Entscheidungsstichwort (Thema)
Geeignete Räumlichkeit für die Sprechstunde des Betriebsrats. Sprechstunde außerhalb des Betriebs. Jederzeitiges Aufsuchen einzelner Betriebsratsmitglieder im Betrieb
Leitsatz (amtlich)
Der Betriebsrat hat verlangt, dass er Sprechstunden in der Verkaufsfiliale abhalten kann und dass ihm die Arbeitgeberin dafür ein Zimmer zur Verfügung stellt bzw. eine abgetrennte Fläche, in der für Vertraulichkeit Sorge getragen ist. Vorab ist im selben Verfahren mit rechtskräftigen Teilbeschluss entschieden worden, dass das Betriebsratsbüro in einer circa 800 m von der Filiale entfernten von der Arbeitgeberin angemieteten Räumlichkeit liegen darf, da in der Filiale kein Raum für ein Betriebsratsbüro vorhanden ist. Wegen der fehlenden Räumlichkeiten in der Filiale, ist der Betriebsrat gehalten auch seine Sprechstunden im Betriebsratsbüro abzuhalten. Die zu Gunsten des Betriebsrats ergangene Entscheidung des Arbeitsgericht war daher abzuändern.
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang geeignete Räume, sachliche Mittel, Büropersonal sowie Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen.
2. Besteht im Betrieb keine geeignete Räumlichkeit für die Sprechstunde des Betriebsrats, kann der Arbeitgeber außerhalb des Betriebs, aber noch in räumlicher Nähe (750 bis 900 m Entfernung), einen Büroraum mit Möbeln, IT-Ausstattung und Telefon für die Sprechstunde des Betriebsrats anmieten. Damit genügt er den Vorgaben des § 40 Abs. 2 BetrVG.
3. Auch wenn für die Sprechstunde des Betriebsrats ein außerhalb des Betriebs liegender Büroraum angemietet worden ist, muss sichergestellt bleiben, dass der einzelne Arbeitnehmer grundsätzlich die Möglichkeit hat, zeitnah an einzelne Betriebsratsmitglieder im Betrieb heranzutreten.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Augsburg (Entscheidung vom 10.11.2021; Aktenzeichen 2 BV 31/18) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 10.11.2021 - 2 BV 31/18 abgeändert.
Der vom Betriebsrat zuletzt noch gestellte Antrag wegen Zimmer für eine Sprechstunde wird abgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A
Die Beteiligten streiten soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Interesse darüber, an welchem Ort der Betriebsrat Sprechstunden abhalten kann.
Die Beteiligte zu 2 (fortan: Arbeitgeberin) ist ein Einzelhandelsunternehmen, das ua. eine Filiale in A. in der C. betreibt, in der ca. 50 Mitarbeiter beschäftigt sind. Seit Dezember 2017 gibt es in der Filiale in A. einen Betriebsrat mit drei Personen.
In der A. Filiale gibt es vier Lagerbereiche, die derzeit wie folgt aufgeteilt sind: Das Herrenlager, das ehemalige Materiallager, nun ebenfalls ein Herrenlager und gleichzeitig Raum für den Onlineversand, ein Kinderlager sowie ein Damenlager, gleichzeitig auch für den Onlineversand. Der Betriebsrat verfügte zunächst über keinen Büroarbeitsplatz mit entsprechender Ausstattung und über kein eigenes Betriebsratsbüro und bis zum 17.09.2018 wurde dem Betriebsrat für sämtliche Betriebsratstätigkeiten das sogenannte Managerbüro bei Bedarf - d.h. sofern es nicht für Manageraufgaben benötigt wurde - überlassen. Zwischenzeitlich hat die Arbeitgeberin außerhalb ihrer Filiale im D. in A. für den Betriebsrat einen Büroraum angemietet, der mit Möbeln, IT und Telefon ausgestattet ist. Die räumliche Entfernung zwischen diesem Büro und der Filiale beträgt je nach gewählter Wegstrecke zwischen 750 und 900 m. Am 17.09.2018 übergab die Arbeitgeberin dem Betriebsrat die Schlüssel zu diesem Raum und teilte ihm gleichzeitig mit, dass das Managerbüro nunmehr nicht mehr für Betriebsratstätigkeiten zur Verfügung stehe.
Daraufhin verlangte der Betriebsrat im vorliegenden Verfahren ua., dass ihm in den Räumlichkeiten der Filiale ein Büro für seine Arbeit zu Verfügung gestellt wird.
Das Arbeitsgericht hat diesen Antrag mit Teilbeschluss vom 09.01.2019 abgewiesen (vgl. Bl. 139 d.A.), wobei es auch ausgeführt hat, dass der Betriebsrat keinen Anspruch auf Nutzung oder Zurverfügungstellung des Managerbüros habe. Die vom Betriebsrat dagegen zum Landesarbeitsgericht eingelegte Beschwerde hat er mit Schriftsatz vom 28.09. 2020 zurückgenommen (Bl. 313 d.A.).
Vor dem Arbeitsgericht hat sich der Betriebsrat weiterhin darauf berufen, dass ihn die Zuweisung des Büros im D. in seiner Arbeit behindern würde. Mitarbeiter, die den Betriebsrat aufsuchen wollten, müssten hierzu ca. 15 Minuten laufen. Ein ungehindertes Erreichen des Betriebsrats während der Arbeitszeit sei für die Belegschaft daher nicht gegeben. Die Überlassung des Managerbüros, wenn auch nur vorübergehend, sei der Arbeitgeberin im Übrigen nicht unmöglich. Der Betriebsrat habe Kenntnis, dass E. selbst für ihren Betriebsrat Räumlichkeiten entsprechend umgebaut habe, so dass der Betriebsrat in diesem Gebäude ein Betriebsratsbüro habe und im Unternehmen ...