Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen unentschuldigten Fehlens
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine außerordentliche Kündigung wegen unentschuldigten Fehlens des Arbeitnehmers ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber den Nachweis des unentschuldigten Fehlens nicht führen kann.
2. Die Kündigung kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die Arbeitsunfähigkeit zu spät angezeigt worden ist. Ein solcher Verstoß rechtfertigt trotz einer vorliegenden Abmahnung die Kündigung eines zu diesem Zeitpunkt länger als drei Jahre bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht. Das gilt insbesondere dann, wenn die Abmahnung zu Unrecht ausgesprochen worden ist.
Normenkette
BGB § 626; KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 26.06.2013; Aktenzeichen 14 Ca 533/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 2013 - 14 Ca 533/13 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen verhaltensbedingten Kündigung, die vorsorglich auch als ordentliche Kündigung erklärt wurde.
Die Beklagte betreibt in A einen Gastronomiebetrieb. Der am XX.XX.19XX geborene Kläger arbeitet seit 01. Juli 2009 für die Beklagte als Barkeeper/Servicekraft. Es wurde kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen.
Die Beklagte kündigte das zum Kläger bestehende Arbeitsverhältnis erstmals mit Schreiben vom 31. März 2011. Die wegen dieser fristlosen Kündigung erhobene Klage des Klägers vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main (- 14 Ca 2067/11, Urteil vom 30. November 2011) war erfolgreich. Die Beklagte hat ihre zunächst eingelegte Berufung (Hess. LAG - 18 Sa 162/12) zurückgenommen.
In dem weiteren Rechtsstreit der Parteien mit dem Aktenzeichen - 18 Sa 1532/12 (Arbeitsgericht Frankfurt am Main - 14 Ca 1872/12) hat die Kammer über Ansprüche des Klägers auf Annahmeverzugslohn in der Zeitspanne von 01. April 2011 bis 12. Februar 2012 entschieden. Dabei ist die Kammer in dem mittlerweile rechtskräftigen Urteil vom 03. Juli 2013 von einem Monatsbruttolohn von 2.568,00 € ausgegangen.
Die Beklagte beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer.
Der Kläger arbeitete ab 02. Juli 2012 wieder für die Beklagte, nachdem diese die Berufung gegen die Stattgabe der Kündigungsschutzklage wegen der Kündigung vom 31. März 2011 zurückgenommen hatte.
Am Feiertag des 03. Oktober 2012 war der Gastronomiebetrieb der Beklagten geöffnet. Der Kläger erschien an diesem Tag nicht zur Arbeit. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten richtete ein Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers und verlangte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder eine Entschuldigung wegen des unentschuldigten Fehlens (Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 29. April 2013, Bl. 23 d.A.).
Am 18. Oktober 2012 arbeitete der Kläger nicht, sondern suchte die Notdienstzentrale im Bürgerhospital auf. Er legte bei der Beklagten einen Notfall-/Vertretungsschein vor, jedoch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die Beklagte erteilte ihm deswegen eine schriftliche Abmahnung mit Datum vom 04. November 2012. Zur Wiedergabe ihres Inhalts wird auf die Anlage B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 29. April 2013 verwiesen (Bl. 25 f. d.A.).
Ob der Kläger am Samstag, dem 24. November 2012, arbeitete oder unentschuldigt fehlte, ist zwischen den Parteien streitig.
Vom 26. Dezember bis 30. Dezember 2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Wann er seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreichte, ist streitig. Ob der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit anzeigte, bevor er am 31. Dezember 2012 wieder zur Arbeit erschien, ist zwischen den Parteien ebenfalls streitig.
Am 15. Januar 2013 übergab die Beklagte dem Kläger die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Er sei wiederholt unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen. Wegen des vollständigen Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf dieses verwiesen (Anlage zur Klageschrift, Bl. 4 f. d.A.).
Der Kläger hat behauptet, er habe jedes Fernbleiben von der Arbeit hinreichend entschuldigt. In Bezug auf den 03. Oktober 2012 sei er davon ausgegangen, dass das Lokal der Beklagten geschlossen bleibe. Er sei auch nicht verpflichtet, an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten. Am 18. Oktober 2012 sei er arbeitsunfähig gewesen (vgl. Kopie der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Anlage B 4, 2. Teil, zum Schriftsatz der Beklagten vom 29. April 2013, Bl. 28 d.A.). Am 24. November 2012 habe er gearbeitet.
Wegen seiner Erkrankung ab dem 26. Dezember 2012 habe er das Original seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, welche vom 27. Dezember 2012 datiert (vgl. Kopie als Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 07. Juni 2013, Bl. 46 d.A.), der Beklagten mitgebracht, als er am 31. Dezember 2012 wieder zur Arbeit erschien.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 15. Januar 2013 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klag...