Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Überprüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses des Geschäftsführers einer GmbH
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Geschäftsführers einer GmbH ist gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht auf ihre soziale Rechtfertigung zu prüfen, wenn der Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht abberufen ist.
2. Dabei ist rechtlich unerheblich, wenn die Abberufung einen Tag nach Zugang der Kündigung erfolgt.
3. Das gilt auch dann, wenn die Abberufung erst nach Ausspruch der Kündigung erfolgt, obwohl sie von der Gesellschafterversammlung bereits vor Ausspruch der Kündigung beschlossen worden war.
Normenkette
KSchG § 14 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 162
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 14.07.2016; Aktenzeichen 4 Ca 2175/15) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 14.07.2016 - 4 Ca 2175/15 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Vertragsverhältnisses.
Der am 20.12.1957 geborene Kläger war seit dem 01.07.2002 Geschäftsführer einer Rechtsvorgängerin der Beklagten. Ausweislich der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt vom 11.06.2007 (Bl. 86, 87 d. A.) wurde er in der Gesellschafterversammlung vom 18.04.2007 zum Geschäftsführer der Firma L GmbH bestellt. Seit 2014 firmierte diese als K E GmbH. Diese verschmolz als übertragende Rechtsträgerin aufgrund eines Verschmelzungsvertrags vom 10.06.2016 mit der K F GmbH, der jetzigen Beklagten. Wegen der Einzelheiten der Verschmelzung wird auf ihren Schriftsatz vom 14.12.2016 (Bl. 151, 152 d.A.) verwiesen.
In 2012 schlossen der Kläger und die L GmbH einen Anstellungsvertrag (Bl. 9 - 17 d. A.) Unter den Überschriften "Tätigkeit" und "Vertragsdauer und Kündigung" hielten die Parteien fest, dass der Kläger seit dem 01.07.2002 als Geschäftsführer tätig war und insoweit eine Anrechnung seiner Betriebszugehörigkeit erfolgt. Gleichzeitig vereinbarten sie eine Kündigungsfrist von sechs Monaten jeweils zum 30.06. und 31.12. eines Jahres.
Ausweislich der Niederschrift über eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Firma K E GmbH beschloss die K und Q mbH als Alleingesellschafterin, die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer mit Ablauf des 30.09.2015 zu widerrufen und den Dienstvertrag zum nächstmöglichen Termin, nämlich zum 30.06.2016 ordentlich zu kündigen. Gleichzeitig wurde die Geschäftsführerin A ermächtigt, das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber dem Kläger bis auf weiteres auszuüben und ihm den Gesellschafterbeschluss mitzuteilen.
Mit Schreiben vom 29.09.2015 widerrief die Beklagte unter Vorlage einer Ausfertigung des Protokolls der Gesellschafterversammlung seine Bestellung zum Geschäftsführer mit Wirkung zum 30.09.2015 und kündigte den Dienstvertrag ordentlich zum 30.06.2016. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die von dem Kläger mit der Klageschrift vorgelegte Kopie (Bl. 7, 8 d. A.) Bezug genommen.
Seine Abberufung als Geschäftsführer wurde am 21.10.2016 in das Handelsregister eingetragen.
Mit seiner am 19.10.2015 bei dem Arbeitsgericht Hagen eingegangenen Klage wendet er sich gegen die Kündigung des vom ihm als Arbeitsverhältnis qualifizierten Vertragsverhältnisses.
Er hat die Auffassung vertreten, das Kündigungsschutzgesetz sei auf die Kündigung anwendbar, sie sei sozial ungerechtfertigt.
Er hat dazu ausgeführt:
§ 14 Abs. 1 Nr.1 KSchG sei nicht anwendbar. Die Vorschrift enthalte eine Fiktion, wie sie auch nach § 5 ArbGG bestehe. Deshalb seien die Grundsätze des Bundesarbeitsgericht aus einer Entscheidung vom 22.10.2014 (10 AZB 46/14) zu berücksichtigen. Es reiche es aus, dass zum Zeitpunkt der Klagezustellung keine Geschäftsführerfunktion mehr bestanden habe. Der Gedanke der Manipulation liege auch hier nahe, da die Beklagte den zeitlichen Ablauf von Kündigung und Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer habe steuern können. Es stelle sich die Frage, warum seine Abberufung erst zum 30.09.2015 erfolgt sei, obwohl der entsprechende Beschluss auf den 04.09.2015 datiere.
Er sei sozial schutzbedürftig wie jeder Arbeitnehmer.
Der Kläger hat behauptet:
Die Beklagte unterhalte zwei Betriebsstätten in H und F die als ein Betrieb anzusehen seien. Insgesamt beschäftige sie an ihren Standorten mehr als zehn Arbeitnehmer.
Faktisch habe er aufgrund der Unterstellung unter das Weisungsrecht der Geschäftsführerin A keine Geschäftsführertätigkeit mehr entwickelt und entwickeln dürfen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29.09.2015 beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten:
Das Kündigungsschutzgesetz sei nicht anwendbar, da der Kläger zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 29.09.2015 n...