Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermutung der Betriebsbedingtheit einer Kündigung aufgrund eines Interessenausgleichs mit Namensliste.Übertragende Sanierung: Wird nicht der gesamte Betrieb übernommen, sondern werden nur einzelne Betriebsteile auf verschiedene Drittunternehmen übertragen, kommt es darauf an, ob das Arbeitsverhältnis einem übergehenden Betriebsteil i.S.v. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB zugeordnet werden kann. Ist das Arbeitsverhältnis bei einem stillgelegten Betriebsteil angesiedelt, ist die Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG wegen Stilllegung eines Betriebsteils sozial gerechtfertigt
Leitsatz (redaktionell)
Ist ein Arbeitsverhältnis einem aufgrund Interessenausgleich mit Namensliste stillzulegenden Betriebsteil zuzuordnen, wird vermutet, dass die Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt ist.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1; InsO § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 128 Abs. 2; BGB § 613a Abs. 1 S. 1, Abs. 4; KSchG § 1 Abs. 5; BetrVG §§ 111, 102
Verfahrensgang
ArbG Rheine (Urteil vom 07.11.2002; Aktenzeichen 3 Ca 2067/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 07.11.2002 – 3 (2) Ca 2067/01 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 12.12.2001 aufgelöst worden ist und ob das Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagten zu 2) oder 3) übergegangen ist.
Der am 08.09.1939 geborene Kläger wurde am 16.11.1961 von der Firma W3xxxxxxxx GmbH & Co. eingestellt, die zur S3xxxxx-Unternehmensgruppe mit Sitz in R1xxx gehörte. Er wurde zuletzt als Mitarbeiter der S3xxxxx S4xxxxx GmbH beschäftigt, über deren Vermögen am 03.12.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde mit dem Kläger nicht geschlossen. Die frühere Firma W3xxxxxxxx GmbH & Co. war zuletzt nur noch eine reine Besitzgesellschaft und Eigentümerin von Grundstücken. Arbeitnehmer beschäftigte sie seit 1990 nicht mehr. Die Eisproduktion wurde auf die S3xxxxx P2xxxxxxxxx GmbH übertragen. Die S3xxxxx S4xxxxx GmbH war für den Vertrieb der von S3xxxxx-Eis und Tiefkühlkost zuständig. Sie unterhielt neben der Zentrale in R1xxx Zweigniederlassungen in R1xxx, S10xxxx, S11xxxxx, S12xxxxxx, G2xxx, B6xxxxxxxxxx und R4xxxxxxxxxxxx. Sie betreute außerdem verschiedene externe Verkaufsstellen und bei Großhändlern installierte Kühltruhen mit S3xxxxx-Eis.
Der Kläger war mit dem Truhenservice betraut; er wartete und reparierte die Kühltruhen der S3xxxxx S4xxxxx GmbH und die bei den Großhändlern befindlichen Kühlmaschinen. Über die Zentrale der S3xxxxx S4xxxxx GmbH in R1xxx wurden die Verkaufsniederlassungen verwaltet und die Belieferung mit Waren sowie Werbematerialien organisiert und durchgeführt.
Nach Darstellung des Beklagten zu 1) wurden die zur S3xxxxx S4xxxxx GmbH gehörenden Zweigniederlassungen R1xxx und S10xxxx kurz nach Insolvenzeröffnung an die Beklagte zu 3), die Zweigniederlassung S11xxxxx und S12xxxxxx an die Firma S13xxx und die Zweigniederlassung G2xxx an die Firma P3xxx F2xx veräußert. Für die Zentrale der S3xxxxx S4xxxxx GmbH in R1xxx, für einen in R1xxx betriebenen Verkaufskiosk und für die Zweigniederlassung R4xxxxxxxxxxxx hätte keine Übernehmer gefunden werden können. Er habe diese restlichen Betriebsteile nicht fortgeführt, sondern sie unverzüglich stillgelegt. Wegen der beabsichtigten Betriebsstilllegung habe er bereits ab 07.12.2001 mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und die Eckdaten eines Sozialplans verhandelt. Am 11.12.2001 sei dem Betriebsrat der Entwurf eines Interessenausgleichs nebst Namensliste vorgelegt worden. Dieser Entwurf sei vom Betriebsrat intern beraten und dann von ihm am 12.12.2001 unterzeichnet worden.
In der Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich, welche als Datum den 12.12.2001 aufweist, heißt es:
„Durch Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – Münster, AZ 80 IN 46/01 wurde am 03. Dezember 2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen von S3xxxxx eröffnet. Herr Rechtsanwalt Dr. N1xxxxx K2xxxx wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Unmittelbar nach Insolvenzeröffnung hat Herr Dr. K2xxxx die Zweigniederlassungen R1xxx und S10xxxx an die Firma W2xxxxxx, die Zweigniederlassungen S11xxxxx und S12xxxxxx an die Firma S13xxx und die Zweigniederlassung G2xxx an die Firma P4xxxxxxx veräußert.
Die Niederlassung B6xxxxxxxxxx ist faktisch stillgelegt, da die Mehrzahl der Mitarbeiter die Arbeitsverhältnisse gekündigt haben.
Keine Übernehmer konnten bislang für die Zentrale in R1xxx, für die Zweigniederlassung R4xxxxxxxxxxxx und für den in R1xxx betriebenen Kiosk gefunden werden. Die verbliebenen Betriebsteile können vom Insolvenzverwalter nicht fortgeführt werden und sollen daher unverzüglich stillgelegt werden.”
In § 2 der genannten Betriebsvereinbarung heißt es, dass die Betriebsparteien sich über ...