Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Schwellenwerts von zehn Arbeitnehmern für die Anwendbarkeit des KSchG
Leitsatz (redaktionell)
Der bloße Entschluss des Arbeitgebers allein, seinen Betrieb künftig auf Dauer mit nicht mehr als zehn Arbeitnehmern fortzusetzen, führt für sich genommen nicht zur Unterschreitung des Schwellenwertes. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Personalabbau auf einer unternehmerischen Entscheidung beruht, aus der sich ergibt, wie viele Arbeitnehmer voraussichtlich insgesamt entlassen werden. Eine einheitliche Planungsentscheidung kann auch stufenweise durchgeführt werden. Dabei sind die gekündigten Arbeitnehmer selbst dann zu berücksichtigen, wenn die unternehmerische Entscheidung vorsieht, ihre Arbeitsplätze nicht neu zu besetzen, wenn er demnach den Betrieb einschränkten will.
Normenkette
BEEG § 21 Abs. 7; KSchG § 23 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 13.01.2016; Aktenzeichen 4 Ca 1719/15) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13.01.2016 - 4 Ca 1719/15 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 24.06.2015 nicht zum 30.09.2015 aufgelöst worden ist.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Endzeugnis zu erteilen, das sich auf Art, Dauer sowie Verhalten und Leistung während des Arbeitsverhältnisses erstreckt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz trägt die Klägerin zu 60 %, der Beklagte zu 40 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt jede Partei zu 50 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung des Beklagten beendet ist.
Die 1983 geborene, verheiratete, gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin war seit dem 01.03.2005 als zahnmedinzinische Angestellte im Tätigkeitsbereich der Prophylaxe/Recall/Betreuung Schulen/Kindergarten bei dem Beklagten tätig, der eine Zahnarztpraxis führt.
Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 25.05.2011 (Bl. 7 - 19 d.A.) zugrunde. Die Klägerin erzielte bei einer Teilzeitbeschäftigung von zuletzt 24 Wochenstunden ein monatliches Gehalt von 1.320,83 € brutto.
Die Parteien streiten darüber, wie viele Mitarbeiter ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten bei dem Beklagten tätig sein.
Mit Schreiben vom 25.03.2015 kündigte der Beklagte das zu der Mitarbeiterin S-C bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.06.2015. Am 25.02.2016 schloss er mit ihr in dem Rechtsstreit 15 Sa 1671/15 - Landesarbeitsgericht Hamm - einen gerichtlichen Vergleich, nach dem das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 30.06.2015 beendet ist.
Der Beklagte beschäftigte im Juni 2015 die Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen T, T1, I, E und L mit 40 Wochenstunden sowie die Mitarbeiterin Q mit 35 Wochenstunden und die Mitarbeiterin M mit 30 Wochenstunden. Weiterhin war bei ihm I1 mit 10 Wochenstunden tätig. Hinzu kamen zwei Auszubildende.
Mit Schreiben vom 08.06.2015 (Bl. 22 d. A.) legte der Beklagte den Arbeitsumfang der Klägerin mit 18 Wochenstunden zu veränderten Einsatzzeiten fest. In einem Gespräch am 16.06.2015 lehnte sie die Reduzierung ihrer Arbeitszeit ab.
Mit Schreiben vom 22.06.2015 (Bl. 23 d. A.) erteilte ihr der Beklagte eine Abmahnung mit der Begründung, sie habe am 18.06.2015 ohne Abmeldung und Genehmigung ihrer Arbeitszeit statt um 18.00 Uhr um 14.44 Uhr beendet. Sie war anschließend arbeitsunfähig krank.
Mit Schreiben vom 24.06.2015 (Bl. 21 d. A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt, nach seiner Berechnung zum 30.09.2015.
Mit Schreiben vom 25.06.2015 (Bl. 118 d. A.) kündigte er das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin E zum 30.09.2015. Am 02.02.2016 einigte er sich mit ihr in dem vor dem Arbeitsgericht Bielefeld unter dem Az. 1 Ca 1688/15 geführten Verfahren auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2015 (Bl. 119 - 121 d. A.). Der Vergleich ist bestandskräftig.
Mit Schreiben ebenfalls vom 25.06.2015 (Bl. 126 d. A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters L betriebsbedingt zum 30.09.2015 und bot ihm an, das Arbeitsverhältnis mit 20 Wochenstunden bei einem reduzierten Gehalt fortzusetzen (Bl. 125 d. A.). Mit Schreiben vom 06.07.2015 nahm Herr L das Änderungsangebot an.
Mit Schreiben vom 07.07.2015 (Bl. 122, 123 d. A.) teilte der Beklagte der BKK Pfalz mit, dass die mit 40 Wochenstunden beschäftigte Mitarbeiterin G wegen ihrer Schwangerschaft nicht mehr in der Assistenz eingesetzt, sondern nur noch mit acht Wochenstunden in der Rezeption tätig sein könne; im Übrigen sei sie von der Arbeitsleistung freigestellt.
Mit Schreiben vom 12.10.2015 (Bl. 123 d. A.) sprach er gegenüber der Mitarbeiterin Q eine Änderungskündigung zum 31.12.2015 mit dem Angebot aus, ihre Wochenarbeitszeit von 35 Stunden auf 25 Stunden zu redu...