Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungsersatz bei Einsatz des privaten Personenkraftwagens für den Arbeitgeber. Kein dienstlicher Einsatz des privaten Personenkraftwagens bei Parken auf dem Firmengelände. Grundsatz des innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 2 StVG
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein Fahrzeug des Arbeitnehmers mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt, so muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die ohne Verschulden des Arbeitgebers am Fahrzeug entstehenden Schäden in entsprechender Anwendung des § 670 BGB ersetzen. Grund für einen Erstattungsanspruch entsprechend § 670 BGB ist, dass der Arbeitgeber das Schadensrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, wenn er sich dessen eingebrachter Sachen als Arbeitsmittel bedient.
2. Nutzt der Arbeitnehmer sein Privatfahrzeug lediglich für die Fahrten zur Arbeit und nach Hause und stellt er es während seiner Arbeitszeit auf dem von der Beklagten angemieteten Parkplatz ab, handelt es sich nicht um die Erfüllung einer Arbeitspflicht. Mit einer Beschädigung des während der Arbeitszeit abgestellten Privatfahrzeugs realisiert sich lediglich das allgemeine Lebensrisiko des Arbeitnehmers.
3. Der Grundsatz über den innerbetrieblichen Schadensausgleich bedeutet, dass der Arbeitgeber bei geringer Schuld (leichtester Fahrlässigkeit) des Arbeitnehmers grundsätzlich vollen Ersatz leisten muss, bei normaler Schuld des Arbeitnehmers (mittlere Fahrlässigkeit) der Schaden anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls verteilt werden muss und bei grob fahrlässiger Schadensverursachung der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ganz ausgeschlossen ist.
4. War der Arbeitnehmer als Führer eines Busses zum Zeitpunkt des Schadenseintritts unzweifelhaft bei dessen Betrieb im Sinn des § 8 Nr. 2 StVG tätig, umfasst der Haftungsausschluss nicht nur Personenschäden, sondern auch den vom Arbeitnehmer geltend gemachten Schaden aufgrund der Beschädigung seines eigenen Pkw.
Normenkette
BGB § 254 Abs. 1, § 276 Abs. 1 S. 1, §§ 670, 780-781; StVG § 7 Abs. 1, § 8 Nr. 2; VVG § 115; PflVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 05.05.2022; Aktenzeichen 9 Ca 2829/21) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.05.2022 Az.: 9 Ca 2829/21 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ersatzansprüche des Klägers wegen der Beschädigung seines Pkw.
Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis, aufgrund dessen der 1952 geborene Kläger für die Beklagte als Busfahrer tätig ist. Die monatliche Bruttovergütung beträgt ca. 2.600,00 €. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht nicht.
Am Unfalltag, dem 17.06.2021, endete die Arbeitszeit des Klägers gegen 17.00 Uhr in S.. Dort wurde er kurz nach 17.00 Uhr von einem Arbeitskollegen, H., abgelöst, der die Tour (dann allerdings mit einem Kleinbus) fortsetzte. Der Kläger fuhr den großen Bus mit dem amtlichen Kennzeichen ABC 123 dann zu einem von der Beklagten zum Abstellen ihrer Busse, aber auch der Privatfahrzeuge der Mitarbeiter, die dort die Busse übernehmen, angemieteten Parkplatz in M.
Gegen 18.00 Uhr rangierte der Kläger den Bus auf diesem Parkplatz. Hierbei streifte er das ihm - dem Kläger - gehörende Fahrzeug Opel Meriva mit dem amtlichen Kennzeichen XY, das mit Zustimmung der Beklagten auf dem Betriebsgelände geparkt war. Es kam zum Kontakt zwischen der Begrenzungsleuchte des Busses und dem Pkw des Klägers. Den Schaden an seinem privaten Pkw meldete er über die Beklagte deren Kfz-Haftpflichtversicherung (Bl. 5 d. A.).
Mit Schreiben vom 07.07.2021 (Bl. 6 f. d. A.) meldete sich die Kfz-Haftpflichtversicherung der Beklagten wie folgt bei dem Kläger:
"ein Schadenfall ist für jeden unangenehm. Gerne unterstützen wir Sie in dieser Situation.
Im gesetzlichen Rahmen übernehmen wird die finanziellen Unfall-Folgen, wenn diese das bei uns versicherte Fahrzeug verursacht hat.
Unser Angebot: Wir kümmern uns um die gesamte Schadenabwicklung.
Bitte rufen Sie dazu unser Kundencenter an, Telefon [...]
Ihre Angaben sind sehr wichtig. Bevor Sie den Fragebogen ausfüllen und zurückschicken, lesen Sie bitte unsere Hinweise:
- Ein Gutachten ist nur bei ganz erheblichen Beschädigungen erforderlich.
[...]."
Am Fahrzeug des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen XY entstand aufgrund des Unfalls ausweislich des Haftpflicht-Gutachtens des Ingenieurbüros B. vom 16.07.2021 (Bl. 8 ff. d. A.) ein Schaden in Höhe von 1.800,00 netto (Wiederbeschaffungswert 2.100,00 € abzgl. Restwert 280,00 €).
Mit Schreiben vom 15.07.2021 (Bl. 24 d. A.) teilte die Haftpflichtversicherung der Beklagten mit, dass sie die Ansprüche im Rahmen der Haftpflichtversicherung nicht reguliere, weil der Kläger zugleich Fahrer des unfallverursachenden und Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs sei.
Der Kläger machte mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 12.08.2021 (Bl. 25 f. d. A.) gegenüber der Haftpflichtver...