Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlrecht des Insolvenzverwalters bezüglich der Erfüllung oder Nichterfüllung von gegenseitigen Verträgen. Keine Anwendung des § 103 InsO auf Tarifverträge. Auslegung von Willenserklärungen im schuldrechtlichen Teil eines Tarifvertrages
Leitsatz (amtlich)
Auf das in einem Sanierungstarifvertrag vereinbarte außerordentliche Kündigungsrecht zugunsten der Gewerkschaft finden §§ 103, 119 InsO keine Anwendung.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 314; TVG § 1; InsO §§ 103, 119; ETV § 8 Abs. 2 Fassung: 2016-07-15
Verfahrensgang
ArbG Rosenheim (Entscheidung vom 16.10.2018; Aktenzeichen 1 Ca 640/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 16.10.2018 - 1 Ca 640/18 - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger A. einen Betrag in Höhe von 2.786,93 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger C. einen Betrag in Höhe von 3.223,68 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger E. einen Betrag in Höhe von 4.034,39 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger G. einen Betrag in Höhe von 3.811,29 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger I. einen Betrag in Höhe von 6.360,06 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger K. einen Betrag in Höhe von 4.080,05 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger M. einen Betrag in Höhe von 3.350,84 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger O. einen Betrag in Höhe von 3.363,65 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Q. einen Betrag in Höhe von 3.007,39 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
10. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger S. einen Betrag in Höhe von 3.275,03 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
11. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin U. einen Betrag in Höhe von 4.291,65 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger W. einen Betrag in Höhe von 3.856,88 € brutto zu bezahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2018.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe verschiedener Vergütungsansprüche.
Die Klägerin und die Kläger waren bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt, und zwar im Einzelnen zu den im erstinstanzlichen Urteil, Seite 4, angegebenen Zeiträumen und Bedingungen.
Nach erheblichen Umsatzrückgängen und hohen Verlusten aufgrund eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags schlossen der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie e.V. und die IG Metall, Bezirk Bayern, am 15.07.2016 einen Ergänzungstarifvertrag (im Folgenden: ETV; Anlage K1 = Bl. 8 ff. d. A.), der auszugsweise lautet:
"Präambel
...Ziel dieses Tarifvertrages ist es, durch vorübergehende tarifliche Abweichungen die aktuell schwierige Lage zu überbrücken.
§ 1 Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt für die Arbeitnehmer und Auszubildende der AA, die unter den persönlichen Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie fallen.
§ 2 Teil eines 13. Monatseinkommens 2017 (im Folgenden: "Weihnachtsgeld")
Das Weihnachtsgeld nach dem Tarifvertrag über die Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens für das Jahr 2017 entfällt für Arbeitnehmer und Auszubildende zu 100 %.
§ 3 Urlaubsgeld 2017
Das tarifliche Urlaubsgeld 2017 entfällt. Daher bemisst sich abweichend vom § 18 C. des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (MTV) für die Urlaubsansprüche 2017 das Urlaubsentgelt nicht nach dem 1,5-fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes, sondern lediglich nach dem 1,0-fach durchschnittlichen Arbeitsverdienst - jedoch ohne Mehrarbeitsvergütung und -zuschläge -, den der Arbeitnehmer in den letzten drei Kalendermonaten vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. ...
§ 4 Tariferhöhungen 2016/2017 und...