Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 03.05.1996; Aktenzeichen 2 Ca 8/96) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 3.5.1996 – 2 Ca 8/96 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 28.852,32 brutto nebst 4 % Zinsen seit 15.4.1996 aus dem Nettobetrag zu zahlen, abzüglich per 27.5.1996 anzurechnender DM 3.888.– netto (Arbeitslosengeld).
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen arbeitgeberseitigen Kündigung.
Die am 9.3.1938 geborene Klägerin war seit 15.5.1988 bei der Beklagten in deren Verteilzentrum Weilerswist als Kommissioniererin beschäftigt.
In der Lagerhalle ist eine Videoanlage installiert, die bestimmte Bereiche überwacht, so Regale, in denen sich Parfümerieartikel befinden.
In der Nachtschicht vom 15.12.1995 soll die Klägerin, so behauptet die Beklagte, nach den Aufzeichnungen der Videokamera Flaschen dem Regal entnommen und sich damit besprüht, außerdem Ware in die Hosentasche gesteckt haben.
Mit Schreiben vom 28.12.1995 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis wegen dieses Vorfalles fristlos. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 2.1.1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.
Die Klägerin hat bestritten, den ihr von der Beklagten angelasteten Diebstahl begangen zu haben. Sie hat lediglich eingeräumt, aus einer Testflasche eine Duftprobe entnommen zu haben.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die von der Beklagten angezogene Videoaufzeichnung stelle kein zulässiges Beweismittel dar. Sie hat insoweit behauptet, sie habe von der Installation der Videokamera nichts gewußt.
Die Klägerin hat beantragt.
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.12.1995 nicht aufgelöst ist, sondern ungekündigt fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen: Die Videoaufzeichnung sei ein zulässiges Beweismittel. Und aus ihr ergebe sich, daß die Klägerin Ware aus dem Drehstapelbehälter entnommen und in ihre Hosentasche gepackt habe. In dem Drehstapelbehälter hätten sich Düfte der Marke Lancaster mit einem Wert von ca. DM 50,– befunden. Danach habe die Klägerin verschiedene Flaschen aus dem Regal entnommen und sich damit besprüht. Dabei habe es sich nicht um Testflaschen gehandelt.
Die Beklagte hat weiter vorgetragen: Die Installation der Videokamera auf einem Querträger oberhalb des überwachten Bereiches sei zwar nicht publik gemacht worden, wer sie aber sehen wolle, der sehe sie auch.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten in erster Instanz, insbesondere auch zur Zulässigkeit der Videoüberwachung wird auf deren Schriftsätze vom 7.2.1996 und vom 15.4.1996 Bezug genommen.
Mit einem am 3.5.1996 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Ein Grund zur fristlosen Kündigung liege nicht vor, sei jedenfalls von der Beklagten nicht bewiesen. Soweit die Klägerin mehreren Behältnissen Proben entnommen habe, sei dieses Verhalten der Klägerin als geringfügig einzustufen und deshalb nicht geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Im übrigen könne von der Beklagten nicht in verwertbarer Weise unter Beweis gestellt werden, daß die Klägerin über die Entnahme einer Duftprobe hinaus ein Parfümfläschchen in ihre Hosentasche gepackt und so bei einem behaupteten Wert von ca. DM 50,– einen nicht mehr nur geringfügigen Diebstahl zu Lasten der Arbeitgeberin begangen habe, welcher an sich jedenfalls geeignet wäre, auch ohne vorangegangene Abmahnung das Arbeitsverhältnis fristlos aufzukündigen. Die der Beklagten nach deren Vortrag insoweit zur Verfügung stehenden Beweismittel (Aufzeichnung durch die Videokamera und Zeuge L.) seien unter Verletzung des Persönlichkeitsrechtes der Klägerin gewonnen worden und dürften deshalb nicht verwertet werden. Insbesondere die Heimlichkeit der Videoaufzeichnung stelle einen rechtswidrigen und durch schutzwürdige Interessen der Beklagten nicht gerechtfertigten Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin dar.
Wegen des weiteren Inhaltes des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 50–61 d.A. Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 19.6.1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24.6.1996 Berufung eingelegt und diese am 15.7.1996 begründet.
Die Beklagte rügt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, die von der Klägerin eingeräumte Entnahme von Duftproben stelle einen Grund zur fristlosen Kündigung nicht dar. Bei den von der Klägerin angebrochenen Flaschen handele es sich nicht etwa um besondere Ware, die nicht zum Verkauf bestimmt oder geeignet gewesen seien. Vielmehr seien dies Parfümflaschen gewesen, wie sie regelmäßig zum Verkauf angeboten würden. Einige dieser Flaschen dienten als sogenannte Tester, die für die Kundschaft in der Filiale bestimmt gewesen seien. Sie, die Beklagte, habe den im Regal befindlichen Parfümflaschen der Marke Lancaster ...