Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Insolvenzfeststellungsklage. Zivilrechtliche Prüfung von Mobbingvorwürfen. Zivilprozessuale Bewertung der Herbeiziehung und Verwertung eines Gutachtens aus einem anderen Verfahren. Kausalität zwischen Vertragsverletzung und Schadenseintritt als Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs. Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Insolvenzfeststellungsklage ist zulässig, wenn die Klageforderung im Insolvenzverfahren angemeldet, geprüft und bestritten wurde.
2. "Mobbing" kann sowohl in der Verletzung eines absoluten Rechts des Arbeitnehmers, in der Verletzung eines Schutzgesetzes, liegen oder als sittenwidrige Schädigung erkennbar sein, aber auch in anderen Handlungen oder Verhaltensweisen der Arbeitskollegen liegen, deren Zielrichtung auf eine Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führt. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
3. Dem Gericht ist Ermessen dahingehend eingeräumt, ein schriftliches Sachverständigengutachten aus einem anderen Verfahren als Urkundsbeweis, nicht aber als Sachverständigenbeweis, beizuziehen. Die Verwertung dieses Gutachtens setzt einen Hinweis an die Parteien voraus, damit diese noch Gelegenheit zur Stellungnahme haben.
4. Ein Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht adäquat kausal für den eingetretenen Schaden gewesen ist (sog. Adäquanztheorie). Der Schaden darf deshalb nicht außerhalb des vorhersehbaren und beherrschbaren Geschehens und nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufs der Dinge liegen.
5. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein Rahmenrecht, dessen Reichweite nicht absolut feststeht. Es umfasst aber immer das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit sowie auf seinen Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere. Während wahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich hinzunehmen sind, können besondere Umstände des Einzelfalls den Persönlichkeitsbelangen aber den Vorrang einräumen.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, § 241 Abs. 2, §§ 278, 823, 831, 826; ZPO §§ 411, 411a; GG Art. 1, 2 Abs. 1; InsO § 179 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 05.02.2015; Aktenzeichen 5 Ca 904/11) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.02.2015, Az.: 5 Ca 904/11, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über die Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle.
Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 02.01.1992 bei der B.-Lagertechnik B. GmbH (im Folgenden: B. GmbH) beschäftigt, zuletzt als Systemadministrator in der IT-Abteilung. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt 4.084,35 EUR. Die B. GmbH ist ein im Bereich der Lagertechnik tätiges Unternehmen und beschäftigt ca. 700 Arbeitnehmer. Bei der B. GmbH wurde ein Betriebsrat gebildet.
Am 25.03.2010 wurde der Kläger zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten bei der B. GmbH gewählt. In dieser Funktion nutzte der Kläger den E-Mail Account der Schwerbehindertenvertretung und versandte unter dieser Adresse mehrere sogenannte "SBV-Infos" an die Belegschaft der B. GmbH.
In der IT-Abteilung der B. GmbH werden ca. 7 Mitarbeiter eingesetzt, sowie zumindest ein Auszubildender. Seit dem 01.04.2012 ist Herr D. K. Leiter der IT-Abteilung. Zuvor wurde diese Funktion durch den nunmehrigen kaufmännischen Leiter und Prokuristen der B. GmbH, Herrn R. S., besetzt.
Zusätzlich beauftragte die B. GmbH in der Vergangenheit mehrfach die U. GmbH mit der Durchführung einzelner IT-Aufgaben. Der Insolvenzschuldner war bis Juli 2012 bei der U. GmbH beschäftigt. Herr K. L. war im entscheidungserheblichen Zeitraum ebenfalls Mitarbeiter der U. GmbH.
Über das Vermögen des Insolvenzschuldners wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 01.04.2015 (AZ: 3 IN 22/15) das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der Kläger nahm die B. GmbH, Herrn S., die U. GmbH sowie Herrn L. und zunächst auch den Insolvenzschuldner auf Schadensersatz und Geldentschädigung wegen Mobbings in Anspruch. ). Das vorliegende Verfahren ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 24.05.2016 vom Verfahren Az. 1 Sa 190/15 abgetrennt worden. Die klageabweisenden Urteile gegen die übrigen vormaligen Beklagten sind rechtskräftig (Urteile vom 06.06.2016, Az. 1 Sa 189/15 und 1 Sa 190/15).
Der Kläger machte in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten ein auf die Abschaltung des sogenannten Blackberry-Loggings gerichtetes Beschlussverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz anhängig. Bei Aktivierung des Loggings werden neben anderen Informationen Einzelverbindungsnachweise sämtlicher Blackberry Nutzer protokolliert und gespeichert. Im Anhörungstermin vom 05.07.2011 legte der Kläger Ausdrucke entsprechender Logging-Dateien vor...