Die Revision wird zugelassen.

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sanierende Übertragung. Auffanggesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung eines Sozialplans in der Insolvenz, der auf einen Interessenausgleich zur sanierenden Übertragung des Unternehmens auf eine Auffanggesellschaft Bezug nimmt.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157; InsO § 123 Abs. 3, § 125 Abs. 1, § 112 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Urteil vom 15.05.2003; Aktenzeichen 4 Ca 3510/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.11.2005; Aktenzeichen 1 AZR 465/04)

BAG (Aktenzeichen 1 AZR 465/03)

 

Tenor

Parallelsache

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 15.05.2003 – 4 Ca 3510/02 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung einer Sozialplanabfindung in Anspruch. Der am 11.12.13xx geborene Kläger war seit 1983 bei der in D2xxxxx ansässigen Firma R1 R2xxxxxxxx GmbH & Co. KG als Betonbauer tätig. Über das Vermögen der genannten Firma wurde am 01.08.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis am 16.08.2002 zum 30.11.2002 mit folgender Begründung:

Die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin schließt eine Sanierung aus eigener Kraft aus. Die zu erwartenden Verluste und die fehlende Liquidität machen eine Betriebsfortführung unmöglich. Es soll eine übertragende Sanierung derart stattfinden, dass das Vermögen und der Auftragsbestand der Insolvenzschuldnerin auf eine Auffanggesellschaft übertragen werden, die den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin teilweise fortführt, wie folgt: Die Betriebsstätten M1xxxxxx und S3. A2xxxxxx werden stillgelegt; die Betriebsstätte H4xx wird in die Betriebsstätte M2xxxxx verlegt. Die Betriebsstätten I1xxx, I2xx-O1xxxxxxx und D2xxxxx bleiben bestehen mit verminderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Da das Dienstverhältnis mit Ihnen von der Auffanggesellschaft nicht übernommen wird, kündige ich Ihnen hiermit das bestehende Arbeits- bzw. Dienstverhältnis mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten gemäß § 113 InsO. …

Unter dem 15.08.2002 kam zwischen dem Beklagten und dem bei der Insolvenzschuldnerin gebildeten Gesamtbetriebsrat ein Interessenausgleich mit Namensliste zustande. Darin heißt es: Es soll eine übertragene Sanierung derart stattfinden, dass das Anlage- und Vorratsvermögen an die Auffanggesellschaft übertragen wird, die den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin teilweise fortführt, wie folgt:

Die Betriebsstätten M1xxxxxx und S3. A2xxxxxx werden stillgelegt.

Die Betriebsstätte H4xx wird in die Betriebsstätte M2xxxxx verlegt.

Die Betriebsstätten I1xxx, I2xx-O1xxxxxxx und D2xxxxx bleiben bestehen mit verminderten

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Durchführung dieser übertragenen Sanierung, die zum Erhalt von 177 Arbeitsplätzen führt, macht die Kündigung von 173 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern notwendig. Der ebenfalls am 15.08.2002 zwischen dem Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat geschlossene Sozialplan enthält folgende Regelungen:

I. Die Betriebsparteien haben am 15. August 2002 einen Interessenausgleich im Hinblick auf die Auflösung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anlässlich der notwendigen Betriebsänderung geschlossen.

In Erfüllung vorstehender Betriebsvereinbarung (Interessenausgleich Ziffer IV.) schließen die Parteien folgende Vereinbarung (Sozialplan):

Der Sozialplan gilt ausschließlich für solche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die am 01. August 2002 in einem Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin standen.

Keine Ansprüche aus dem Sozialplan haben:

  • Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund einer Befristung nach dem 01.08.2002 endet.
  • Arbeitnehmer, die am 01.08.2002 Altersruhegeld erhielten oder rückwirkend zu diesem Termin erhalten.
  • Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch eine vor dem 01.08.2002 ausgesprochene Eigenkündigung endete oder endet.
  • Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis infolge der Betriebsänderung auf einen Übernehmer übergeht oder nicht übergeht, weil der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613 a BGB widerspricht.

2. Arbeitnehmer, bei denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge der Betriebsänderung arbeitgeberseitig oder durch Auflösungsvertrag erfolgt, nehmen wegen des Verlustes ihres Arbeitsplatzes und zur Milderung der damit verbundenen sozialen Härten am Sozialplan teil und erhalten eine Abfindung. Unter II. des Sozialplans wurden die Grundsätze für die Bemessung der Abfindungen festgelegt. Das Sozialplanvolumen wurde auf die Summe des zweieinhalbfachen des jeweiligen Monatseinkommens begrenzt. Bei Überschreitung des Sozialplanvolumens wird die individuelle Abfindung prozentual gekürzt.

Mit Übernahmevertrag vom 21.08.2002 übertrug der Beklagte das gesamte Anlage- und Vorratsvermögen der Insolvenzschuldnerin auf die Auffanggesellschaft, die E1xxxxxxx B3xxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG. Letztere veräußerte das Anlage- und Vorratsvermögen des Standorts S3. A2xxxxxx der...

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