Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösungsantrag des Arbeitsgebers. Außerordentliche Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber kann im Rechtsstreit über eine von ihm erklärte außerordentliche Kündigung einen Auflösungsantrag nicht stellen, weil der Gesetzgeber eine unwirksame außerordentliche Kündigung als eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung des Arbeitgebers ansieht. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund einer kirchenrechtlichen Bestimmung das Recht der ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist.
Normenkette
KSchG § 9; BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Urteil vom 12.11.2001; Aktenzeichen 3 Ca 76/01) |
Tenor
1.Die Berufung des beklagten Kirchenbezirk gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 12. November 2001 – Az.: 3 Ca 76/01 – wird auf Kosten des Berufungsführers als unbegründet zurückgewiesen.
2.Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist sowie um die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers. Die Beklagte hat einen Auflösungsantrag gestellt.
Der am 29. Mai 1952 geborene, nicht verheiratete Kläger ist drei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Er wurde auf Grund eines Dienstvertrages vom 29. Juli 1998 ab dem 1. August 1998 als Geschäftsführer der xxxxxxxxxxxx Bezirksstelle xxxxxxxxxxxxxx als xxxxxxxxxxxxxxxxx angestellt. Nach § 2 des Dienstvertrages sollten die Bestimmungen der xxxxxxxxx Anstellungsordnung (xxxx) in der jeweils geltenden Fassung und im Übrigen die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission der xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx in Württemberg auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Die Monatsvergütung belief sich zuletzt auf 6.525,00 DM. Aus der Stellenbeschreibung der Vorgängerin des Klägers ergeben sich die Aufgaben des Klägers im Einzelnen. Der Kläger ist Mitglied des xxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxx in xxxxxxxxxxxxxxxx. Unter § 7 Abs. 3 des Kirchlichen Gesetz über die Rechtsverhältnisse der xxxxxxxxx und xxxxxxx in der xxxxxxxxxxxxx Landeskirche in Württemberg vom 23. Oktober 1995 ist bestimmt:
„Die ordentliche Kündigung durch den Anstellungsträger ist ausgeschlossen, wenn sich der Diakon/Diakonin in einer zweijährigen Tätigkeit bewährt hat. Diese Bewährungszeit kann höchstens um ein Jahr verlängert werden.”
§ 6 des Kirchengesetzes sieht vor, dass, sofern das Dienstverhältnis durch außerordentliche Kündigung endet, ein Diakon seine Anstellungsfähigkeit und damit das Recht, sich Diakon zu nennen, verliert.
In der kirchlichen Verordnung über die diakonische Arbeit in den Kirchenbezirken i.d.F. vom 27. Oktober 1992 ist unter 3.3 ausgeführt:
Über die Beauftragung mit der Geschäftsführung und über die Anstellung und Entlassung eines für die Geschäftsführung vorgesehenen Mitarbeiters beschließt im Rahmen des Stellenplans der Diakonische Bezirksausschuss in gemeinsamer Sitzung mit dem Kirchenbezirksausschuss. Das Einvernehmen mit dem Diakonischen Werk der evangelischen Kirche in Württemberg ist herzustellen.
In der Sitzung des Diakonischen Bezirksausschusses am 19. Januar 1999 (Protokoll ABl. 90/91) wurde der Beschluss gefasst, den Kläger in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Probezeit zu übernehmen. Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung wandte sich am 9. Dezember 1999 an den Beklagten und teilte mit, er erachte ein Dienststellenleitergespräch für dringend erforderlich; es müssten eine Reihe von Gesprächsthemen erörtert werden.
Am 1. Februar 2000 fand ein solches Gespräch unter Teilnahme des Klägers und der Mitarbeiter der Diakonischen Bezirksstelle sowie der Mitglieder des Diakonischen Bezirksausschusses statt. Der Diakonische Bezirksausschuss fasste den Beschluss zur Durchführung einer Supervision, die an sechs vollen Arbeitstagen, verteilt auf die nächsten sechs bis acht Monate, stattfinden sollte. Am 4. Dezember 2000 fand ein Supervisionsgespräch statt. Der Diakonische Bezirksausschuss fasste am 15. Dezember 2000 den Beschluss, sich vom Kläger – falls er mit einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsvertrages nicht einverstanden sei – durch ordentliche Kündigung zu trennen. Dem Kläger wurde die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses am 18. Dezember 2000 mit Bedenkzeit bis zum 8. Januar 2001 angeboten. Dieses lehnte er Anfang Januar 2001 ab.
Nach den von dem Beklagten vorgelegten Unterlagen stimmte die Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 8. Februar 2001 der außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist zu. Der Kirchenbezirksausschuss fasste einen entsprechenden Beschluss am 25. Januar 2001 wie auch der Diakonische Bezirksausschuss am 30. Januar 2001.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 13. Februar 2001 außerordentlich mit einer der gesetzlichen Kündigungsfrist entsprechenden sozialen Auslauffrist zum 31. März 2001. Der Kläger ist seit dem 19. Dezember 2000 freigestellt. Er hat die Kündigung mit der am 6. März 2001 erhobenen Klage angegriffen.
Der Kläger hat im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigu...