Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
außerordentliche Kündigung. unentschuldigtes Fehlen. Beweisverwertungsverbot bei Mithören eines Telefongesprächs. rechtzeitige Klageerhebung
Leitsatz (redaktionell)
1. Allein aus der Tatsache, dass die technische Entwicklung der Kommunikationsmittel heute ein Mithören von Telefongesprächen auch am Mobiltelefon sehr erleichtert, kann nicht geschlossen werden, dass das Interesse des Gesprächspartners am Telefon stets hinter dem Interesse des Beweisführers, der mithören lässt, zurücktreten muss.
2. Hat die ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bereits geendet, als der Arbeitnehmer zur Untersuchung beim Medizinischen Dienst geladen wird, so hat der Arbeitnehmer den Termin beim Medizinischen Dienst grundsätzlich dennoch wahrzunehmen. Es ist nicht Sache des Arbeitnehmers zu entscheiden, ob eine Vorladung zum Medizinischen Dienst hinfällig geworden ist oder nicht.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 626 Abs. 1; KSchG §§ 1, 4, 7, 13 Abs. 1; ZPO § 256; BGB §§ 174, 615
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Teilurteil vom 13.04.2006; Aktenzeichen 1 Ca 1374/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 13.04.2006 – 1 Ca 1374/05 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen, soweit festgestellt worden ist, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 12.07.2005 nicht aufgelöst worden ist, und soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 4.827,60 EUR brutto als Lohn für die Zeit vom 19.08.2005 bis zum 18.10.2005 zu zahlen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Im Berufungsverfahren streiten die Parteien um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung sowie um Vergütungsansprüche des Klägers aus Annahmeverzug.
Der am 26.05.1957 geborene Kläger ist verheiratet und einem Kind unterhaltsverpflichtet. Seit dem 14.10.1985 ist er aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 11.10.1985 (Bl. 5 ff. d.A.) als Montageschlosser zu einem monatlichen Durchschnittsverdienst von zuletzt 2.413,80 EUR brutto bei der Beklagten, die ca. 80 Arbeitnehmer beschäftigt, tätig. Etwa 19 Jahre lang war der Kläger auf einer Dauerbaustelle der Beklagten in der Betriebsstätte S4xxxxxx in B4xxxxxxx eingesetzt.
Bedingt durch zu hohe Personalkosten und zu geringen Auftragseingängen schloss die Beklagte bereits im Jahre 2004 mit de IG-Metall und dem Unternehmensverband der Metall- und Elektroindustrie Ruhr-Niederrhein e.V. einen Sanierungstarifvertrag. Auch im Jahre 2005 war der Betrieb nach Auffassung der Beklagten insbesondere der Montagebereich nicht ausgelastet. Der Kläger wurde bereits seit Ende 2004 nicht mehr in der Betriebsstätte S4xxxxxx, sondern auf verschiedenen Baustellen im Raum Dortmund eingesetzt.
Im April 2005 beabsichtigte die Beklagte aus wirtschaftlichen Gründen das Arbeitsverhältnis von mehreren Montageschlossern, u.a. das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu kündigen. Mit Schreiben vom 26.04.2005 (Bl. 43 d.A.) hörte sie hierzu den in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat an. Der Betriebsrat erhob hiergegen keine Bedenken und teilte am 27.04.2005 mit, dass er nicht weiter Stellung nehme (Bl. 43 d.A.).
Daraufhin kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.04.2005 (Bl. 8 d.A.) fristgemäß zum 31.10.2005. Hiergegen erhob der Kläger am 18.05.2005 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht, die er mit einem allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 ZPO verband.
Zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Aufgrund der Erkrankung fehlte er im Betrieb der Beklagten in der Zeit vom 21.03.2005 bis einschließlich 01.06.2005.
Ob der Kläger in der Zeit vom 02.06. bis zum 06.06.2005 ebenfalls arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Am Montag, den 06.06.2005 erschien der Kläger statt zum Schichtbeginn um 6.30 Uhr erst um 9.00 Uhr bei der Beklagten und bat um Vorziehung des bereits für August 2005 genehmigten Erholungsurlaubs (Bl. 101 d.A.). Urlaub ab 06.06.2005 wurde dem Kläger jedoch nicht genehmigt.
Der Kläger legte der Beklagten daraufhin eine ärztliche Bescheinigung vom 07.06.2005, ausgestellt von dem ihm behandelnden Arzt Dr. R4xxx, vor. In dieser Bescheinigung vom 07.06.2005 (Bl. 53 d.A.) heißt es:
„Herr L2xxxx P2xxxx ist arbeitsfähig seit dem 02.06.2005.”
Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 10.06.2005 (Bl. 52 d.A.) daraufhin eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit für die Zeit vom 02.06.2005 bis zum 06.06.2005.
Für den Zeitraum vom 07.06.2005 bis zum 08.07.2005 legte der Kläger weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, keine Folgebescheinigungen, ausgestellt durch einen neuen Arzt, vor. Daraufhin ordnete der Medizinische Dienst der AOK eine Untersuchung des Klägers für den 06.07.2005 an. Zu diesem Termin erschien der Kläger nicht. Die AOK stellte daraufhin die Krankengeldzahlungen an den Klä...