Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Auslegung eines Sozialplans in der Insolvenz. Zulässigkeit einer Stichtagsregelung, welche Arbeitnehmer ausschließt, die ihr Arbeitsverhältnis vor Insolvenzeröffnung selbst gekündigt haben
Leitsatz (redaktionell)
Es ist zulässig. in einem Sozialplan mit Stichtagsregelung Arbeitnehmer von Leistungen auszunehmen, wenn diese ihr Arbeitsverhältnis vor Insolvenzeröffnung selbst beendet haben. Die Betriebsparteien können nämlich davon ausgehen, dass diese Arbeitnehmer keine oder jedenfalls geringere Nachteile erleiden als diejenigen Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis erst später nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verlieren.
Normenkette
BetrVG § 112 Abs. 1; InsO § 113
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Urteil vom 28.11.2003; Aktenzeichen 3 Ca 957/03) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 1 AZN 942/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 28.11.2003 – 3 Ca 957/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger ein Abfindungsanspruch aus einem nach Insolvenzeröffnung geschlossenen Sozialplan zusteht.
Der am 10.05.1963 geborene Kläger war seit dem 01.01.1988 bis zu seiner Eigenkündigung am 13.02.2002 bei der I1x I2xxx L1xxxxxxx GmbH & Co. KG tätig, über deren Vermögen am 26.02.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Die Beklagte wurde zur Insolvenzverwalterin bestellt. Sie schloss mit dem Betriebsrat am 07.03.2003 einen Sozialplan, in dem es zu seinem Geltungsbereich wie folgt heißt:
„Dieser Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer, die am 01.03.2002 in einem Arbeitsverhältnis mit der Firma I1x standen und aufgrund Kündigung der Insolvenzverwalterin/vorl. Insolvenzverwalterin aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Es gilt auch bei Eigenkündigungen des Arbeitnehmers oder einvernehmlicher Vertragsbeendigung nach erfolgter Kündigung durch die Insolvenzverwalterin.
Er gilt nicht für befristet eingestellte Arbeitnehmer und Aushilfskräfte. Er gilt im Falle einer Betriebsübernahme nicht für solche Mitarbeiter, die unmittelbar von dem Übernehmer – sei es aufgrund § 613 a BGB, sei es aufgrund eines Einzelvertrages, befristet oder unbefristet – übernommen werden.”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sozialplans (Bl. 7 bis 9 d.A) Bezug genommen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Stichtagsregelung benachteilige ihn in unzulässiger Weise. Aus dem Wortlaut des Sozialplans gehe aber schon nicht eindeutig hervor, dass der Stichtag 01.03.2002 auch bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder einvernehmlicher Vertragsbeendigung gelte. Er habe die fristlose Kündigung allein wegen des Zahlungsverzuges der Insolvenzschuldnerin ausgesprochen.
Demgegenüber meint die Beklagte, es sollten nur diejenigen Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten, die noch am 01.03.2002 bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt gewesen seien. Die getroffene Stichtagsregelung beinhalte keine willkürliche Differenzierung. Der Zweck des Sozialplans sei eine Überbrückungshilfe für die Zukunft. Diese sei nicht mehr erforderlich für diejenigen Arbeitnehmer, die bereits vor Insolvenzeröffnung und vor dem Stichtag einen neuen Arbeitplatz gefunden hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 28.11.2003 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der bezifferte Zahlungsantrag des Klägers könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Höhe einer ihm eventuell zustehenden Sozialplanabfindung derzeit noch nicht beziffert werden könne. Auch der Sache nach stehe dem Kläger keine Abfindung zu. Der Geltungsbereich des Sozialplans beziehe sich erkennbar nur auf diejenigen Arbeitnehmer, die am 01.03.2002 noch in einem Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin gestanden hätten. Die Stichtagsregelung sei mit dem allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vereinbar. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
Mit seiner Berufung will der Kläger die Zuerkennung einer Sozialplanabfindung erreichen. Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er vor, da er sein Arbeitsverhältnis am 13.02.2002 selbst fristlos gekündigt habe, sei bereits fraglich, ob er überhaupt unter die im Sozialplan genannte Ausschlussfrist falle. Wenn die Betriebsparteien eine umfassende Ausschlussfrist gewollt hätten, hätte die Stichtagsregelung einen anderen Wortlaut haben müssen. Es bestünden in sachlicher Hinsicht gute Gründe für die umfassende Einbeziehung derjenigen Arbeitnehmer, die durch Eigenkündigungen ausgeschieden seien. Die Insolvenzschuldnerin habe nämlich über einen längeren Zeitraum keine
Lohnzahlungen mehr geleistet. Die Beklagte hätte ihn mit Schreiben vom 05.02.2002 aufgefordert, sein Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung zu beenden. Sein Anspruch auf...