Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds. Kündigung wegen Diebstahls. Verdachtskündigung. rechtswidrige Entwendung von Arbeitgebereigentum. Altersteilzeit. Interessenabwägung
Leitsatz (amtlich)
Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Diebstahls ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn sich der Arbeitnehmer in oder kurz vor der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindet.
Normenkette
KSchG § 15 Abs. 1; BGB § 626; ATG § 8
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 23.09.2008; Aktenzeichen 2 Ca 608/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 23.09.2008 – 2 Ca 608/08 – teilweise abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten u. a. um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
Der am 13.09.1946 geborene Kläger ist verheiratet.
Seit dem 04.04.1961 ist er bei der Beklagten, einem Betrieb der Metallindustrie mit über 2000 Mitarbeitern, zuletzt als Industriemechaniker in der Großpresserei B 4 zu einem monatlichen Bruttoverdienst, der nach Angaben der Beklagten 4.662,00 Euro, nach Angaben des Klägers ca. 5.000,00 Euro betrugt, beschäftigt.
Seit mehr als 15 Jahren ist der Kläger Mitglied des bei der Beklagten gewählten Betriebsrates.
In der Vergangenheit machte der Kläger mehrere Verbesserungsvorschläge. Auf die von der Beklagten insoweit gefertigte Aufstellung (Blatt 136, 231 der Akten) sowie die an den Kläger gerichteten Schreiben (Blatt 220 ff. der Akten) wird Bezug genommen.
Nach dem bereits am 20.03.2003 zwischen den Parteien abgeschlossenen Altersteilzeitvertrag vereinbarten die Parteien eine Altersteilzeit im Rahmen des Blockmodells. Die Arbeitsphase begann am 01.02.2007, die Freistellungsphase ab 01.08.2008. Nach dem Altersteilzeitvertrag vom 20.03.2003 endet das Arbeitsverhältnis ohne Ausspruch einer Kündigung am 30.09.2009. In § 13 des Altersteilzeitvertrages vom 20.03.2003 war Folgendes geregelt:
„Im Übrigen bleibt das Recht zur Kündigung entsprechend der gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Bestimmungen unberührt.”
Vor Beginn der am 01.08.2008 beginnenden Freistellungsphase feierte der Kläger in der Zeit vom 01.11.2007 bis zum 31.07.2008 sämtliche aufgelaufenen restlichen Urlaubsansprüche und Ansprüche auf Arbeitszeitausgleich ab. An einer Betriebsratssitzung nahm er letztmalig am 18.10.2007 teil.
Am 15.01.2008 erschien der Kläger im Betrieb und ließ sich gegen einen von ihm unterschriebenen Materialschein (Blatt 39 der Akten) sechs Satz Dachmanschetten, die für die Abdichtung in der Schwerhydraulik Verwendung finden (vgl. Blatt 216 ff. der Akten) im Wert von insgesamt 119,18 Euro aushändigen. Diese Dachmanschetten nahm der Kläger ohne eine erforderliche ausdrückliche Genehmigung durch die Beklagte in Form eines Durchlass- oder Leihscheines mit zu sich nach Hause.
Auf die Betriebsmitteilung der Beklagten vom 06.12.2007 (Blatt 102 der Akten) wird Bezug genommen. Zuletzt hatte die Beklagte in einer Betriebsversammlung vom 09.05.2007 aus gegebenem Anlass nochmals ausdrücklich auf die Konsequenzen für Arbeitnehmer hingewiesen, die sich am Eigentum der Firma oder am Eigentum von Mitarbeitern und Kollegen vergreifen. Auch der Betriebsrat hatte in derselben Betriebsversammlung an die Mitarbeiter appelliert, insbesondere Diebstähle zu unterlassen.
Anlässlich der Durchführung einer Kostenanalyse für die Instandhaltung B 4 im Februar 2008 fiel die Entnahme von sechs Dachmanschetten durch den Kläger auf. Die Beklagte veranlasste daraufhin unter Informierung der Betriebsratsvorsitzenden eine Überprüfung und versuchte mehrfach, mit dem Kläger einen Termin zwecks Rücksprache und Klärung des Verbleibs der sechs Dachmanschetten zu vereinbaren. Mit Schreiben vom 25.02.2008 (Blatt 41 der Akten) bat sie den Kläger, sich telefonisch mit der Beklagten in Verbindung zu setzen, um einen Gesprächstermin vereinbaren zu können. Der Kläger meldete sich jedoch bei der Beklagten nicht.
Daraufhin setzte sich der stellvertretende Personalleiter der Beklagten, Herr R1, am 26.02.2008 mit dem Kläger telefonisch in Verbindung und erläuterte ihm, dass die Personalleitung mit ihm über die Entnahme von sechs Dachmanschetten vom 15.01.2008 sprechen wolle. In diesem Telefonat äußerte sich der Kläger dahin, dass die bezeichneten Dachmanschetten im Pumpenhaus liegen würden; er könne aber nicht genau sagen, wo diese genau lägen. Im weiteren Verlauf des Telefonats wurde sodann ein Gesprächstermin für Mittwoch, den 27.02.2008, 15.00 Uhr, vereinbart; der Kläger wurde darüber informiert, dass auch die Betriebsratsvorsitzende zu diesem Termin eingeladen werde.
Eine von der Beklagten noch am 26.02.2008 veranlasste Überprüfung ergab, dass die gesuchten sechs Dachmanschetten sich nicht im Pumpenhaus befanden.
Am Mittwoch, den 27.02.2008 sagte der Kläger gegen 13.00 Uhr den anberaumten Besprechungstermin telefonisch mit der...