Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Übertragung einer Führungsfunktion in einer Matrixstruktur
Leitsatz (amtlich)
1. Die Übertragung einer Führungsfunktion in einer Matrixstruktur kann eine Einstellung i.S.v. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sein. Dabei ist nicht erforderlich, dass die Matrixstruktur einen Konzern betrifft und unternehmensübergreifend ausgestaltet ist. Eine Einstellung i.S.v. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann auch bei betriebsübergreifender Matrixstruktur innerhalb eines Unternehmens gegeben sein.
2. Für die personelle Einzelmaßnahme der Einstellung ist auch bei einer Matrixstruktur regelmäßig der örtliche Betriebsrat zuständig.
3. Zur Frage der Stellenausschreibung gemäß § 93 BetrVG in einer Matrixstruktur.
Normenkette
ArbGG § 87 Abs. 1; BetrVG § 50 Abs. 1-2, §§ 93, 99 Abs. 1-3, §§ 101, 99 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 04.09.2017; Aktenzeichen 15 BV 58/17) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.09.2017 - 15 BV 58/17 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
- Der Antrag der Beteiligten zu 1) aus der Antragsschrift vom 24.03.2017 wird zurückgewiesen.
- Der Antrag des Beteiligten zu 2) auf Verpflichtung, die Einstellung des Herrn Dr. D. L. rückgängig zu machen, wird zurückgewiesen.
II.
Die weitergehende Beschwerde des Beteiligten zu 2) und die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 1) werden zurückgewiesen.
III.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.Die Beteiligten streiten darüber, ob eine arbeitgeberseitige Maßnahme als Versetzung einzuordnen ist und es deshalb der Zustimmung des Betriebsrats bedarf sowie darüber, ob diese Maßnahme aufzuheben ist.
Der Beteiligte zu 2 (im Folgenden Betriebsrat West) war der bei der Beteiligten zu 1) (im Folgenden Arbeitgeberin) gebildete Betriebsrat für die Region West, zu der auch der Standort der Arbeitgeberin in S. gehörte. Für die Zentrale der Arbeitgeberin in E. war ein eigener Betriebsrat (im Folgenden Betriebsrat Zentrale) gebildet. Der Standort S. und die Zentrale lagen ca. 21 km auseinander. Die Arbeitgeberin errichtete für den Festnetz- und den Mobilfunkbereich den Bereich Technology Enterprise (TE). Der Leiter dieses Bereichs war direkt dem Geschäftsführer Technik unterstellt. Dem Bereichsleiter TE unterstand der Bereich Standard Fulfillment (TK). Dieser Bereich wurde vom zuständigen Bereichsleiter TK geleitet. Innerhalb des Bereichs TK bestanden vier Abteilungen, die jeweils von dem Bereichsleiter TK unterstellten Abteilungsleitern geführt wurden. Dies war zunächst mit 35 Mitarbeitern am Standort S. die Abteilung TKP. Leiter der Abteilung TKP war Herr U., der seinen Dienstsitz in S. hatte. Die Abteilung TKS mit 15 Mitarbeitern in S. wurde von der Abteilungsleiterin B. I., die ihren Dienstsitz in der Zentrale hatte, geleitet. Daneben gab es die Abteilungen TKD und TKL.
Ab dem 15.01.2017 war Dr. L. Bereichsleiter TK, für den diese neue Funktion mit einer Beförderung einherging. Er übte diese Funktion betreffend den Betrieb in S. mit Unterstellung des Abteilungsleiters U., d.h. Ausübung des Weisungsrechts der Arbeitgeberin gegenüber diesem, möglicherweise ebenfalls bereits ab dem 15.01.2017 spätestens aber ab dem 15.03.2017 tatsächlich aus. Herr Dr. L. selbst war organisatorisch dem Betrieb der Zentrale in E. zugeordnet. Er war örtlich als Bereichsleiter in der Zentrale in E. tätig, nahm seine Aufgabe als Bereichsleiter aber gelegentlich auch örtlich an dem Standort S. wahr.
Bei der Arbeitgeberin bestand eine Gesamtbetriebsvereinbarung Stellenausschreibung vom 01.09.1992 (GBV Stellenausschreibung), die noch zwischen der N. Mobilfunk GmbH und deren Gesamtbetriebsrat aufgrund einer Beauftragung durch die damals zuständigen örtlichen Betriebsräte abgeschlossen worden war. Die GBV Stellenausschreibung kam bei der Arbeitgeberin weiterhin betrieblich zur Anwendung. In ihr hieß es u.a.:
"§ 2
Grundsatz
Arbeitsplätze in Deutschland, die durch Einstellung oder Versetzung besetzt werden sollen, sind unmittelbar innerhalb der Betriebe auszuschreiben. ....
§ 3
Inhalt
Die Stellenausschreibung enthält:
1. die Bezeichnung der Tätigkeit
2. die Abteilung, die Gruppe, den Einsatzort
...
8. den letzten Tag der Aushangfrist
...
§ 5
Besonderheiten
Auf die Ausschreibung von Arbeitsplätzen und den Aushang der Ausschreibung in den übrigen Betrieben kann mit Zustimmung der örtlichen Betriebsräte verzichtet werden.
§ 6
Bekanntmachung
1. Die Stellenausschreibung wird durch Aushang im Betrieb bekannt gemacht.
2. Von allen Stellenausschreibungen enthält der Gesamtbetriebsrat eine Kopie.
§ 7
Aushangfrist, Verlängerung
1. Die Stellenausschreibung wird in allen Niederlassungen und der ZV für zwei Wochen ausgehängt.
..."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte GBV Stellenbesetzung nebst Protokollnotiz Bezug genommen.
Der von der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 09.01.2017 bean...