Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Auflösungsantrag des Arbeitgebers. Teilurteil über die Sozialwidrigkeit der Kündigung. Teilurteil bei Entscheidungsreife des Kündigungsrechtsstreits
Leitsatz (amtlich)
Zulässigkeit eines Teilurteils über die Unwirksamkeit der Kündigung trotz Auflösungsantrages des Arbeitgebers gemäß § 9 KSchG
Ist der Kündigungsrechtsstreit allein hinsichtlich der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung, nicht hingegen hinsichtlich des vom Arbeitgeber hilfsweise gestellten Auflösungsantrages entscheidungsreif, kommt - entgegen der Rechtsprechung des BAG - der Erlass eines Teilurteils in Betracht.
Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die Entscheidung über den Auflösungsantrag nicht allein von der Unwirksamkeit der im selben Rechtsstreit angegriffenen Kündigung abhängt, vielmehr in weiteren Verfahren über die Wirksamkeit anderer Kündigungen zum selben Termin und zu späteren Terminen sowie über Inhalt und Reichweite der in Vorprozessen ergangenen rechtskräftigen Urteile gestritten wird.
Normenkette
KSchG §§ 1, 4, 9
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Entscheidung vom 22.11.2012; Aktenzeichen 1 Ca 2007/11) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 22.11.2012 - 1 Ca 2007/11 - insoweit aufgehoben, als das Arbeitsgericht die Hilfswiderklage abgewiesen und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt hat.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Tatbestand
Die Parteien streiten in mehreren Verfahren um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
Der vorliegende Rechtsstreit betrifft zum einen die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung vom 28.11.2011, welche die Beklagte als außerordentliche fristlose Kündigung, als außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist und als ordentliche Kündigung mit Wirkung zum 30.06.2012 ausgesprochen hat. In der Sache stützt die Beklagte die Kündigung auf den Vorwurf, der seinerzeit arbeitsunfähig krankgeschriebene Kläger habe in einem Telefonat mit dem Personalleiter unzutreffende Angaben über einen angeblichen Arztbesuch zwecks Verbandswechsels gemacht, was der Kläger bestreitet.
Zum anderen begehrt die Beklagte im Wege der Hilfswiderklage die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis - unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Kündigung vom 28.11.2011 - jedenfalls mit dem 30.06.2012 sein Ende gefunden habe, da der Kläger weitere Kündigungen nicht umfassend angegriffen und so die Beendigung zum genannten Zeitpunkt hingenommen habe. Hierzu verweist die Beklagte auf folgenden Sachverhalt:
Bereits vor Ausspruch der Kündigung vom 28.11.2011, und zwar unter dem 11.11., 15.11. und 25.11.2011 hatte die Beklagte weitere Kündigungen gegenüber dem Kläger ausgesprochen, welche Gegenstand des klagestattgebenden rechtskräftigen Urteils des ArbG Paderborn vom 17.02.2012 im Verfahren 3 Ca 1909/11 = LAG Hamm 16 Sa 533/12 waren. Ob durch diese Entscheidung auch die im betreffenden Urteilstenor nicht ausdrücklich erwähnte außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25.11.2011 mit sozialer Auslauffrist zum 30.06.2012 für unwirksam erklärt worden ist, ist unter den Parteien streitig. Über den Antrag des Klägers auf Urteilsberichtigung oder Fortsetzung des Verfahrens hat das Arbeitsgericht bislang keine förmliche Entscheidung getroffen. Nach Auffassung der Beklagten scheidet eine Berichtigung oder Ergänzung des betreffenden Urteils aus Rechtsgründen aus. Demgemäß sei das Arbeitsverhältnis spätestens mit dem 30.06.2012 beendet.
Entsprechendes - nämlich die Beendigung spätestens zum 30.06.2012 - gelte auch aufgrund der nachfolgenden arbeitgeberseitigen außerordentlichen und ordentlichen Kündigung vom 05.12.2011, welche Gegenstand des Verfahrens ArbG Paderborn 2 Ca 780/12 war. Insoweit habe das Arbeitsgericht durch rechtskräftiges Versäumnisurteil allein die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung festgestellt. Nachdem in jenem Verfahren der Antrag des Klägers auf Berichtigung des Urteilstenors erfolglos geblieben und der Antrag auf Erlass eines Ergänzungsurteils - nach Rücknahme der Berufung im Verfahren LAG Hamm 8 Sa 83/11 rechtskräftig - abgewiesen sei, stehe die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2012 fest.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 28.11.2011, noch durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten mit sozialer Auslauffrist vom 28.11.2011, noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.11.2011 beendet worden ist, sondern unverändert fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise widerklagend
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien - unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung vom 28.11.2011 - jedenfalls nicht über den 30.06.2012 hinaus besteht.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage a...