Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Rechtfertigung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Kraftfahrers wegen unterbliebener Krankmeldung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine schuldhafte Verletzung der Anzeigepflicht gem. § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG ist an sich geeignet, eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses sozial zu rechtfertigen.

2. Abmahnungen wegen unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit rechtfertigen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei erneutem unentschuldigten Fehlen wegen Krankheit.

 

Normenkette

EFZG § 5 Abs. 1 S. 1; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1, Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 25.06.2018; Aktenzeichen 2 Ca 147/18)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 25.06.2018 - 2 Ca 147/18 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2018 nicht zum 15.02.2018, sondern erst zum 28.02.2018 aufgelöst ist.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) tragen der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.

  • III.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der 1983 geborene, ledige und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten, die in ihrem Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, aufgrund Arbeitsvertrags vom 21. November 2014 (Bl. 46 - 49 d. A.) seit dem 24. November 2014 als Kraftfahrer gegen einen Bruttomonatslohn von 2.100,00 EUR beschäftigt; dabei ist zwischen den Parteien streitig, ob der Kläger gemäß seinem Vortrag bereits zuvor seit dem 1. Oktober 2013 bei der Beklagten tätig war. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 21. November enthält unter der Überschrift "Arbeitsverhinderung" u.a. folgende Regelung:

"Arbeitsverhinderung:

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber jede Dienstverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer bereits am 1. Tage der Verhinderung anzuzeigen. (...)"

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger am 29. September 2016 nicht zur Arbeit erschienen ist, ohne der Beklagten dies entsprechend mitzuteilen, und ihm deswegen eine Abmahnung vom 30. September 2016 (Bl. 50 d. A.) übergeben worden ist.

Unter dem 21. August 2017 erhielt der Kläger folgende "zweite Abmahnung" (Bl. 75 d. A.):

"Zweite Abmahnung

Sehr geehrter Herr A.,

heute sind Sie zum wiederholten Male vorsätzlich und unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen. Sollte es Gründe geben, die ein Nichterscheinen rechtfertigen so sind diese frühzeitig mit dem Vorgesetzten zu erörtern damit der Betriebsablauf nicht gefährdet wird. Dies ist nicht erfolgt, vielmehr teilten Sie am Freitag, den 19.08.2017 mit, dass Sie ab Montag, den 21.08.2017 gerne drei Wochen Urlaub hätten. Ihr Vorgesetzter teilte Ihnen hierauf mit, dass dies zu kurzfristig sei und Urlaub erst ab dem 28.08.2017 möglich sei und Sie am Montag zur Arbeit erscheinen müssen. Dies ist leider nicht geschehen.

Eine solche Arbeitsweise können wir nicht tolerieren. Wir weisen Sie hiermit deswegen letztmals darauf hin, dass den Anweisungen der Vorgesetzten Folge zu leisten ist und der Arbeitsantritt pünktlich zu erfolgen hat.

Sollten Sie die geschilderte Pflichtverletzung erneut wiederholen, werden wir die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aussprechen.

Die Abmahnung wird in Ihrer Personalakte hinterlegt."

Für die Zeit vom 21. bis 25. August 2017 übersandte der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 22. August 2017 (Bl. 74 d. A.), die bei der Beklagten am 23. August 2017 einging. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 23. August 2017 (Bl. 59 d. A.) mit, dass sie seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 22. August 2017 mit Wirkung ab dem 21. August 2017 nicht anerkenne, weil der von ihm am vorangegangenen Freitag beantragte Urlaub für drei Wochen ab dem 21. August 2017 aufgrund der Kurzfristigkeit nicht gewährt worden sei und sie als Reaktion seinerseits nun eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten habe.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger am 17. November 2017 unentschuldigt ohne Mitteilung nicht zur Arbeit erschienen war und ihm deswegen eine "dritte Abmahnung" vom 19. November 2017 (Bl. 60 d. A.) übergeben worden ist. Weiterhin ist zwischen den Parteien streitig, ob der Kläger eine weitere Abmahnung vom 13. Dezember 2017 (Bl. 61 d. A.) wegen Arbeitsverweigerung erhalten hat.

Am 4. und 5. Januar 2018 erschien der Kläger nicht zur Arbeit. Am 8. Januar 2018 legte der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für diese beiden Tage vor. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte - vor der am 8. Januar 2018 vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - eine Mitteilung des Klägers über seine Abwesenheit am 4. sowie 5. Januar 2018 erhalten hat.

Mit Schreiben vom 9. Januar 2018, dessen Zugang der Kläger erstinstanzlich bestritten u...

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