Verfahrensgang
ArbG Köln (Aktenzeichen 1/6 Ca 762/94) |
Tenor
1) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 1/6 Ca 762/94 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2) Streitwert: unverändert.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen, vorsorglich fristgemäß ausgesprochenen Kündigung vom 24. Januar 1994.
Die beklagte GmbH mit Sitz in Saarbrücken betreibt eine Spedition. Deren Niederlassung in Köln, bei der ein Betriebsrat gebildet ist, unterhält ein Lager, in dem leicht brennbare Waren aufbewahrt werden. Mit Rücksicht darauf ist dort Rauchen und offenes Feuer verboten. Der Kläger wird in diesem Lager seit Februar 1992 als Lagerarbeiter beschäftigt. Am 11. Januar 1994 brachte der Kläger zum Arbeitsplatz Feuerwerkskörper mit, die dort an diesem Tage auch gezündet wurden. Mit dem Vorwurf, der Kläger sei dafür verantwortlich, weil er die Feuerwerkskörper an Kollegen verteilt habe, suspendierte ihn die Beklagte und verwies ihn des Betriebes. Tags darauf, am 12. Januar 1994, übergab die Beklagte der Vorsitzenden ihres Betriebsrats, der Zeugin S., das Anhörungsschreiben zur beabsichtigten Kündigung des Klägers (Bl. 33 d.A.), das wegen der Gründe Bezug nimmt „auf die zwischen Herrn C. und dem Betriebsrat geführten Gespräche”. Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigen Kündigung mit Schreiben vom 13. Januar 1994, „da § 102 Abs. 1 BetrVG in diesem Fall nicht eingehalten” worden sei (Bl. 12 d.A.). Mit Schreiben vom 24. Januar 1994 (Bl. 11 d.A.), am selben Tage zugegangen, kündigte die Beklagte „aus den Ihnen bekannten Gründen” fristlos, vorsorglich fristgerecht „zum nächstmöglichen Zeitpunkt”.
Der Kläger hat die vorliegende, am 27. Januar 1994 bei Gericht eingegangene Kündigungsschutzklage zunächst gegen eine Kündigung vom 11. Januar 1994 gerichtet mit der Behauptung, der Zeuge C. habe die Suspendierung an diesem Tage mit dem auf ausdrückliches Befragen gegebenen Hinweis verbunden, er könne dies als fristlose Kündigung auffassen. Später hat er die Klage „zur Klarstellung” auch gegen die schriftliche Kündigung vom 24. Januar 1994 gerichtet – allerdings erst mit Schriftsatz vom 28. Juli 1994. Er hat behauptet, die Beklagte habe dem Betriebsrat über das Anhörungsschreiben hinaus keine weiteren Informationen zum Kündigungssachverhalt erteilt; dieser stelle sich zudem anders dar: Er habe die Feuerwerkskörper nicht verteilt, sondern lediglich mit sich geführt; Kollegen müßten sie eigenmächtig an sich genommen haben. Nach Klarstellung durch die Beklagte, daß es außer der Kündigung vom 24. Januar 1994 keinen weiteren Beendigungstatbestand gebe, insbesondere keine Kündigung vom 11. Januar 1994, hat der Kläger den ursprünglichen Klageantrag zurückgenommen und nur noch beantragt
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 24. Januar 1994 nicht aufgelöst ist;
- die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.000,– DM brutto (Verzugslohn für die Zeit von Januar bis August 1994) abzüglich 5.991,20 DM netto (Arbeitslosengeld) nebst 4% Zinsen aus dem Restnettobetrag seit dem 06.09.1994 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und zunächst in der Klageerwiderung vom 10.03.1994 behauptet, der Kläger habe die Feuerwerkskörper verteilt. Mit Schriftsatz vom 02.05.1994 hat sie zur Betriebsratsanhörung ausgeführt: Bei Übergabe des Anhörungsschreibens an die Betriebsratsvorsitzende habe der Zeuge C. mündliche Erläuterungen gegeben und dabei den Kündigungssachverhalt, wie er in der Klageerwiderung dargestellt worden sei, geschildert (Bl. 29 d.A.). Nach Ablauf der vom Arbeitsgericht bis zum 22.08.1994 gesetzten Ausschlußfrist hat die Beklagte alsdann mit Schriftsatz vom 05.09.1994, bei Gericht eingegangen am Nachmittag vor dem Verhandlungstermin, vorgetragen, der Kläger habe die Feuerwerkskörper nicht nur mitgebracht und verteilt, sondern auch selbst gezündet und sich im übrigen in allen Fällen in unmittelbarer Nähe der Personen befunden, die die Feuerwerkskörper gezündet hätten; sodann heißt es a.a.O., der Zeuge C. habe den Betriebsrat „zum dargelegten Sachverhalt” am 12. Januar 1994 angehört. Im Kammertermin am nächsten Tag war u.a. der Zeuge C. präsent. Der Klägervertreter hat in diesem Termin das neue Vorbringen bestritten und als verspätet gerügt; im übrigen hat er zur Einräumung des rechtlichen Gehörs um Schriftsatznachlaß gebeten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 06.09.1994 stattgegeben und den Streitwert auf 27.808,80 DM festgesetzt. Im Urteil hat es das neue Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 05.09.1994 als verspätet zurückgewiesen – und zwar nach § 296 Abs. 2 i.V.m. § 282 Abs. 2 ZPO; die Anwesenheit gestellter Zeugen stehe einer Verzögerung nicht entgegen, da die Gegenseite einen Anspruch darauf habe, sich vor Durchführung einer Beweisaufnahme auf diese vorzubereiten, um evtl. Gegenbeweise zu benennen; jedenfalls sei zur Aufklärung der erstmals rele...