Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Beweisverwertungsverbot beim Mithören von Telefonaten. Darlegungs- und Beweislast bei eigenmächtigem Urlaubsantritt. Kündigung wegen eigenmächtigen Urlaubsantritts

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Beweisverwertungsverbot beim Mithören von Telefonaten.

 

Leitsatz (redaktionell)

Durch das absichtliche heimliche Mithörenlassen von Telefongesprächen wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners verletzt, der von dem Mithören keine Kenntnis hat.

Bei einer Kündigung wegen eigenmächtigen Urlaubsantritts muss der Arbeitgeber beweisen, dass der Arbeitnehmer unbefugt in Urlaub gegangen ist.

 

Normenkette

GG Art. 2, 1 Abs. 1; BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Entscheidung vom 30.04.2013; Aktenzeichen 5 Ca 4707/12)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 30.04.2013- 5 Ca 4707/12 d - wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

  • 3.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit zweier außerordentlicher Kündigungen sowie einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung.

Der 1957 geborene Kläger ist seit dem 15.07.2002 als Schlosser im Betrieb der Beklagten, bei der er zuletzt ein monatliches Bruttoeinkommen von ca. 3.000,00 € bezog, tätig. Im Betrieb der Beklagten sind neun Mitarbeiter - hiervon einschließlich des Klägers sechs bis sieben Arbeitnehmer mit einer vor dem 31.12.2003 beginnenden Betriebszugehörigkeit - beschäftigt.

Der Kläger war im Zeitraum vom 25.06. bis zum 04.11.2012 arbeitsunfähig wegen eines Arbeitsunfalls erkrankt.

Mit Schreiben vom 20.09.2012 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung wegen Verstoßes gegen § 4 seines Arbeitsvertrages (Krankheit/Arbeitsverhinderung). Wegen der Einzelheiten der schriftlichen Abmahnung vom 20.09.2012 wird auf die Kopie Bl. 51 f. d. A. verwiesen.

Am 29.10. und 12.11.2012 fanden zwei Telefonate des Klägers mit der Geschäftsführerin der Beklagten statt, deren jeweilige Inhalte zwischen den Parteien streitig sind. Einen von der Beklagten für den 15.11.2012 dem Kläger vorgeschlagenen Besprechungstermin im Betrieb der Beklagten nahm der Kläger nicht wahr.

Die Beklagte erklärte dem Kläger gegenüber zunächst mit Schreiben vom 15.11.2012 die außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses mit sofortiger Wirkung. Als Grund gab die Beklagte in dem Schreiben eine Selbstbeurlaubung - Verletzung der Arbeitspflicht durch den Kläger - an.

Hiergegen richtet sich die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage vom 06.12.2012, welche am selben Tag beim Arbeitsgericht in Aachen eingegangen ist.

Nach Klageerhebung erfolgte eine weitere arbeitgeberseitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Schreiben der Beklagten vom 20.12.2012 außerordentlich und fristlos, hilfsweise fristgemäß zum nächstmöglichen Termin.

Hinsichtlich dieser Kündigung hat der Kläger seine Klage mit Schriftsatz vom 07.01.2013, welche am 11.01.2013 per Telefax beim Arbeitsgericht Aachen eingegangen ist, erweitert.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass hinsichtlich beider außerordentlicher Kündigungen es an einem hinreichenden wichtigen Grund fehle und eine soziale Rechtfertigung der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung mit Schreiben vom 20.12.2012 ebenfalls nicht vorliege. Hierzu hat der Kläger behauptet, im Telefonat mit der Geschäftsführerin vom 29.10.2012 habe er mitgeteilt, ab dem 05.11.2012 wieder arbeitsfähig zu sein und ab dann um die Gewährung eines zweiwöchigen Urlaubs gebeten zu haben, um diverse private Angelegenheiten zu erledigen. Die Beklagtengeschäftsführerin habe bei diesem Telefonat sich ausdrücklich damit einverstanden erklärt. Unzutreffend sei es daher, dass die Beklagte erst anlässlich des weiteren Telefonats vom 12.11.2012 von der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit des Klägers ab dem 05.11.2012 erfahren habe. In dem weiteren Telefonat vom 12.11.2012 sei ausschließlich Thema gewesen die zuvor erteilte Abmahnung vom 20.09.2012. Die Beklagtengeschäftsführerin habe bezüglich der Abmahnung das Gespräch für den 11.12.2012 dem Kläger nahe gelegt, was der Kläger aber abgelehnt habe, weil die Geschäftsführerin erklärt habe, die Abmahnung nicht zurückzunehmen.

Der Kläger hat beantragt,

  • 1.

    festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 05.11.2012 nicht beendet wurde,

  • 2.

    festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 20.12.2012 nicht beendet wurde.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die außerordentlichen Kündigungen seien jeweils aus wichtigem Grund gerechtfertigt. Der Kläger habe seit dem 05.11.2012 - also nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit - unentschuldigt gefehlt. Im Rahmen des Telefonats mit dem Kläger habe die Geschäftsführerin am 29.10.2012 diesem keinen Urlaub genehmigt. Einen entsprechenden Urlaubsantrag habe der Kläger nicht gestellt. Die Beklagteng...

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