Entscheidungsstichwort (Thema)
Reduzierung der Arbeitszeit. Antrag nach Teilzeit- und Befristungsgesetz. Erledigung der Hauptsache durch Abschluss eines Änderungsvertrags. Anforderungen an betriebliche Gründe
Leitsatz (amtlich)
1) Ein Rechtsstreit, in dem der Arbeitnehmer beantragt, den Arbeitgeber zu verurteilen, einer Verringerung der Arbeitszeit auf der Grundlage des § 8 TzBfG zuzustimmen, erledigt sich in der Hauptsache, wenn die Parteien währenddessen einen neuen, unbefristeten und nicht auflösend bedingten Arbeitsvertrag abschließen, welcher - neben weiteren nicht streitgegenständlichen Vertragsänderungen - den Arbeitszeitwünschen des Arbeitnehmers in vollem Umfang Rechnung trägt.
2) Zu den Anforderungen an "betriebliche Gründe" im Sinne von § 8 Abs. 4 TzBfG, die dem familiär bedingten Teilzeitbegehren eines Maschinenführers im Mehr-Schicht-Betrieb entgegengesetzt werden sollen.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 4; ZPO § 91 Abs. 1, § 894 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Aktenzeichen 2 Ca 645/12) |
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten und Berufungsklägerin auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien haben ursprünglich um eine Forderung des Klägers gestritten, nach Abschluss seiner Elternzeit das arbeitsvertraglich vereinbarte Vollzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des § 8 TzBfG in ein solches mit einer Arbeitszeitverpflichtung von 20 Wochenstunden umzuwandeln, wobei die dann vierstündige tägliche Arbeitszeit in der Frühschicht zwischen 09:00 Uhr und 14:00 Uhr liegen sollte. In der Berufungsinstanz streiten die Parteien in erster Linie darum, ob sich der Rechtsstreit durch Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages vom 22.08./01.09.2012 im Rechtssinne erledigt hat.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die zweite Kammer des Arbeitsgerichts Bonn dazu bewogen haben, der Klage auf Arbeitszeitverringerung mit der gewünschten Verteilung der Wochenarbeitszeit in vollem Umfange stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 18.07.2012 Bezug genommen.
Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Beklagten am 03.08.2012 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 09.08.2012 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis zum 05.11.2012 am 05.11.2012 begründet.
Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass sie dem Wunsch des Klägers auf Arbeitszeitverringerung ausreichende betriebliche Ablehnungsgründe entgegengesetzt habe. Dies habe das Arbeitsgericht Bonn verkannt. So stehe der Teilzeitwunsch des Klägers schon generell dem bei ihr in Vollzeit praktizierten Schichtbetrieb entgegen, da er zu einem nicht zumutbaren Aufwand führe. Nur für den Kläger müssten zusätzliche Schichtübergaben eingeführt werden, was zu einem zeitlichen Verzug bei der Produktion und damit zu wirtschaftlichen Nachteilen führe.
Weiter argumentiert die Beklagte, da der Kläger eine Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Zeiten von Montag bis Freitag zwischen 09:00 Uhr und 14:00 Uhr beantragt habe, müsse für ihn eine tägliche Pause von einer Stunde angesetzt werden, während sonst eine Pause von 30 Minuten pro Schicht betriebsüblich sei. Auch dies führe zu unzumutbarem Organisationsaufwand.
Es sei auch nicht möglich, den Kläger der Tagschicht im Lagerbereich zuzuordnen. Dies müsse zum einen daran scheitern, dass mit dem Kläger arbeitsvertraglich ausdrücklich eine Tätigkeit als Maschinenführer vereinbart sei. Zum anderen sei es aber auch nicht möglich, im Gegenzug zu einem Einsatz des Klägers im Lager einen im Lager beschäftigten Mitarbeiter auf die Position eines Maschinenführers umzusetzen, wie der Kläger sie innehabe. Im Lager würden nur angelernte Kräfte beschäftigt, die nicht in der Lage seien, die Maschinenführertätigkeit auszuüben oder diese in zumutbarer Zeit zu erlernen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die technischen Anforderungen an die Maschinenführertätigkeit in den letzten 1 1/2 Jahren erheblich gestiegen seien und selbst die bereits als Maschinenführer beschäftigten Mitarbeiter wie z. B. der Kläger umfangreiche betriebsinterne Fortbildungsmaßnahmen durchlaufen müssten. Bei dem für den Kläger eingesetzten Elternzeitvertreter habe es sich zwar auch nur um einen angelernten Mitarbeiter gehandelt. Dieser habe aber auf Grund seiner Ausbildung als Kraftfahrzeugmechatroniker genügend technisches Verständnis mitgebracht, um die Maschinenführertätigkeit bewältigen zu können.
Ein freier Arbeitsplatz im Lager sei ebenfalls nicht vorhanden.
Der Einsatz des Klägers als teilzeitbeschäftigter Maschinenführer im Schichtbetrieb führe zu einem unzumutbaren Organisationsaufwand auch dann, wenn die tägliche Arbeitszeit des Klägers von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr festgelegt werde. Das gesamte Konzept der Schichtplanung müsste wegen des Wunsches eines einzelnen Mitarbeiters ...