Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung. Mitbestimmung. Elternzeit. Teilzeit. Umfang der Mitbestimmung der Arbeitszeit von Mitarbeitern/innen in Teilzeit während der Elternzeit
Leitsatz (amtlich)
Die Vereinbarung und der Einsatz von Mitarbeitern/innen in Teilzeit während der Elternzeit, die vor der Elternzeit vollbeschäftigt waren, ist gemäß §§ 99, 100 BetrVG mitbestimmungspflichtig.
Normenkette
BetrVG §§ 100, 99; BEEG § 15
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 12.10.2011; Aktenzeichen 5 BV 117/11) |
Tenor
1.
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 12.10.2011 - 5 BV 117/11 - abgeändert.
2.
Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, den Beteiligten zu 1) über die Lage und Verteilung der Arbeitszeit aller Teilzeitmitarbeiter/innen auf die Wochentage zu informieren, seine Zustimmung zu beantragen und für den Fall der Zustimmungsverweigerung das Einigungsstellenverfahren durchzuführen.
3.
Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es künftig zu unterlassen, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit bei Teilzeitmitarbeiter/innen auf die Wochentage einseitig, ohne Zustimmung des Beteiligten zu 1) oder einen die Zustimmung ersetzenden Spruch einer Einigungsstelle festzulegen bzw. zu ändern.
4.
Der Beteiligten zu 2) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Entscheidung entsprechend Ziffer 3) des Tenors ein Ordnungsgeld in Höhe von maximal 10.000,00 € angedroht.
5.
Es wird festgestellt, dass die Vereinbarung und der Einsatz von Mitarbeitern/innen in Teilzeit während der Elternzeit mit Mitarbeiter/innen, die zuvor vollzeitbeschäftigt waren, dem Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) gemäß §§ 99, 100 BetrVG unterliegt.
6.
Die Rechtsbeschwerde wird hinsichtlich der Tenorierung in Ziffer 5 zugelassen. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über das Bestehen von Mitbestimmungsrechten des Beteiligten zu 1) bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten sowie über dessen Beteiligung bei der Teilzeitbeschäftigung von Mitarbeitern/innen in der Elternzeit, die zuvor vollzeitbeschäftigt waren. Der Beteiligte zu 1) ist der in der K Geschäftsstelle der Beteiligten zu 2) bestehende 9-köpfige Betriebsrat.
In der Vergangenheit haben mehrere teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit der Beteiligten zu 2) Vereinbarungen über eine Änderung des Umfangs und der Lage ihrer Arbeitszeit getroffen. Der Beteiligte zu 1) hat insoweit ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG geltend gemacht. Ebenfalls als mitbestimmungspflichtig nach dieser Vorschrift hat der Beteiligte zu 1) die in der Vergangenheit erfolgten Teilzeitbeschäftigungen von Mitarbeiterinnen in der Elternzeit angesehen, die zuvor vollzeitbeschäftigt tätig waren. In beiden Fällen hat die Beteiligte zu 2) das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts bestritten
Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,
1.
der Beteiligten zu 2) aufzugeben, den Beteiligten zu 1) um Zustimmung zur Festlegung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage aller Teilzeitmitarbeiter/innen zu bitten und für den Fall der Zustimmungsverweigerung das Einigungsstellenverfahren durchzuführen;
2.
der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es künftig zu unterlassen, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage bei Teilzeitmitarbeitern/innen einseitig, ohne Zustimmung oder einen die Zustimmung ersetzenden Spruch einer Einigungsstelle festzulegen bzw. zu ändern;
3.
der Beteiligten zu 2) für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Entscheidung entsprechend dem Antrag zu 2. ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gesetzt wird, anzudrohen;
4.
der Beteiligten zu 2) zu untersagen, künftig mit zuvor vollzeitig beschäftigten Mitarbeitern/innen nach vollständiger Freistellung in der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit zu vereinbaren, ohne den Beteiligten zu 1) hierbei rechtzeitig gemäß §§ 99, 100 BetrVG zu beteiligen;
5.
der Beteiligten zu 2) für den Fall der Zuwiderhandlung gegen den Antrag zu 4. ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gesetzt wird, anzudrohen.
Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2) hat vorgetragen, die Arbeitszeitänderungen der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer seien ausschließlich auf deren individuell geäußerten Wunsch erfolgt. Dementsprechend fehle es bereits an einem kollektiven Bezug, so dass ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) von vornherein ausscheide. Außerdem habe der Beteiligte zu 1) ein eventuell bestehendes Mitbestimmungsrecht jedenfalls mit den geltenden Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeit bereits ausgeübt und somit verbraucht.
Bezüglich der Elternteilzeitbeschäftigung von Mitarbeitern, die bereits im Betrieb beschäftigt sind, hat die Beteiligte zu 2) das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Beteiligten zu 1) verneint. Sie hat gemeint, aufgrund der Regelungen im BEEG sei die Teilzeitbeschäftigung als gesetzlicher Anspruch ausgestaltet. Weg...