Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründete Kündigungsschutzklage eines zur freien Mitarbeit eingestellten Betriebsarztes bei unsubstantiierten Darlegungen zur Weisungsabhängigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem ASiG kann ein Betriebsarzt sowohl als Arbeitnehmer, als auch als freier Mitarbeiter beschäftigt werden.
2. Allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber einem Betriebsarzt gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 ASiG Räume und Personal zur Verfügung stellt und der Betriebsarzt zu zuvor vereinbarten Sprechstunden Arbeitnehmer untersucht, arbeitsmedizinisch beurteilt und berät, ist nicht geeignet, die Arbeitnehmereigenschaft eines Betriebsarztes zu begründen.
3. Der Kläger, der den Bestand eines Arbeitsverhältnisses geltend macht, ist darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass ein einem Arbeitsverhältnis entsprechendes Weisungsrecht vorliegt, weil er vom Arbeitgeber in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung zu Tätigkeiten herangezogen wird.
Normenkette
ASiG § 2 Abs. 2 S. 2; AsiG § 3 Abs. 2; BGB §§ 611, 611 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 1 S. 1; ZPO § 138 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 10.04.2013; Aktenzeichen 11 Ca 2610/12) |
Tenor
Tatbestand
Der Kläger begehrt Kündigungsschutz mit der Begründung, er sei Arbeitnehmer der Beklagten gewesen.
Der Kläger wurde bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen seit dem 01. September 1979 auf Basis eines Vertrages vom 14. März 1979 (Bl. 8 ff. d.A.) als Betriebsarzt tätig.
Im Vertrag vom 14. März 1979 heißt es unter anderem:
"§ 1 Tätigkeit
Herr Dr. med.h. M. A. übernimmt ab 1. September 1979 als freier Mitarbeiter der Firma die Aufgabe eines Betriebsarztes nach dem Arbeitssicherheitsgesetz. Sein Zuständigkeitsbereich bezieht sich auf das Werk K der Firma. Der Betriebsarzt ist dem für dieses Werk verantwortlichen Personaldirektor zugeordnet.
Der Betriebsarzt übernimmt verantwortlich die arbeitsmedizinische Betreuung der Betriebsangehörigen. In der Ausübung seiner arbeitsmedizinischen Tätigkeit ist er weisungsfrei und nur dem Gesetz unterworfen.
Die Firma stellt dem Betriebsarzt nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Arbeitssicherheitsgesetz das erforderliche Personal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung. Der Betriebsarzt ist gegenüber dem ihm zur Verfügung gestellten Personal weisungsbefugt.
Die Firma informiert den Betriebsarzt über alle für seine Tätigkeit im Werk bedeutsamen Umstände.
§ 2 Aufgabengebiet
Dem Betriebsarzt werden die in § 3 Arbeitssicherheitsgesetz aufgeführten Aufgaben übertragen.
...
§ 3 Dienstzeit
Der Betriebsarzt verpflichtet sich, regelmäßig an zwei Tagen in der Woche, insgesamt sechs Stunden tätig zu sein. Die Festlegung der Stunden erfolgt in Abstimmung mit dem Personaldirektor.
Im Falle einer länger dauernden Verhinderung (Urlaub, Krankheit oder ähnliches) bemüht sich der Betriebsarzt gemeinsam mit der Firmenleitung (Werksleitung) um eine geeignete Vertretung.
Der Betriebsarzt hat der Firma eine voraussehbare Verhinderung rechtzeitig mitzuteilen.
§ 4 Vergütung
Für seine Tätigkeit in der Firma erhält der Betriebsarzt ein am Monatsende zu zahlendes Honorar, mit dem sämtliche Kosten des Betriebsarztes abgedeckt sind.
Das Honorar beträgt für jede angefangene und geleistete Stunde DM 70,--, dh. regelmäßig DM 1.820,-- je Monat. Erforderliche Vertretungen vermindern den Monatsbetrag.
..."
Zuletzt erhielt der Kläger für eine Tätigkeit im Umfang von zehn Stunden pro Woche monatlich 4.480,00 EUR nebst Mehrwertsteuer. Der Kläger übte bzw. übt die Funktion eines Betriebsarztes auch für (jedenfalls) vier weitere in Koblenz ansässige Großunternehmen aus. Hierbei ist zwischen den Parteien streitig, ab wann der Kläger für welche bzw. wie viele weitere Unternehmen neben der Beklagten tätig war.
Der Kläger verrichtete seine Tätigkeit als Betriebsarzt in von der Beklagten zur Verfügung gestellten Räumen. Die verwaltungsmäßigen Aufgaben des betriebsärztlichen Dienstes und die Sanitätsstelle wurden üblicherweise vom Betriebssanitäter H erledigt. Zwischen den Parteien besteht Uneinigkeit über das Vorgehen bei Urlaub des Klägers. Dieser beteiligte sich während des Zeitraums seiner Beschäftigung jedenfalls nicht an den am Jahresanfang in den Abteilungen der Beklagten stattfindenden Jahresurlaubsplanungen. Der Kläger, der die Auffassung vertritt, er habe sich Urlaub wie ein Arbeitnehmer genehmigen lassen müssen, hat zwei mit "Meldung über Abwesenheit" überschriebene, nicht vollständig ausgefüllte Formblätter aus den Jahren 2000 und 2001 vorgelegt (vgl. Bl. 14 d. A). Diese sind jeweils im Feld "beantragt", mit "i. A." vom Betriebssanitäter H unterzeichnet und im Feld "genehmigt" abgezeichnet. Die vorgesehene Abwesenheitszeit ist einmal in der Zeile "Tarifurlaub" datumsmäßig konkretisiert, im anderen Formular findet sich die vorgesehene ...