Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung. Arbeitnehmerüberlassung. Zeit- und Umstandsmoment
Leitsatz (amtlich)
Das Recht, im Falle der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung, den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zum Verleiher geltend zu machen, kann verwirken. Wegen der Eilbedürftigkeit der Klärung des Bestands des Arbeitsverhältnisses kann das Zeitelement der Verwirkung jedenfalls nach Ablauf von etwa einem Jahr gegeben sein.
Normenkette
AÜG § 9 Nr. 1, § 10
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 12.09.2002; Aktenzeichen 11 Ca 2727/02) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.09.2002 – 11 Ca 2727/02 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war vom 25.03.1999 bis zum 31.12.2000 bei der K. M. – und V. G. & C. K. (nachfolgend K. K.) als Sicherungskraft beschäftigt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 30.03.1999 (Blatt 15 der Akte). Sein Verdienst betrug etwa 1.800 EUR brutto. Seit dem Jahre 1990 stellte K. Sicherungskräfte für den Flughafen K. /B. ab. Im Jahre 1999 schloss sie zusätzlich mit der Beklagten einen Vertrag über Werkschutzdienste ab. In diesem Zusammenhang setzte die K. K. den Kläger als sogenannte Werkschutzfachkraft am Flughafen K. /B. ein. Die K. K. besitzt keine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 AÜG zur Überlassung von Arbeitnehmern.
Die K. K. sprach gegenüber dem Kläger die fristgerechte Kündigung zum 31.12.2000 aus. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage und machte Annahmeverzugslohn geltend.
Mit Schreiben vom 08.01.2001 wandte sich der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten an die Beklagte und vertrat die Ansicht, wegen unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung nunmehr Arbeitnehmer der Beklagten zu sein. Er forderte die Beklagte auf, schriftlich anzuerkennen, dass sie Arbeitgeberin des Klägers sei. Die Beklagte wies dies mit Schreiben vom 23.01.2001 zurück. Wörtlich heißt es in dem Schreiben:
„In der Sache sehe ich bislang keinen Anlass, das von Ihnen geforderte Anerkenntnis abzugeben und verweise insoweit auf die im Urteil des BAG vom 31.03.1993 (7 AZR 338/92) aufgestellten Kriterien zur Arbeitnehmerüberlassung, die vorliegend offensichtlich nicht erfüllt sind.”
Der Kläger wartete zunächst den weiteren Fortgang des Kündigungsschutzverfahrens gegen die K. K. ab, bis er mit Schreiben vom 15.03.2001 an die Beklagte und an die D. A. G. Resturlaub für das Jahr 2000 sowie neuen Urlaub beantragte. Das Schreiben endet mit dem Hinweis:
„Sollte ich bis zum 01.04.2001 nicht gegenteiliges von Ihnen hören, gehe ich davon aus, dass die o.g. Urlaubszeiten genehmigt sind.”
Beide Unternehmen reagierten auf dieses Schreiben nicht.
Unter dem 18.05.2001 schlossen der Kläger und die K. K. im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht Köln einen Vergleich, dessen Inhalt auszugsweise wie folgt lautet:
1. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche, arbeitgeberseitige, betriebsbedingte Kündigung vom 14. November mit dem 31. Dezember 2000.
2. Bis zu diesem Zeitpunkt wird das Arbeitsverhältnis unter Fortzahlung der Bezüge ordnungsgemäß abgewickelt. …
5. Die Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger als Entschädigung gemäß §§ 9, 10 KSchG, 3 Ziff. 9 EStG 9.500,– DM zu zahlen.
6. … Es sind alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien ausgeglichen.
Unter dem 15.03.2002 erhob der Kläger gegen die Beklagte Klage auf Feststellung des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Parteien seit dem 25.03.1999. Die Klage wurde der Beklagten am 20.03.2002 zugestellt.
Der Kläger hat behauptet, in den Betriebsablauf und die Weisungshierarchie der Beklagten eingebunden gewesen zu sein. Ihm seien sämtliche Anweisungen durch Mitarbeiter der Beklagten erteilt worden, Rücksprache mit der K. K. wegen Arbeitszeit, Bereitschaftsdienste seien nicht nötig gewesen. Auch seien ihm Arbeitsmittel wie Telefon, Formulare, Büroraum etc. von der Beklagten zur Verfügung gestellt worden. Er habe zudem Ausweise der Beklagten tragen müssen. Wegen dieser Einbindung in die betriebliche Organisation und Betriebsabläufe könne keine Rede davon sein, im Rahmen eines Werkvertrages zwischen der K. K. und der Beklagten eingesetzt gewesen zu sein; vielmehr liege Arbeitnehmerüberlassung vor. Da die K. K. keine Erlaubnis zur Überlassung von Arbeitnehmern im Sinne des § 1 Abs. 1 AÜG besitze, liege nach seiner Meinung ein Fall unerlaubter Arbeit-
nehmerüberlassung vor mit der Folge, dass er entsprechend der Regelung des § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG als bei der Beklagten beschäftigt anzusehen sei.
Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, dass seit dem 25.03.1999 zwischen ihm und er Beklagten ein Arbeitsverhältnis bestehe;
- die Beklagte zu verurteilen, Auskunft über die Gehaltshöhe der bei ihr beschäftigten Sicherheitskräfte in Deutschland zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat den Standpunkt vertreten, zwischen der K. K. und ihr habe ein als Dienstverhältnis i.S.d. §§ 611 ff....