Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfähigkeit. Anzeigepflicht. verhaltensbedingte Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Die abgemahnte, wiederholte Verletzung der Anzeigepflicht nach § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG hinsichtlich einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kann eine ordentliche Kündigung auch dann sozial rechtfertigen, wenn es dadurch nicht zu einer besonderen Störung der Arbeitsorganisation oder des Betriebsfriedens gekommen ist.
Normenkette
EFZG § 5; KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 22.04.2004; Aktenzeichen 6 Ca 7720/03) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 22.04.2004 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 6 Ca 7720/03 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen.
Der am 05.04.1956 geborene Kläger, Vater von 5 Kindern, war seit dem 18.10.1999 bei der Beklagten in deren Zweigniederlassung K als „packing specialist” zu einem Monatslohn von 1.730,00 EUR brutto tätig. Die Beklagte beschäftigt in ihrem K Betrieb regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.
In einer an die Mitarbeiter des sogenannten Configuration Centers, in dem auch der Kläger tätig war, gerichteten E-Mail des Teamleiters V vom 18.02.2003 hieß es:
„Hallo Leute
aus gegebenen Anlass weise ich noch mal ausdrücklich darauf hin, dass jeder der aus welchem Grund auch immer nicht zur Arbeit kommen kann dies mit mir oder in meiner Abwesenheit mit meiner Vertretung zu besprechen hat. Ich nehme es nicht mehr hin, dass hier Kollegen angerufen werden und diesen gesagt wird, dass man nicht zur Arbeit erscheint.”
In einer ersten Abmahnung vom 27.05.2003 (Kopie Bl. 17 f. d. A.) rügte die Beklagte ein Fernbleiben des Klägers von der Arbeit am 14.04.2003 und einen wiederholten Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Mitteilungspflichten. In einer weiteren Abmahnung vom 27.05.2003 (Kopie Bl. 19 d. A.) rügte die Beklagte ein unentschuldigtes Fehlen des Klägers am 26. und 27.05.2003 und einen wiederholten Verstoß gegen § 5 EFZG, wonach Arbeitnehmer im Falle ihrer Verhinderung dem Arbeitgeber unverzüglich den Grund hierfür mitzuteilen hätten.
Mit Schreiben vom 16.06.2003 (Kopie Bl. 6 d. A.) kündigte die Beklagte sodann das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.07.2003.
Hiergegen richtet sich die am 08.07.2003 bei dem Arbeitsgericht eingegangene Kündigungsschutzklage des Klägers. Er hat behauptet, der Vorfall vom 14.04.2003 werde von der Beklagten unzutreffend wiedergegeben. Ein Abmahnungsgrund habe nicht vorgelegen. Auch die Abmahnung bezüglich der Tage vom 26. und 27.05.2003 sei unrichtig, weil seine Arbeitsunfähigkeit bis zum 30.05.2003 fortbestanden habe. Die entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 23.05.2003 (Kopie Bl. 27 d. A.) habe er am 23.05.2003 per Post an die Beklagte geschickt. Gleichzeitig habe er seiner Abteilung telefonisch mitgeteilt, er sei weiterhin krank. Schließlich sei er auch vom 04.06. bis zum 18.06.2003 krankgeschrieben gewesen, was aufgrund der vom Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 13.06.2003 unstreitig ist.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16.06.2003 nicht beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, der Kläger sei am 16.06.2003 wiederum nicht zur Arbeit erschienen, ohne dass eine Information über die weiterbestehende Arbeitsunfähigkeit oder einen sonstigen Grund vorgelegen habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22.04.2004 abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe am 16.06.2003 ein weiteres Mal gegen seine Anzeigepflicht nach § 5 EFZG verstoßen. Dies rechtfertige in Verbindung mit der einschlägigen Abmahnung vom 27.05.2003 die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Mit seiner am 15.11.2004 gegen das am 14.10.2004 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts eingelegten und begründeten Berufung macht der Kläger geltend, die Kündigung stelle angesichts der Geringfügigkeit einer etwaigen Pflichtverletzung eine „deutliche Überreaktion” dar. Im übrigen behauptet er, sowohl am 26.05.2003 wie auch am 16.06.2003 die Fortdauer seiner Arbeitsunfähigkeit gegenüber Kollegen, die er über die Rufnummer seines Vorgesetzten im Betrieb erreicht habe, angezeigt zu haben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.04.2004, zugestellt am 14.10.2004, abzuändern, und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16.06.2003 nicht beendet worden ist, ferner vorsorglich, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung und den Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen.
Sie trägt vor, der Kläger habe weder am 16.06.2003 noch am 26.05.2003 seine weiterbestehende Arbeitsunfähigkeit gegenüber...