Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfolgen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Schwangeren
Leitsatz (amtlich)
Die Kündigung einer Schwangeren kann Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG auslösen. Das Vorhalten eines Nutzerprofils bei XING stellt kein Indiz für eine Nebentätigkeit dar.
Normenkette
MuSchG § 11; BGB § 241 Abs. 2; AGG § 15
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 07.02.2017; Aktenzeichen 8 Ca 11892/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. Februar 2017- 8 Ca 11892/16 - teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird über die dort bereits getroffene Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung hinaus verurteilt, an die Klägerin 1.910,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2016 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen bei einem Streitwert von 14.235,00 EUR die Klägerin zu 41% und der Beklagte zu 59%. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 76% und die Beklagte zu 24%.
IV. Der Gebührenwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.800,00 EUR festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch um die Vergütung für den Monat November 2016 und eine Entschädigung der Klägerin aufgrund einer Diskriminierung wegen des Geschlechts.
Die Klägerin ist 28 Jahre alt (geb. .... 1989) und seit dem 8. August 2013 bei der Beklagten als Mitarbeiterin im Bereich Office (Aufgabenbeschreibung vom 8. August 2013 festgehalten in einem Funktionsplan) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 40 Stunden bei einem monatlichen Bruttogehalt von 1.950,00 EUR beschäftigt. Im Arbeitsvertrag haben die Parteien unter anderem vereinbart, dass die Klägerin ihre ganze Arbeitskraft "unter Ausschluss jeder nebenberuflichen Tätigkeit" der Beklagten gewissenhaft zur Verfügung zu stellen habe. Hinsichtlich der Kündigung haben die Parteien vereinbart, dass für eine ordentliche Kündigung eine Kündigungsfrist zu beachten sei. Am ersten eines Monats könne zum letzten des Monats gekündigt werden.
Die Klägerin ist Mutter zweier am 27. August 2015 und 17. Februar 2017 geborener Kinder. Während sie im Zusammenhang mit der Schwangerschaft, Geburt und Elternzeit ihres ersten Kindes seit Februar 2015 nicht mehr am Arbeitsplatz tätig war, war die Klägerin zum Ende der sich daran anschließenden Elternzeit am 27. August 2016 erneut schwanger.
Mit E-Mail vom 28. Juni 2016 teilte die Klägerin der Beklagten in Person des Geschäftsführers der Beklagten mit, dass sie zum 27. August 2016 einen Kitaplatz für ihr (erstes) Kind erhalte und sie für eine entspannte Eingewöhnungsphase ihren offenen Urlaub der Jahre 2015 und 2016 bis zum 10. Oktober 2016 in Anspruch nehmen wolle.
Mit E-Mail vom 29. Juni 2016 teilte der Geschäftsführer der Beklagten der Klägerin mit:
es freut mich, dass es bei Ihnen persönlich und familiär gut läuft. Leider kann ich Ihrem Vorschlag nicht zustimmen. Ich erwarte Sie am 27.08.2016 um 08:00 Uhr zur Wiederaufnahme Ihres Arbeitsverhältnisses nach der Elternzeit im Büro am Firmensitz. Danach werde ich das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Auf die Mitteilung der Klägerin vom selben Tage, dass der 27. August 2016 ein Samstag sei und sie deshalb davon ausgehe, dass ihr erster Arbeitstag der folgende Montag, 29. August, sei, antwortete der Geschäftsführer der Beklagten am 29. Juli 2016 per E-Mail mit "ja".
Nach einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Frauenärztin der Klägerin vom 26. August 2016, die dem Geschäftsführer der Beklagten am Vormittag des 29. August 2016 vorlag, war die Klägerin ab dem 29. August 2016 arbeitsunfähig krank.
Am 29. August 2016, nach Eingang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Beklagten, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Oktober 2016. Die Kündigung ging der Klägerin noch am selben Tage zu. Im Kündigungsschreiben ist ausgeführt:
"Die Angabe von Gründen an dieser Stelle ist aus gesetzlicher Sicht nicht erforderlich."
Die Unwirksamkeit dieser ohne behördliche Zustimmung nach § 9 MuSchG Kündigung während der Schwangerschaft zugegangenen Kündigung hat das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung rechtskräftig festgestellt. Dabei war unstreitig, dass die Beklagte jedenfalls durch eine Faxmitteilung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 9. September 2016 von der erneuten Schwangerschaft der Klägerin erfahren hat.
Unter dem 14. September 2016 sprach die Frauenärztin der Klägerin ein Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG mit Wirkung vom 15. September 2016 bis zum Beginn des Mutterschutzes aus.
Die Klägerin meint, dass ihr während des Beschäftigungsverbotes nach § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG ihre Vergütung weiter zustehe. Sie habe die Beklagte auch mit einer E-Mail vom 17. August 2016 an deren Geschäftsführer über die erneute Schwangerschaft unterrichtet. Sie habe dazu ausgeführt:
leider m...