Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Auflösungsvereinbarung. Kündigung bzw. Auflösungsvertrag per SMS. Schriftform. treuwidrige Berufung auf Formmangel. außerordentliche Kündigung wegen Unterschlagung, Urkundenfälschung. Kenntnis des Kündigenden von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen. Lohnansprüche für Zeiträume vor und nach der Kündigung. unzulässige Berufung wegen fehlender Berufungsbegründung
Leitsatz (redaktionell)
Einer Kündigung per SMS mangelt es an der erforderlichen Schriftform. Auch ein Auflösungsvertrag kann nicht durch wechselseitige SMS formwirksam abgeschlossen werden.
Normenkette
ArbGG § 66 Abs. 1; ZPO §§ 519-520; BGB §§ 242, 615, 623, 626 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Teilurteil vom 31.01.2007; Aktenzeichen 4 Ca 1794/06) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 31.01.2007 – 4 Ca 1794/06 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses sowie über Zahlungsansprüche.
Der am 16.05.1977 geborene Kläger ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Seit dem 01.10.2006 stand er aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 23.09.2005 (Bl. 7 ff.d.A.) als Auslieferungsfahrer mit einer zuletzt gezahlten monatlichen Arbeitsvergütung von 1.010,00 EUR brutto zuzüglich eines monatlichen Verpflegungszuschusses in Höhe von 120,00 EUR im Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten, der ein Transportunternehmen mit vier Arbeitnehmern betreibt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages war das Arbeitsverhältnis bis zum 01.10.2006 befristet. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug nach § 4 des Arbeitsvertrages 30 Stunden. Eventuelle für einen geordneten betrieblichen Arbeitsablauf notwendige Überstunden waren mit dem Gehalt abgegolten. Auf die weiteren Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom 23.09.2005 wird Bezug genommen.
Ab Anfang Juni 2006 war der Kläger bis zum 19.06.2006 arbeitsunfähig erkrankt.
Nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit lieferte der Kläger am 20.06.2006 eine Sendung aus und erhielt von dem Kunden eine Nachnahmegebühr in Höhe von 321,90 EUR (Bl. 32 f.d.A.).
Noch am 20.06.2006 sandte der Kläger um 15.03 Uhr eine SMS an den Beklagten mit folgendem Wortlaut:
„Teil mir bitte unverzüglich mit wann ich meinen letzten arbeitstag habe. Ach und meine Abrechnung bitte zu meinen Händen per Post. Danke”
Der Beklagte antwortete per SMS am 21.06.2006 um 13.16 Uhr:
„Bzgl. der gestrigen anfrage heute letzter Arbeitstag! Wagen und Schlüssel bei D2 lassen. Kompl. Abrechnung wird dann bis zum Wochenende erfolgen.”
An diesem Tag hatte der Kläger eine Sendung an den Kunden I1 auszuliefern, für die eine Zollgebühr von 432,16 EUR zu kassieren war. Der Kläger scannte diese Sendung als „nicht zugestellt”. Ob der Kläger den Betrag von 432,16 EUR erhalten hat, ist zwischen den Parteien streitig.
Aufgrund der SMS des Beklagten ließ der Kläger das von ihm geführte Fahrzeug am 21.06.2006 gegen 14.00 Uhr nebst noch auszuliefernden Sendungen auf dem Parkplatz der Firma D2 stehen. Er behielt eine Vielzahl von Tachografenscheiben zurück. Ob er den am 20.06.2006 erhaltenen Betrag von 321,90 EUR sowie die am 21.06.2006 an den Kunden I1 auszuliefernde Sendung in dem ihm überlassenen Fahrzeug belassen hat, ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie die Frage, ob der Kläger Reservereifen zurückgegeben hat.
Nachdem der Kläger vom Beklagten für den Monat Juni 2006 kein Arbeitsentgelt erhalten hatte, beanspruchte der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 04.07.2006, beim Beklagten eingegangen am 06.07.2006, die Arbeitsvergütung für den Monat Juni 2006 nebst Verpflegungspauschale und bot seine Arbeitskraft an (Bl. 13 ff.d.A.).
Der Beklagte kündigte daraufhin mit Telefax sowie mit Brief vom 06.07.2006 (Bl. 19 d.A.), dem Kläger zugegangen am 07.07.2006, das Arbeitsverhältnis fristlos und machte Schadensersatzansprüche wegen der angeblich nicht abgelieferten Beträge von 321,90 EUR und 432,16 EUR geltend.
Mit der am 11.07.2006 beim Arbeitsgericht eingereichten Kündigungsschutzklage wandte sich der Kläger gegen die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 06.07.2006 sowie gegen sonstige Beendigungstatbestände und verlangte seine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen. Ferner machte er Vergütungsansprüche für die Monate Juni und Juli 2006 sowie die Zahlung von Überstunden aus den Monaten Februar bis Juni 2006 in Höhe von insgesamt 2.161,08 EUR geltend.
Der Beklagte erhob im Laufe des Rechtsstreits Widerklage wegen der angeblichen nicht abgelieferten Beträge von insgesamt 754,06 EUR und verlangte die Herausgabe der einbehaltenen Tachografenscheiben sowie des Reservereifens des Fahrzeugs G2-V2 81.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 06.07.2006 sei unwirksam und habe das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Insbesondere könne der Beklagte ihm nicht die Unterschlagung von einkassierten Beträgen vorhalten...