbevollmächtigten am Dienstag, dem 24. März 2009 informiert, dass im Zusammenhang mit den beabsichtigten Kündigungen ein einstweiliges Verfügungsverfahren geführt werden solle. Am 25. März 2009 erfolgte der konkrete Auftrag des Gesamtbetriebsrats, das einstweilige Verfügungsverfahren zu führen. Am 26. März 2009 fand das Mandantengespräch mit dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats statt. Dabei wurde vom Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats auch eine zweiseitige eidesstattliche Versicherung bezüglich der Tatsachen aus der Antragsschrift in dem einstweilige Verfügungsverfahren unterzeichnet. In dieser eidesstattlichen Versicherung versicherte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende unter anderem, dass

  • • der Gesamtbetriebsrat M. mbH die M. mbH mit Schreiben vom 28. November 2008 aufgefordert habe, ein Personalkonzept für 2009 vorzulegen und dass es darauf bislang keine Reaktion gegeben habe;
  • • der Gesamtbetriebsrat am 4. Dezember 2008 durch die M. mbH über die Schließung der Bauschuttsortieranlage in V. und der vorübergehenden Stilllegung der Sekundärbrennstoffanlage informiert worden sei und die an den stillgelegten Anlagen eingesetzten Arbeitnehmer zum Teil in anderen, zum Teil in denselben Betrieben weiterbeschäftigt worden seien;
  • • die M. mbH Anfang 2009 den Gesamtbetriebsrat informiert habe, dass die Deponien (Klasse 1) in den Betrieben V., Sch. und D. zum 15. Juli 2009 geschlossen werden sollten;
  • • seit Anfang 2009 in verschiedenen Betrieben eine schleichende Reduzierung der Belegschaftsstärke stattgefunden habe und die M. mbH in den Betrieben Neu-F., Sch., D. und V. ältere Arbeitnehmer frage, ob sie zur einvernehmlichen Beendigung der Arbeitsverhältnisse bereit wären und dieses in drei Fällen in der Verwaltung in Neu-F. auch vollzogen worden sei.

Der Antragsschrift beigefügt war ebenfalls das Informationsbegehren des Gesamtbetriebsrates an die Arbeitgeberin vom 28. November 2008 zum Personalkonzept 2009 (nach Schließung SBS, BGSA und Altkörper SE, VK und DE) sowie die Aufforderung vom 17. März 2009 zu einer Stellungnahme zu einem Interessenausgleichs- und Sozialplanentwurf, da das Schreiben des Gesamtbetriebsrates vom 5. Februar 2009 ohne Reaktion geblieben sei.

Am 26. März 2009 wurde die Antragsschrift mit dem Antrag, wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, durch Einwurf in den dortigen Nachtbriefkasten beim ArbG Potsdam eingereicht. Es wurde beantragt, der Arbeitgeberin zu untersagen, bis zum Abschluss der in einer Einigungsstelle zu führenden Verhandlung über einen Interessenausgleich aus Anlass grundlegender Änderung der Arbeitsmethoden in der mechanisch-biologischen Anlage V. und Schließung von Deponien (Kl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?