Keine AGG-Entschädigung wegen Kündigung in Schwangerschaft
Die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde kann grundsätzlich eine Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz darstellen. Missachtet der Arbeitgeber die besonderen Schutzvorschriften des Mutterschutzgesetzes, indiziert dies eine Benachteiligung der Frau wegen ihrer Schwangerschaft und damit wegen ihres Geschlechts. Vorliegend konnte der Arbeitgeber die Vermutung einer Diskriminierung widerlegen, entschied das LAG Mecklenburg-Vorpommern: Angesichts des Verdachts, der im Raum stand, dass die Anwältin aus privaten Gründen Dokumente in elektronischen Akten gelöscht hatte, sei die Schwangerschaft für die Kündigung nicht von Bedeutung gewesen. Vielmehr hätte der Arbeitgeber in dieser Situation auch jeden anderen Mitarbeitenden gekündigt.
Kündigung in der Schwangerschaft wegen Datenlöschung
Im konkreten Fall forderte eine gekündigte Rechtsanwältin eine AGG-Entschädigung. Sie war seit 2018 bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt und betreute eine Außenstelle der Kanzlei. Ende 2020 wurde sie schwanger. Als sie im Mai 2021 arbeitsunfähig wurde, übernahm ein Kollege die Außenstelle, die sich zu dem Zeitpunkt bereits in Auflösung befand. Er stellte fest, dass die Rechtsanwältin zuvor in elektronischen Akten zahlreiche Dokumente gelöscht hatte. Diese Verfahren betrafen den Ehemann und die Schwiegermutter der Rechtsanwältin, die Anwaltsgebühren waren nicht abgerechnet.
Der Arbeitgeber kündigte ihr daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Eine behördliche Zustimmung zur Kündigung der schwangeren Mitarbeiterin, die sich bereits im Mutterschutz befand, holte er nicht ein.
Rechtsanwältin verlangt AGG-Entschädigung wegen Diskriminierung
Die Anwältin leugnete, die Dokumente gelöscht zu haben. Das Arbeitsverhältnis endete später während ihrer Elternzeit durch ihre eigene wirksame Kündigung. Sie verlangte jedoch im Nachgang vom Arbeitgeber eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern. Dadurch, dass er ihr in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Mutterschutz gekündigt habe, habe er sie wegen ihres Geschlechts, konkret wegen ihrer Schwangerschaft, diskriminiert. Einer nicht schwangeren und nicht von einem Beschäftigungsverbot betroffenen Mitarbeiterin hätte er ihrer Meinung nach nicht gekündigt. Nach Auffassung des Arbeitgebers lag eine Benachteiligung wegen des Geschlechts nicht vor, da bei derartigen Pflichtverletzungen jede andere Mitarbeiterin der Kanzlei ebenso gekündigt worden wäre. Die unberechtigte Löschung von Daten sei immerhin nach § 303a StGB eine Straftat.
LAG: Keine Benachteiligung wegen Schwangerschaft durch Kündigung
Wie bereits die Vorinstanz lehnte auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern einen Entschädigungsanspruch der ehemaligen Arbeitnehmerin ab. Das Gericht stellte fest, dass in der Kündigung keine diskriminierende Maßnahme zu sehen sei. Richtig sei es, dass der Arbeitgeber mit der Kündigung gegen Vorschriften des Muttergesetzes, konkret gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG verstoßen habe. Grundsätzlich bedeute dies, dass eine solche Missachtung der besonderen Vorschriften für werdende Mütter bei einer Kündigung, eine Benachteiligung der Frau wegen ihrer Schwangerschaft und damit wegen ihres Geschlechts, indiziere. Allerdings sei es dem Arbeitgeber vorliegend gelungen, die vermutete Benachteiligung zu widerlegen. Aus Sicht des Gerichts habe er hinreichend dargelegt, dass ausschließlich andere Gründe zur Kündigung geführt haben. In Fällen, in denen jeder andere in dieser Situation - unabhängig von seinem Geschlecht oder einer Schwangerschaft - ebenso behandelt worden wäre, spreche dies gegen eine Diskriminierung.
Hinweis: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16. August 2022, Az: 5 Sa 6/22, Vorinstanz: Arbeitsgericht Stralsund, Urteil vom 15.Dezember 2021, Az: 3 Ca 189/21
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