Entscheidungsstichwort (Thema)
Diskriminierung von Männern durch einen frauenfördernden Hinweis in der Stellenausschreibung?
Leitsatz (amtlich)
Weist der öffentliche Arbeitgeber in einer ansonsten geschlechtsneutral gehaltenen Ausschreibung darauf hin, dass „ein besonderes Interesse an Bewerbungen von Frauen bestehe”, werden hierdurch männliche Stellenbewerber nicht i.S.d. AGG unzulässig benachteiligt, wenn in der für die Stelle maßgeblichen Vergleichsgruppe Frauen unterrepräsentiert sind.
Normenkette
GG Art. 33; AGG §§ 5, 11, 15, 22; LGG NRW § 8
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 10.06.2008; Aktenzeichen 11 Ca 754/08) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.06.2008 teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
A. Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz bzw. auf Entschädigung wegen Benachteiligung auf Grund seines Geschlechts bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses.
Die Beklagte entwickelte im Jahr 2007 ein „Sport- und Bewegungsmodell”, das – mit dem Ziel der Bewegungs-, Sport- und Talentförderung – die Erkennung und Förderung sowohl motorisch leistungsschwacher als auch sport- und bewegungsbegabter Kinder vorsieht. Dazu werden alle Zweitklässler der Grundschulen im Rahmen des Sportunterrichtes getestet und ihnen – nach einer individuellen Auswertung der Testergebnisse – speziell auf ihre jeweiligen Stärken oder Schwächen zugeschnittene Empfehlungen für verschiedene Sport- und Bewegungsangebote gegeben.
Für das Modellprojekt suchte die Beklagte mit einer im Juli 2007 in der Tageszeitung, bei der Arbeitsagentur und im Internet veröffentlichten Ausschreibung „eine/n Diplom-Sportlehrer/in” in einer auf 2 Jahren befristeten, nach Entgeltgruppe 10 TVöD vergüteten Teilzeittätigkeit. In dem Ausschreibungstext werden Aufgabenschwerpunkte, Tätigkeitsanforderungen und erwünschte Berufserfahrungen genannt. Weiterhin enthält der Text den Passus: „Es besteht ein besonderes Interesse an Bewerbungen von Frauen und von Schwerbehinderten”.
In der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes waren Ende Juli 2007 bei der Beklagten insgesamt 253 männliche Mitarbeiter und 241 weibliche Mitarbeiterinnen, in der Entgeltgruppe 10 TVöD (= A 11 BBG) 62 männliche Mitarbeiter und 54 weibliche Mitarbeiterinnen beschäftigt. Im Sportamt waren jeweils 2 Männer und 2 Frauen im gehobenen Dienst tätig. Im Schuldienst sind, beim Land Nordrhein-Westfalen beschäftigt, die männlichen Mitarbeiter gegenüber den weiblichen Mitarbeiterinnen deutlich unterrepräsentiert.
Der am 07.10.1969 geborene Kläger, der im Jahr 1997 das zweite Staatsexamen für Sportlehrer an Schulen der Sekundarstufe I/II abgelegt hatte und zuletzt vorwiegend im Bereich der Fortbildung von Fitness- und Sporttrainern sowie als Personal Trainer tätig war bzw. ist, hatte, wie auch einige andere Bewerber, bereits im Vorfeld von deren möglichen Einrichtung der Stelle erfahren und sich wiederholt telefonisch bei dem im Sportamt beschäftigten Zeugen M. nach der Ausschreibung erkundigt.
Der Kläger behauptet, dass bei einem dieser Anrufe der Zeuge M. sinngemäß geäußert habe, dass ihm, M., für die zu besetzende Stelle „eine Frau lieber sei”. Die Beklagte bestreitet dies.
Die Beklagte leitete mit Schreiben vom 20.07.2007 den Ausschreibungstext dem Kläger unmittelbar zu. Unter dem 02.08.2007 bewarb sich der Kläger auf die Stelle. Insgesamt gingen auf die Ausschreibung die Bewerbungen von 31 Männern und 38 Frauen mit der erforderlichen Qualifikation (Studium) ein. Aus den 69 Bewerbern wurden 6 zum Vorstellungsgespräch geladen, nämlich 2 Männer, darunter der Kläger, und 4 Frauen. Die Durchführung der Vorstellungsgespräche und der Auswahl des einzustellenden Bewerbers erfolgte durch die Personalauswahlkommission der Beklagten am 20.09.2007. Der Personalauswahlkommission gehörten der zuständige Fachdezernt (Beigeordnete), der Zeuge P. als Sachgebietsleiter im Personalamt, der für die Sachbearbeitung im Sportamt zuständige Zeuge M., ein Mitglied des Personalrats sowie eine Mitarbeiterin der Gleichstellungsbeauftragten an. In den einzelnen Vorstellungsgesprächen wurden jedem Bewerber die in einem Fragenkatalog (Bl. 112 f.) formulierten Fragen gestellt. Anschließend wurden die Bewertungen ihrer Antworten in einer Liste (114 ff.) erfasst. Danach erzielte der Kläger bei der ersten Frage 5 von 7 Punkten (die später eingestellte Mitbewerberin D. 7 von 7), bei der zweiten Frage 3 von 6 Punkten (die eingestellte Bewerberin 5 von 6). In der Zusammenfassung (Bl. 117) dokumentierte die Personalauswahlkommission ihren Gesamteindruck zum Kläger, der letztlich auf den 3. Rang gesetzt wurde, wie folgt:
„Die Mitglieder der Kommission erachten alle Fragen als perfekt beantwortet, es ist eine große theoretische Erfahrung vorhanden. Er hat bereits als Tester mitgewirkt und ist sehr stru...