Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung von Raucherpausen. Unbegründete Zahlungsklage bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zur Entstehung einer betrieblichen Übung
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Raucherpausen zu vergüten; eine betriebliche Übung des Inhalts, dass Raucherpausen vergütet werden, entsteht nicht, wenn der Arbeitgeber über eine lange Zeit die Raucherpausen zeitlich nicht erfasst und deshalb einen Lohnabzug nicht vorgenommen hat.
Normenkette
BGB §§ 151, 242, 611 Abs. 1, §§ 612, 614
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Entscheidung vom 03.03.2015; Aktenzeichen 10 Ca 995/14) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 03.03.2015 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Vergütung von Raucherpausen.
Der Kläger ist seit 01.01.1980 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist als Lagerleiter TS tätig. Das monatliche Gehalt beträgt 2.983,00 € brutto. Der Kläger ist Raucher.
Bei der Beklagten besteht ein Betriebsrat.
Unter dem 20.12.2006 erließ die Beklagte eine Betriebsanweisung "an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Leergutabteilung". Darin heißt es:
Im Sinne der Gesundheitsreform (Nichtraucherschutzgesetz) ist der Arbeitgeber verpflichtet, Nichtraucher vor Rauchern zu schützen.
Daher ist ab sofort das Rauchen in den Pausen und generell während der Arbeitszeit im Aufenthaltsraum sowie in den Toiletten und im gesamten Hallenbereich verboten!
Für die Raucher wurde eine Raucherinsel am Haupteingang in der Nähe der Stechuhr geschaffen. Nur an diesem Platz ist Rauchen erlaubt.
Am 25.07.2007 erließ die Beklagte eine weitere Betriebsanweisung. Dort ist u.a. ausgeführt:
Aus gegebenem Anlass weisen wir darauf hin, dass das Rauchen nur an den ausgewiesenen Raucherinseln erlaubt ist.
Es ist verboten
- auf den vorhandenen Rampen (diese gehören zum Lagerbereich),
- innerhalb des gesamten Lagerbereiches (speziell frühere Bananenreiferei)
- während der Arbeitszeiten in den Sozialräumen und Toiletten
zu rauchen.
Am 04.12.2012 schlossen die Betriebsparteien eine Betriebsvereinbarung über das Rauchen im Betrieb. In der Präambel heißt es:
Der Arbeitgeber hat gemäß § 5 ArbStättV die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind.
Die folgende Regelung hat die Aufgabe, die gesundheitlichen Gefährdungen durch Tabakrauch am Arbeitsplatz zu vermeiden und zum anderen rauchenden Beschäftigten weiterhin die Möglichkeit zu geben, zu rauchen, wenn dadurch die Interessen der Nichtraucher nicht beeinträchtigt werden.
Zudem soll eine Gleichbehandlung aller Mitarbeiter durch die nachfolgenden Regelungen gewährleistet werden.
Ziffer 2. Absatz 2 der Betriebsvereinbarung lautet:
Rauchen ist nur in den speziell ausgewiesenen Raucherzonen, die in der Anlage vermerkt sind, erlaubt.
Ziffer 3. der Betriebsvereinbarung lautet:
"Rauchpausen"
Beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen sind die nächstgelegenen Zeiterfassungsgeräte gem. Anlage zum Ein- und Ausstempeln zu benutzen.
Rauchen ist während der normalen Pausen und ansonsten erlaubt, solange wie bisher betriebliche Belange nicht beeinträchtigt werden.
Die Betriebsvereinbarung trat zum 01.01.2013 in Kraft.
Die Beklagte zog dem Kläger für Januar 2013 111 Minuten für Raucherpausen ab und vergütete sie nicht. Für Februar 2013 erfolgte ein Abzug für 251 Minuten und für März 2013 für 253 Minuten.
Der Kläger erhob am 11.07.2014 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Würzburg, mit der er restliche Vergütung für die Monate Januar bis März 2013 verlangt.
Das Arbeitsgericht Würzburg wies die Klage mit Urteil vom 03.03.2015 ab, setzte den Streitwert auf 183,09 € fest und ließ die Berufung zu.
Das Urteil wurde dem Kläger am 09.03.2015 zugestellt.
Der Kläger legte gegen das Urteil am 09.04.2014 Berufung ein und begründete sie am 29.04.2015.
Der Kläger macht geltend, der Anspruch auf Vergütung der Raucherpausen ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung. Die Beklagte habe seit Anfang der 70er Jahre ein wiederholtes und gleichförmiges Verhalten gezeigt, aus dem die Arbeitnehmer und somit auch er, der, Kläger, hätten schließen können, ein entsprechendes rechtsbegründetes Verhalten der Beklagten werde auch in Zukunft stattfinden. Hinsichtlich der Art der Leistung habe es sich um die Bezahlung von innerhalb der Arbeitszeit genommenen Raucherpausen gehandelt. Die Dauer der Pausen sei mit vier bis zehn Minuten ausreichend konkret. Der Durchschnittswert eines rauchenden Arbeitnehmers betrage 60 bis 80 Minuten pro Tag. Der Beklagten sei über einen langen Zeitraum bekannt gewesen, dass die Arbeitnehmer während der Arbeitszeit Raucherpausen machten. Sie habe damit die Handhabung der Raucherpausen konkludent angeboten. Über Jahrzehnte hinweg sei es üblich gewesen, dass Raucherpausen hätten genommen werden können, ohne dass sie von der Arbeitszeit hätten abgezogen werd...