Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung. Auslegung. Eigenkündigung. Lossagung. Sozialplan. Auslegung eines Sozialplans
Leitsatz (amtlich)
Verweigert ein Arbeitnehmer nach rechtskräftigem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess gemäß § 12 KSchG die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem früheren Arbeitgeber, kann er keine Abfindung beanspruchen. Die Lossagung nach § 12 KSchG ist nicht einer vom Arbeitgeber „veranlassten” Eigenkündigung gleichzusetzen.
Normenkette
BetrVG § 112 Abs. 1; KSchG § 12
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 10.04.2008; Aktenzeichen 3 Ca 2054/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. April 2008, Az.: 3 Ca 2054/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Sozialplanabfindung.
Der Kläger (geb. am 25.10.1956, verheiratet, ein Kind) war seit dem 01.10.1987 bei der Beklagten als Handlungsbevollmächtigter angestellt. Er bezog zuletzt 14 Monatsgehälter in Höhe von jeweils EUR 5.567,14 brutto. Die Beklagte beschäftigte im Dezember 2006 insgesamt 39 Arbeitnehmer.
Mit Schreiben vom 19.12.2006 erklärte die Beklagte aus betriebsbedingten Gründen eine Änderungskündigung zum 30.06.2007. Sie bot dem Kläger an, das Arbeitsverhältnis mit einer reduzierten Vergütung von 14 Monatsgehältern in Höhe von jeweils EUR 4.788,26 brutto fortzusetzen. Neben der Kündigung gegenüber dem Kläger sprach die Beklagte auch gegenüber weiteren Arbeitnehmern Änderungskündigungen aus. Der Kläger nahm das Änderungsangebot nicht – auch nicht unter Vorbehalt – an. Er erhob eine Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 25.04.2007 (Az.: 4 Ca 23/07) der Klage stattgegeben. Das Urteil ist beiden Parteien in vollständiger Form abgefasst am 09.07.2007 zugestellt worden. Nachdem die Beklagte keine Berufung eingelegt hat, ist es seit dem 10.08.2007 rechtskräftig.
Am 04.05.2007 stellte die Einigungsstelle einen Sozialplan auf. Wegen der Einzelheiten des Sozialplans wird auf Blatt 7 bis 9 der Akte verwiesen. Der Sozialplan hat u.a. folgenden Wortlaut:
1. |
Geltungsbereich |
1.1 |
Der Sozialplan gilt für alle Mitarbeiter der C., die Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG sind und am 01.01.2006 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden haben. |
1.2 |
Die Mitarbeiter haben Anspruch auf Leistungen dieses Sozialplans, wenn sie von betriebsbedingten Beendigungs- und Änderungskündigungen betroffen sind, keinen Vorbehalt erklärt haben und zugleich spätestens zum 31.07.2007 bzw. zum Ablauf der individuellen Kündigungsfrist aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. |
1.3 |
Anspruch auf Leistung nach diesem Sozialplan haben ebenfalls Mitarbeiter, die veranlasst durch die von der Arbeitgeberin angekündigten Gehaltskürzungsmaßnahmen das Unternehmen aufgrund von Eigenkündigungen bzw. Aufhebungsvereinbarungen seit dem 01.01.2006 bis zum Ausspruch der Änderungskündigungen verlassen haben bzw. während der Laufzeit des Sozialplans verlassen werden. |
…”
Der Kläger ist im Mai 2007 ein neues Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab 01.07.2007 als Leiter des Tiefbauamtes der Stadt B. eingegangen. Er erhält dort eine Vergütung nach Entgeltgruppe E 12 Stufe 6 TVöD/ VKA. Das inzwischen unbefristete Arbeitsverhältnis war zunächst für ein Jahr befristet.
Im Mai 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er eine neue Anstellung ab dem 01.07.2007 gefunden habe. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 16.05.2007 (Bl. 45 d. A.) wie folgt:
„…im Hinblick auf Ihren Wunsch, das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2007 zu beenden und ab dem 01.07.2007 die Stelle des Leiters des Tiefbauamtes B. anzutreten, darf ich Sie darauf hinweisen, das Sie die Änderungskündigung zwar nicht unter Vorbehalt angenommen haben, jedoch erstinstanzlich gewonnen haben; damit besteht Ihr Arbeitsverhältnis bei der C. fort.
Es bleibt Ihnen unbenommen, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung Ihrer Kündigungsfrist selbst zu kündigen. Dass Sie ab 01.07.2007 eine neue Stelle haben, berechtigt Sie nicht zu einer außerordentlichen Kündigung. Falls Sie vorzeitig Ihre Tätigkeit einstellen und uns hierdurch ein Schaden entstehen sollte, muss ich mir leider Schadensersatzansprüche vorbehalten. …”
Mit Schreiben vom 23.05.2007 (Bl. 46-47 d. A.) bat der Kläger die Beklagte zu erklären, ob sie aus der Kündigung vom 19.12.2006 überhaupt noch Rechtsfolgen herleite und ob beabsichtigt sei, Rechtsmittel gegen das Urteil vom 25.04.2007 einzulegen. Außerdem bot er seine Arbeitskraft auch über den 30.06.2007 hinaus an. Eine Reaktion der Beklagten auf dieses Schreiben erfolgte nicht. Der Kläger trat am 01.07.2007 seinen Dienst bei seinem neuen Arbeitgeber an.
Mit Schreiben vom 16.08.2007 (Bl. 49 d. A.) verweigerte der Kläger – innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Urteils im Kündigungsrechtsstreit – die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten und verlangte die Zahlung der Sozialplanabfindung.
Von einer wiederholenden Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird ge...