Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachtarbeitszuschlag. Annahmeverzug. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ob ein arbeitsvertraglich vereinbarter pauschalierter Nachtarbeitszuschlag auch bei Annahmeverzug des Arbeitgebers oder als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geschuldet ist, richtet sich ausschließlich nach arbeitsrechtlichen und nicht nach steuerrechtlichen Kriterien.

2. Nachtarbeitszuschläge stellen keinen Aufwendungsersatzanspruch dar, sondern gehören zum Arbeitsentgelt im weiteren Sinne, das grundsätzlich auch während eines Annahmeverzugszeitraums und als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall weiterzuzahlen ist.

3. Das gilt erst recht, wenn es sich nach dem Arbeitsvertrag um eine pauschalierte, stets in gleichbleibender Höhe zu zahlende Monatsleistung handelt.

 

Normenkette

BGB § 615; EFZG §§ 4-5, 7; EStG § 3b

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 10.09.2008; Aktenzeichen 9 Ca 3054/08)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.09.2008 in Sachen 9 Ca 3054/08 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es sich bei dem vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Betrag um einen Bruttobetrag und nicht um einen Nettobetrag handelt.

Auf die Anschlussberufung des Klägers hin wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 40,92 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.11.2007 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits in I und II. Instanz werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der an den Kläger zu zahlenden Arbeitsvergütung für die letzten drei Monate eines beendeten Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger trat am 01.04.2002 als Lagerarbeiter und Fahrer in die Dienste der Beklagten. Das beklagte Unternehmen befasst sich mit dem Großhandel von Obst und Gemüse. Dementsprechend hatte der Kläger stets nachts auf dem Großmarkt zu arbeiten. Als Vergütung vereinbarten die Parteien in § 4 ihres Arbeitsvertrages u. a. Folgendes:

Absatz 1: „Der Arbeiter erhält ein monatliches Grundgehalt in Höhe von 1.950,– EUR. Das Gehalt ist jeweils zum Monatsende zahlbar”.

Absatz 2: „Der Arbeiter erhält für die Nachtarbeit (22.00 bis 6.00 Uhr) den Zuschlag von 306,78 EUR.” (Bl. 8 d. A.)

Unter dem 22.08.2007 sprach die Beklagte dem Kläger eine fristlose und mit Schreiben vom 27.09.2007 hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum 30.11.2007 aus. Hierüber führten die Parteien den Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Köln mit dem Aktenzeichen 16 Ca 6855/07. Der Kündigungsschutzprozess endete durch rechtskräftigen Vergleich vom 22.01.2008. Hierin regelten die Parteien u. a. Folgendes:

„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher, betriebsbedingter Kündigung vom 28.09.2007 mit Ablauf des 30.11.2007 sein Ende gefunden hat.

2. Bis zum Zeitpunkt der Beendigung wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgewickelt. Die entsprechenden Lohnansprüche zahlt die Beklagte dem Kläger aus, soweit nicht geschehen und soweit diese nicht auf Dritte übergegangen sind.”

Vom 06.08. bis 15.08.2007 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Für den Monat August 2007 rechnete die Beklagte im Nachhinein insgesamt 2.506,78 EUR brutto ab, bestehend aus 2.200,– EUR Gehalt und einem „Festbezug St/SV-frei” in Höhe von 306,78 EUR (vgl. Abrechnung wie Bl. 164 d. A.). Wie sich aus Bescheinigungen der A. R. ergibt, die der Kläger im Laufe des vorliegenden Verfahrens zur Akte gereicht hat, war der Kläger während der bis zum 30.11.2007 andauernden Kündigungsfrist auch in der Zeit vom 22.10. bis 25.10.2007 und vom 08.11. bis 30.11.2007 arbeitsunfähig erkrankt. Für die Monate September, Oktober und November 2007 zahlte die Beklagte dem Kläger lediglich 2.200,– EUR brutto monatlich.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde auch für diese Monate über das Grundgehalt hinaus den in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages vereinbarten pauschalierten Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 306,78 EUR monatlich, wobei der Betrag steuer- und sozialversicherungsfrei zu zahlen sei.

Der Kläger hat beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 306,78 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.10.2007 zu zahlen;

2) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 306,78 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.11.2007 zu zahlen;

3) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 306,78 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass sie den Nachtarbeitszuschlag für den Zeitraum September bis November 2007 deshalb nicht zahlen müsse, weil der Kläger in dieser Zeit tatsächlich nicht gearbeitet habe.

Mit Urteil vom 10.09.2008 hat die 9. Kammer des Arbeitsgerichts Köln der Klage bis auf einen Restbetrag i...

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