Kündigung wegen drei Europaletten unwirksam

Weil ein Produktionsleiter aus dem Lager drei Europaletten als Brennholz mitgenommen hatte, kündigte der Arbeitgeber ihm fristlos. Die Kündigung war unwirksam, entschied das Landesarbeitsgericht Köln.

Mit einer fristlosen Kündigung zu reagieren, ist zumeist das richtige Mittel, wenn Arbeitnehmende sich schwere Pflichtverletzungen zuschulden kommen lassen - insbesondere dann, wenn sie von strafrechtlichem Belang sind. Im Einzelfall kann eine fristlose Kündigung jedoch unverhältnismäßig sein.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln konnte im vorliegenden Fall wenig kriminelle Energie darin erkennen, dass ein langjähriger Arbeitnehmer drei Europaletten vom Betriebshof mitnahm, um sie beim Osterfeuer des örtlichen Fußballvereins zu verbrennen. Unabhängig davon, ob es sich um neuwertige Paletten - so der Arbeitgeber - oder um alte, beschädigte - so der Arbeitnehmer - handelte, erschien dem Gericht das Gesamtbild der Tat zu banal, als dass nicht eine Abmahnung ausgereicht hätte.

Der Fall: Arbeitgeber kündigt fristlos wegen Diebstahls

Der Arbeitnehmer ist seit 2010 als Produktionsleiter beschäftigt. Das Unternehmen produziert Kabelsysteme für die Bereiche Medizin, Industrie- und Wehrtechnik. Im März 2022 erhielten alle Beschäftigten die Information, dass das Lager ausgemistet werde. Der Arbeitgeber teilte mit, dass geplant sei, am 18. März 2022 zahlreiche Plastikboxen und Kisten zur freien Mitnahme bereitzustellen. An diesem Tag ließ der Arbeitnehmer drei Holpaletten abtransportieren, die später als Brennholz für das Osterfeuer dienten, das der örtliche Fußballverein veranstaltete. Darauf kündigte der Arbeitgeber ihm Ende März fristlos.

Der Arbeitnehmer wehrte sich im Personalgespräch gegen den Vorwurf des Diebstahls mit dem Argument, dass es sich bei den drei Paletten um wertlosen Schrott gehandelt habe. Auch der Betriebsrat sah die fristlose Kündigung kritisch, da es im Betrieb seit jeher üblich sei, dass Einweg-Paletten und beschädigte Paletten als Brennholz mit nach Hause genommen werden durften. Der Arbeitgeber bestand jedoch darauf, dass es neuwertige Palletten gewesen seien und der Arbeitnehmer einen schwerwiegenden Compliance-Verstoß begangen habe, der die fristlose Kündigung rechtfertige.

Keine Kündigung wegen drei Paletten

Das LAG Köln entschied, wie schon die Vorinstanz, dass die fristlose Kündigung unwirksam war. Das Arbeitsverhältnis wurde somit nicht aufgelöst. Das Gericht stellte fest, dass keine Tatsachen vorlagen, die einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen und damit eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnten. Es sei zwar eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, wenn er einen Gegenstand, der sich im Gewahrsam des Arbeitgebers befindet - wie hier die Paletten -, ohne dessen ausdrückliches Einverständnis vom Betriebsgelände schaffe und im Osterfeuer auf dem Sportplatz vernichten lasse. Grundsätzlich sei diese mögliche Unterschlagung "an sich" ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung, wobei es nicht auf den Wert ankomme oder die strafrechtliche Würdigung, wie das Gericht mitteilte.

Tat zu banal für Kündigung

Zugunsten des Arbeitgebers ging das LAG Köln jedoch davon aus, dass es sich um neuwertige Paletten gehandelt habe. Die erforderliche Interessensabwägung, die das Gericht vornahm, fiel vorliegend dann aber zuungunsten des Arbeitgebers aus. Aus Sicht des LAG Köln hätte es ausgereicht, auf die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers - das Wegschaffen dreier neuwertiger Paletten - mit einer Abmahnung zu reagieren. Dies hätte als Warnung gereicht, um ihn anzuhalten, künftig das Recht des Arbeitgebers an Sachen seines Gewahrsams besonders sorgfältig zu achten. Eine Abmahnung war auch nicht im Hinblick auf eine etwaige Schwere des Vorwurfs entbehrlich. Dafür sei der Wert der Paletten - üblicherweise kosten diese zwischen 10 und 15 Euro pro Stück - zu gering.

Eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung war aus Sicht des LAG Köln dagegen unverhältnismäßig: Es gehe um einen Schaden von unter 50 Euro; zudem habe der Arbeitnehmer bei der Tat wenig kriminelle Energie gezeigt, da die Tatbegehung nicht heimlich, sondern im Beisein mehrerer Mitarbeitender passierte. Das Gesamtbild der Tat, nämlich das Verbrennen von Verpackung beim Osterfeuer, sei für eine fristlose Kündigung nach langjähriger unproblematischer Beschäftigung einfach zu banal.

Hinweis: LAG Köln, Urteil vom 6. Juli 2023, Az: 6 Sa 94/23; Vorinstanz: Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 11. Januar 2023, Az: 4 Ca 697/22


Das könnte Sie auch interessieren:

Fristlose Kündigung wegen Alkoholgelage

Außerordentliche Kündigung wegen privater Nutzung einer dienstlichen Tankkarte

Geklaute Fleischstückchen und falsche Pfandbons: Eine Übersicht zu Bagatellkündigungen


Schlagworte zum Thema:  Fristlose Kündigung, Abmahnung, Urteil, Diebstahl