Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung eines Arbeitgebers zur Übernahme des Dienstfahrzeugs nebst Rest-Darlehensverpflichtung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
Eine "Vertragsergänzung" überschriebene Klausel in einem Dienstwagen-Überlassungsvertrag, die den Arbeitnehmer verpflichtet, bei seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis das Dienstfahrzeug und die Finanzierung bei einer Bank zu übernehmen, benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Dies folgt daraus, dass die Klausel nicht danach differenziert, wer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vertreten hat. Außerdem wird die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers verkürzt, weil sie die Ausübung des Kündigungsrechts unzulässig erschwert.
Normenkette
BGB §§ 275, 307 Abs. 1 S. 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2, § 415; GG Art. 12 Abs. 1; ZPO § 533; BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 04.09.2017; Aktenzeichen 1 Ca 1036/15) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 4. September 2017, Az. 1 Ca 1036/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob der Kläger nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Dienstfahrzeug nebst Darlehensschuld übernehmen muss.
Der 1986 geborene Kläger war bei der vormaligen Beklagten, der Weinhof K. GmbH, seit dem 07.07.2014 als Außendienstmitarbeiter für die Akquise von Neu- und Bestandskunden beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine ordentliche Kündigung des Klägers vom 30.04. zum 31.05.2015. Der Kläger hat sich mit einem Getränkegroßhandel selbständig gemacht und betreibt Wettbewerb. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 27.06.2014 vereinbarte der Kläger mit der vormaligen Beklagten eine monatliche Bruttovergütung von € 2.500,00 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wurde nicht vereinbart. Für die Dienstfahrten zu den Kunden benutzte der Kläger zunächst sein privates Fahrzeug; ihm wurden 30 Cent pro Kilometer erstattet. Nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit stellte die vormalige Beklagte dem Kläger im Januar 2015 ein Dienstfahrzeug der Marke Ford Focus - auch zur privaten Nutzung - zur Verfügung. Der geldwerte Vorteil der Privatnutzung wurde iHv. € 229,00 monatlich versteuert. Am 15.01.2015 wurde als Anlage zum Arbeitsvertrag ein Dienstwagenüberlassungsvertrag (Bl. 137 ff d.A.) geschlossen, der ua. folgende Regelungen enthält:
"§ 1 Überlassung eines Dienstfahrzeugs
(1) Der Arbeitgeber überlässt dem Arbeitnehmer ein Kraftfahrzeug Marke Ford Focus 5W Ambiente, polizeiliches Kennzeichen [...], zur Benutzung.
(2) ...
§ 2 Umfang zulässiger privater Nutzung/anteilige Kostentragung
(1) Das Kraftfahrzeug darf ausschließlich von dem Arbeitnehmer gefahren werden.
(2) Der Arbeitnehmer ist berechtigt, das Kraftfahrzeug auch zu Privatfahrten zu benutzen. ..."
In einer gesondert aufgenommenen und von beiden Vertragsparteien gesondert unterschriebenen "Vertragsergänzung" heißt es:
"Bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, übernimmt [der Kläger] die Finanzierung bei der Ford Bank, 50413 Köln, mit derzeit 380 € monatlich und das Auto.
[Der Kläger] verpflichtet sich, das Fahrzeug auf sich umzumelden und selbst zu versichern.
Die Übergabe des Fahrzeuges wird erst nach Eintritt [des Klägers] in den Finanzierungsvertrag erfolgen."
Ausweislich der Fahrzeugrechnung vom 02.01.2015 kaufte die vormalige Beklagte den Neuwagen bei einem Ford-Autohändler zu einem Kaufpreis von € 18.234,91 (einschl. MwSt). Das Fahrzeug wurde ihr am 02.01.2015 übergeben. Die Ford-Bank gewährte der Arbeitgeberin ein Darlehen zur Finanzierung des Fahrzeugs. Laut Zahlungsplan (Bl. 79 d.A.) war die erste Rate über € 380,07 am 28.02.2015 fällig, danach waren 46 weitere Raten über € 379,89 ab dem jeweiligem Folgemonat zu zahlen. Die letzte Rate über € 379,89 wird am 30.01.2019 fällig. Der Kläger gab das Fahrzeug nach Ausspruch seiner Eigenkündigung am 11.05.2015 mit einer Laufleistung von 11.125 km an die Arbeitgeberin zurück. Er weigerte sich, das Fahrzeug und die Finanzierung zu übernehmen. Die vormalige Beklagte rechnete das Gehalt des Klägers für den Monat Mai 2015 zwar ab, zahlte es aber nicht aus, weil sie die Aufrechnung mit Gegenforderungen wegen Nichtübernahme des Dienstfahrzeugs erklärte.
Mit seiner am 23.06.2015 vor dem Arbeitsgericht Mainz erhobenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung der Vergütung für den Monat Mai 2015 iHv. € 2.729 brutto nebst Zinsen. Mit Schriftsatz vom 06.10.2015 erhob die vormalige Beklagte eine Widerklage und verlangte, dass der Kläger den Darlehensvertrag übernimmt, die monatlichen Darlehensraten tilgt, das Fahrzeug auf sich ummeldet sowie die Kraftfahrzeugsteuer und die Kfz-Versicherung übernimmt. Mit Schriftsatz vom 10.12.2015 teilte die vormalige Beklagte mit, dass das Ford-Autohaus am 08.12.2015 angeboten habe, das ...