Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers – unzumutbare wirtschaftliche Belastung
Orientierungssatz
Zur Darlegung einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung durch die vorläufige Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers gemäß § 102 Abs. 5 S 2 Nr. 2 BetrVG muß der Arbeitgeber die Tatsachen, die die vorläufige Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers als wirtschaftlich unzumutbar erscheinen lassen, glaubhaft machen. Allgemeine Angaben des Arbeitgebers, zB gesunkene Umsätze, Arbeitsmangel, finanzielle Schwierigkeiten genügen zur Begründung nicht. Es ist vielmehr die Angabe konkreter und detaillierter Daten über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebes und Unternehmens und eine Prognose der künftigen Entwicklung erforderlich.
Normenkette
BetrVG § 102 Abs. 5 S. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 08.02.2001; Aktenzeichen 5 Ga 6/01) |
Tenor
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. Februar 2001 – 5 Ga 6/01 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren über die Frage, ob die Verfügungsklägerin, Arbeitgeberin, gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Verfügungsbeklagten, Arbeitnehmers, mit sofortiger Wirkung zu entbinden ist.
Bei der Verfügungsklägerin handelt es sich um einen Umschlagbetrieb im Hamburger Hafen. Sie ist ein Tochterunternehmen der … (AG & Co.). Zu dem Konzern der Muttergesellschaft … (AG & Co.) gehören unter anderem auch die Unternehmen … GmbH (zukünftig …), … GmbH (…) und … GmbH & Co. KG.
Der 51 Jahre alte Verfügungsbeklagte, Hafenfacharbeiter, ist seit ca. vierzehn Jahren bei der Verfügungsklägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis findet u. a. der Rahmentarifvertrag für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe (zukünftig RTV) Anwendung. In § 19 RTV – „Kündigung” – sind in Ziffer 1 Kündigungsfristen geregelt, u. a. bei 15jährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses eine neunmonatige Kündigungsfrist zum Ende eines Kalenderhalbjahres, wenn der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet hat. In § 19 Ziffer 1 Abs. 2 RTV ist eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende geregelt. § 19 Ziffer 1 Abs. 5 RTV lautet wie folgt:
„Bei Anwendung von Sozialplänen regeln sich die Kündigungsfristen nach Absatz 2 dieser Ziffer.”
In einer Betriebsvereinbarung „Personaleinsatz” aus dem Jahre 1999 (Anlage AG 7, Blatt 85 der Akte) ist vorgesehen, dass alle Mitarbeiter der fünf Konzernunternehmen der … (AG & Co.), die die Betriebsvereinbarung unterschrieben haben und zu denen auch die Verfügungsklägerin gehört, bei Bedarf in allen anderen von der Betriebsvereinbarung erfassten Betrieben eingesetzt werden können. Diese Betriebsvereinbarung ist nach zwischenzeitlicher Kündigung durch den Betriebsrat der Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 30. August 2000 (Anlage AG 8, Blatt 80 der Akte) Anfang April 2001 wieder in Kraft gesetzt worden. Auf dieser Grundlage ist der Verfügungsbeklagte nach Anschreiben der Verfügungsklägerin vom 14. März 2001 (Anlage VB 5, Bl. 136 der Akte) und seiner Einverständniserklärung im April 2001 an sieben Tagen und im Mai 2001 an neun Tagen bei der Schwestergesellschaft … eingesetzt worden.
Die Geschäftsführung der Verfügungsklägerin entschloss sich im August 2000, den Umschlagbetrieb am … einzustellen und sich zukünftig nur noch mit der Vermietung von Schuppen und Freiflächen zu befassen. Der sogenannte Greiferumschlag soll von der … fortgesetzt werden. Von den ca. einhundert Arbeitsplätzen, die zuvor bei der Verfügungsklägerin am … bestanden, können nach der Planung nur noch drei Arbeitsplätze verbleiben.
Über die von der Verfügungsklägerin beabsichtigte Einstellung ihres Umschlagbetriebes kam es am 18. Dezember 2000 zum Abschluss eines Interessenausgleichs (Anlage AG 6, Blatt 81 d.A.). Im Anschluss an den Interessenausgleich sprach die Verfügungsklägerin insgesamt neunundsechzig betriebsbedingte Kündigungen aus; bei weiteren einundzwanzig Mitarbeitern, die schwer behindert sind, wurde die Kündigung nach Zustimmung der Hauptfürsorgestelle beabsichtigt.
Unter dem 27. April 2001 ist inzwischen ein Sozialplan (Anlage AG 14, Blatt 164 d.A.) vereinbart worden. In § 2 Ziffer 7 des Sozialplans heißt es:
„Aufgrund des Weiterbeschäftigungsbegehrens gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG nach Ablauf der maßgeblichen regulären tariflichen Kündigungsfrist ohne Gegenleistung erfolgte Nettozahlungen werden in Höhe von 50 % auf den Abfindungsbetrag angerechnet, maximal bis zu einer Höhe von 50 % der Gesamtabfindung.”
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2000 kündigte die Verfügungsklägerin dem Verfügungsbeklagten zum 31. Januar 2001 in Anwendung des § 19 Ziffer 1 Abs. 5 RTV. Der Verfügungsbeklagte erhob am 10. Januar 2001 Kündigungsschutzklage (Az. 5 Ca 21/01) und verlangte seine Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG. Der bei der Verfügungsklägerin g...