Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigungsansprüche wegen benachteiligender Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Geschlechts
Leitsatz (redaktionell)
Haben sich in einer Teambesprechung einer Online-Redaktion sowohl die teilnehmenden Männer, als auch die Frauen gegen die Veröffentlichung eines als frauenfeindlich empfundenen Videos ausgesprochen und ist von den acht Frauen, die das Video kritisiert haben, lediglich zwei Frauen gekündigt worden, so kann eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts nicht festgestellt werden.
Normenkette
AGG § 15 Abs. 1-2, §§ 7, 16; BGB § 612a
Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Entscheidung vom 18.01.2018; Aktenzeichen 2 Ca 838/17) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 18.01.2018 - 2 Ca 838/17 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts wird dahingehend berichtigt, dass die Klägerin 7/10 und Beklagte 3/10 der erstinstanzlichen Kosten tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt über eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nach einer aus Sicht der Klägerin diskriminierenden Kündigung vom 15. Mai 2017.
Die 47 Jahre alte Klägerin war vom 01.08.2016 bis zum Ablauf der Befristung am 31.07.2017 bei der Beklagten als Online-Redakteurin mit einem Bruttomonatsentgelt von 2.500,-- € beschäftigt. Die Klägerin ist ihrem erblindeten Ehemann unterhaltsverpflichtet.
Die Beklagte ist ein Unternehmen, in dem Online-Redakteure in verschiedenen Sprachen im Internet Beiträge einstellen. Sie beschäftigt ständig mehr als 10 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.
Die Klägerin ist Englisch Muttersprachlerin. Sie macht für die Beklagte auch Übersetzungen vom Deutschen ins Englische und war im englischen Team eingesetzt.
Im April 2017 erhoben die Klägerin und mindestens vier Kolleginnen Einwände gegen ein Video, das die Beklagte veröffentlichte. Hierin ging es um einen Mann, der schilderte, dass er sich von seiner Frau und Mutter seiner Kinder getrennt hatte, da diese zugenommen und hängende Brüste hat. Die Klägerin äußerte in einer Mail vom 10.04.2017, dass sie diesen Film als frauenverachtend empfindet. Auch die Kolleginnen äußerten sich zum Teil per Mail, zum Teil mündlich gegenüber der Beklagten entsprechend. Im April 2017 fand hierzu ein Meeting statt. An dem Meeting nahmen die Vorgesetzte der Beklagten, Frau Mayra O., sowie die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Paul M., James Q., Maggie B., Natalia de C. A., Nora C., Sarina R., Louis I., Ji K., Filipe C., Sarah B., Stefania C. und die Klägerin teil. Sämtliche beteiligten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Ausnahme der Vorgesetzten Frau Mayra O., hatten sich sowohl im Voraus als auch teilweise während des Meetings gegen eine Veröffentlichung des Videos ausgesprochen. Bis auf die Mitarbeiterinnen Maggie B., Natalia de C. A., R. und Ji K. sind noch alle, die an dem Meeting teilgenommen haben, bei der Beklagten tätig.
Nach dem Meeting erhielt Frau R., Muttersprachlerin englisch und holländisch, am letzten Tag der Probezeit eine Kündigung. Das Arbeitsverhältnis von Frau Natalia de C. A. - brasilianisch-portugiesisches Team - endete durch Eigenkündigung vom 28.03.2017 zum 30.04.2017. Frau A. beabsichtigte, nach Kanada umzuziehen. Das Arbeitsverhältnis von Frau Maggie B. endete durch Eigenkündigung vom 17.05.2017. Frau B. teilte in einem Brief vom 30. August 2017 an die Klägerin mit, dass sie nach ihrer Kritik an dem Video zwei volle Stunden von den Vorgesetzten über ihre Beiträge zu dem Meeting aggressiv verhört wurde. Auf das Schreiben vom Frau B. (Bl. 125 - 126 d. A.) wird verwiesen.
Das Arbeitsverhältnis von Frau Ji K. endete durch Eigenkündigung im April.
Die Klägerin beauftragte im März 2017 das Videoteam der Beklagten mit der Herstellung eines Videos, das als Scherz zum 1. April gedacht war. Die Produktion dieses Videos war weder mit der Vorgesetzten noch mit der Leiterin Videoproduktion abgesprochen. Die Zustimmung der Vorgesetzten bei der Beklagten ist Voraussetzung für Aufträge zur Videoproduktion. Das Video wurde nicht veröffentlicht.
Im internen Bereich der Beklagten änderte die Klägerin im Vorfeld der Kündigung in einer Vielzahl von Fällen die Namen und Beschreibungen für den von anderen Mitarbeitern produzierten Text. Diese Umbenennungen führten zu zusätzlichen Arbeitszeiten, da die Namen vor der Veröffentlichung wieder geänderten werden mussten. Auf einen Vorschlag ihrer Vorgesetzten antwortete die Klägerin: "Machen wir jemals etwas richtig? Sieht so aus, als ob das nie bemerkt würde."
Mit Schreiben vom 15.05.2017 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 15.06.2017 und stellte sie unverzüglich frei.
Am 16.05.2017, einen Tag nach Ausspruch der Kündigung der Klägerin, wurden Gespräche mit zwei weiteren Bewerberinnen für das englische Team geführt, die zum Probearbeiten eingeladen wurden. Zum 12.06.2017 stellte die Beklagte einen neuen Online-Redakteur für das engl...